Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Georg Hochmuth
Sechs Millionen Dosen zusätzlich

Österreich stockt Impfstoffbestellung auf

Österreich stockt erneut die Bestellung der CoV-Impfstoffe auf. Wie Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) in der Pressekonferenz nach dem Ministerrat am Mittwoch bekanntgab, hat die Regierung beschlossen, zusätzlich sechs Millionen Dosen zu kaufen.

Die sechs Millionen stammen aus dem EU-Kontingent, das die Nationalstaaten zusätzlich abrufen können. Mit 4,7 Millionen Dosen werde der größte Teil vom US-Konzern Moderna kommen und Ende des zweiten Quartals zur Verfügung stehen, so Anschober.

Der Rest entfällt auf den französischen Konzern Valneva, dessen Impfstoff noch nicht zugelassen ist und der erst gegen Ende des Jahres lieferbar sein dürfte. Besonders interessant sei der Valneva-Impfstoff, der unter österreichischer Beteiligung entwickelt wird, weil er möglicherweise auch eine Zulassung für Kinder und Jugendliche bekommen könnte.

Sechs Millionen Dosen zusätzlich

Die Regierung hat im Ministerrat die Beschaffung von sechs Millionen Dosen an zusätzlichem Impfstoff beschlossen. Der größte Teil davon stamme vom US-Konzern Moderna, berichtete Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) im Pressefoyer nach der Regierungssitzung.

Überschüssige Impfstoffe „leicht weiterverkaufen“

Zurückgewiesen wurde von Anschober, dass man in Österreich zu stark vom nicht unumstrittenen Impfstoff von AstraZeneca abhängig sei. Die meisten Dosen habe man mittlerweile von Biontech und Pfizer mit 11,1 Millionen bestellt, dazu kämen nun gesamt fünf Millionen Dosen vom zweiten mRNA-Impfstoff von Moderna. Zu viel werde man jedenfalls nicht haben. Der Impfstoff könne auch leicht weiterverkauft werden, so der Minister.

Hauptanteil weiter von Biontech und Pfizer

Mit den nun zusätzlich bestellten Dosen, die 73 Mio. Euro kosten, wird das österreichische Impfstoffportfolio insgesamt auf eine Summe von 30,5 Millionen Impfstoffdosen wachsen. Im Detail sind das: 5,9 Mio. von AstraZeneca, 2,5 Mio. von Johnson & Johnson, 11,1 Mio. von Biontech und Pfizer, drei Mio. von CureVac, 4,7 Mio. von Moderna, 1,9 Mio. von Novavax und 1,2 Mio. von Valneva sowie 200.000 von Sanofi. Die Kosten dafür liegen bei 388,3 Millionen Euro. Geimpft wurden bisher 250.000 Menschen, 100.000 davon haben die zweite Dosis bekommen.

Impfstoffe außerhalb des EU-Kontingents – etwa der russische Impfstoff „Sputnik V“ – würden derzeit nicht in Erwägung gezogen. Jeder Impfstoffhersteller könne jedoch bei der EMA einen Antrag stellen. Die Behörde würde ausschließlich auf die Qualität achten und nicht auf die Herkunft – eine Zulassung könne „sehr schnell gehen“.

Von der Leyen: EU-Zulassung soll schneller werden

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte am Mittwoch in einer Rede im Europaparlament an, dass die Zulassungsverfahren künftig beschleunigt werden sollen. Zum einen solle die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) schneller die Daten klinischer Impfstofftests bekommen, sagte die konservative Politikerin. Dazu werde ein europäisches Netzwerk gegründet. Zum anderen arbeite die Gesundheitskommissarin an einem Rechtsrahmen, um die Impfstoffe so rasch wie möglich zu untersuchen.

Von der Leyen wird teilweise heftig kritisiert, weil die EU-Kommission für die Bestellung des CoV-Impfstoffs zuständig ist und vorerst nur wenig davon zur Verfügung steht. Von der Leyen räumte zwar erneut Versäumnisse ein. „Wir waren spät dran bei der Zulassung“, sagte sie. „Wir waren zu optimistisch bei der Massenproduktion. Und vielleicht waren wir uns zu sicher, dass das Bestellte auch tatsächlich pünktlich geliefert wird.“

Ampulle mit Moderna-Impfstoff
APA/AFP/Kenzo Tribouillard
Der US-Impfstoff von Moderna wird im Impfplan Österreichs eine größere Rolle einnehmen als bisher

Gleichwohl bekräftigte sie, dass die gemeinsame Beschaffung und die gründliche Überprüfung vor der Zulassung durch die EMA richtig seien. Hätten sich nur einige große Mitgliedsstaaten die Vakzine alleine gesichert, und der Rest wäre leer ausgegangen, wäre dies „das Ende unserer Gemeinschaft“ gewesen.

EU-Abgeordnete sollen Lieferverträge prüfen können

Nach Kritik aus dem Europaparlament machte von der Leyen zwei weitere Zusagen: Sie wolle alles tun, damit die Abgeordneten die Lieferverträge prüfen könnten, und sie wolle eine Kontaktgruppe mit dem Parlament für besseren Informationsaustausch einrichten.

Die ÖVP-Delegationsleiterin im Europaparlament, Angelika Winzig, forderte unterdessen eine verbesserte und effizientere Verteilung und Lieferung der Impfstoffe. „Dahingehend schlägt die Europäische Volkspartei unter anderem einen Zehn-Milliarden-Euro-Investitionsplan für die Förderung der Impfstoffherstellung innerhalb der EU vor“, teilte Winzig in einer Aussendung mit. Alexander Bernhuber, ebenfalls EU-ÖVP-Mandatar, bezeichnete unterdessen die Produktionsprobleme der Hersteller und die Lieferverzögerungen in Europa als „inakzeptabel“.

Andreas Schieder, SPÖ-EU-Delegationsleiter, und der SPÖ-EU-Abgeordnete Günther Sidl kritisierten in einer Aussendung „die mangelhafte Transparenz bei den Verhandlungen“ und forderten die Offenlegung der Verträge. Gerade jetzt müsste die EU-Kommissionspräsidentin „Probleme ansprechen und Perspektiven aufzeigen, das hat sie lange verabsäumt“. Auch bemängelten sie den Impfstart hierzulande: „Bei aller berechtigten Kritik versuchen manche Mitgliedsstaaten – auch Österreich – wieder einmal die EU zum Sündenbock für das eigene Versagen zu machen.“

NEOS kritisiert Trägheit der EU

NEOS-EU-Abgeordnete Claudia Gamon bezeichnete einen gemeinsamen Impfstoffbestellvorgang als grundsätzlich „richtig und wichtig“. Die Trägheit der Strukturen und unklare Aufgabenverteilung hätten aber zu einigen Fehlern in der Abwicklung geführt, vor denen man die Augen nicht verschließen dürfe.

Man müsse sofort aus diesen Fehlern lernen: „Das europäische Impfprogramm muss der Kraftakt unserer Generation werden – bis alle, die eine Impfung brauchen, auch eine haben. Wir müssen bei der Zulassung neuer Impfstoffe sicher bleiben, aber schneller werden. Die EMA muss an Bürokratie einsparen, aber nicht an Wissenschaft.“