Für SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner „versinken Teile dieser Regierung im Korruptionssumpf“. NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger ließ unterdessen via Aussendung wissen: „Das geht sich nicht mehr aus.“ „Ein Finanzminister, bei dem in der Causa Glücksspiel eine Hausdurchsuchung stattfindet, kann nicht mehr länger Finanzminister bleiben und muss die Konsequenzen ziehen“, so Meinl-Reisinger. „Der Finanzminister muss zurücktreten.“
Als „besorgniserregenden Entwicklung, die für Erschütterungen in der Republik“ sorge, beschrieb unterdessen FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer die Lage. Er rief Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen auf, Kurz zu einem „klärenden Gespräch“ zu bitten. Schon am Dienstag hatte die FPÖ den Rücktritt der gesamten türkis-grünen Regierung gefordert.
Kritik aus U-Ausschuss
Der SPÖ-Finanzsprecher und Fraktionsführer im „Ibiza“-U-Ausschuss, Kai Jan Krainer, sagte, dass man nicht gleichzeitig Beschuldigter und oberster Aufseher im Glücksspielbereich sein könne. Eine Hausdurchsuchung bei einem amtierenden Minister sei „etwas ganz Seltenes“, in jedem anderen „zivilisierten Land“ würde der Finanzminister seinen Hut nehmen, so Krainer.

„Es ist völlig klar: Finanzminister Blümel kann keinen Tag länger im Amt sein", ergänzte der stellvertretende SPÖ-Klubvorsitzende Jörg Leichtfried. Er appellierte zudem an Kanzler Kurz. „Kurz muss handeln und Blümel zum Rücktritt bringen oder dem Bundespräsidenten seine Entlassung vorschlagen“, so Leichtfried in einer Aussendung. Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch forderte in einer Aussendung den „sofortigen Rücktritt“ Blümels und rief Van der Bellen auf den Plan, „den türkisen Skandalreigen“ zu beenden.
FPÖ: „Das wird er nicht aushalten“
Auch FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker forderte im Rahmen des „Ibiza“-U-Ausschusses den Rücktritt Blümels: „Es gibt für mich keine Option, das wird er nicht aushalten.“ Die Entscheidung liege wohl nicht mehr bei Blümel, es sei wohl Sache von Kanzler Kurz. Hafenecker bezeichnete die Regierung als „krachend gescheitert“.
NEOS: „Das geht sich nicht mehr aus“
„Allein der fundierte Verdacht, Blümel habe von Novomatic ‚Hilfsansuchen‘ und Geld für die ÖVP entgegengenommen, reicht, dass er noch heute sein Amt zurücklegen muss“, so auch Stephanie Krisper, NEOS-Fraktionsführerin im „Ibiza“-U-Ausschuss. Sie spielte weiters auf den Untersuchungsausschuss und Blümels Auftritt Ende Juni 2020 an, bei dem er Erinnerungslücken offenbart und gesagt hatte, er besitze keinen Laptop. „In keinem zivilisierten Land der Welt kann man Beschuldigter im größten Korruptionsverfahren der Gegenwart und gleichzeitig Finanzminister sein“, so Krisper.

NEOS-Generalsekretär Nikola Donig ergänzte: „Was bei Ministerin (Christine, Anm.) Aschbacher gut und richtig war, muss bei Blümel erst recht gelten.“ Aschbacher (ÖVP) war aufgrund eines Plagiatsskandals als Arbeitsministerin Anfang des Jahres zurückgetreten. Es gehe nicht nur um das Ansehen der Politik und der Regierung, sondern vor allem auch um das Vertrauen der Bevölkerung in einen Minister, so Donig, „der die Verantwortung für Hunderte Milliarden an Steuergeld und Hilfszahlungen trägt“.
Kein Statement von Kogler
Der grüne Koalitionspartner schloss sich den Rücktrittforderungen vorerst nicht an. Vizekanzler Werner Kogler äußerte sich auch zur Hausdurchsuchung bei Blümel nicht. Er sagte: „Als Justizminister in Vertretung kann und will ich laufende Verfahren und Ermittlungsschritte nicht kommentieren.“ Die Staatsanwaltschaft müsse ohne jeden Anschein von politischer Einflussnahme auf Basis der Gesetze arbeiten können. Kogler vertritt derzeit die grüne Justizministerin Alma Zadic, die gerade in Mutterschutz ist.
„Minister Blümel muss unverzüglich alles dazu beitragen, um die Vorwürfe zu klären, und vollumfassend mit den ermittelnden Behörden kooperieren“, sagte die grüne Klubchefin Sigrid Maurer in einem Statement am Donnerstagnachmittag. Sie erinnerte aber daran, dass die Hausdurchsuchung „nach Bewilligung durch ein unabhängiges Gericht“ durchgeführt worden sei. „Offenbar gibt es einen begründeten Verdacht, der dies rechtfertigt. Jetzt ist die Staatsanwaltschaft am Zug“, so Maurer.
ÖVP: Vorwürfe laut Gerstl nicht nachvollziehbar
Wolfgang Gerstl, ÖVP-Fraktionsführer im „Ibiza“-U-Ausschuss, sprach von „nicht nachvollziehbaren Vorwürfen“. „Seitdem Kurz Kanzler ist, hat die ÖVP keine Spenden von Glücksspiel-, Waffen- und Tabakkonzernen angenommen“, so Gerstl – weder auf Bundes- noch auf Landesebene. Alle Spenden, die es gegeben habe, seien öffentlich einsehbar. Als die Causa ihren Anfang nahm, war Kurz noch Außenminister. Die Frage, ob vielleicht Geld an ÖVP-Vorfeldorganisationen bzw. an ÖVP-nahe Vereine geflossen sei, wollte Gerstl nicht kommentieren: „Ich kann dazu nichts sagen.“ Nur so viel: Er habe volles Vertrauen in die Justiz.