Finanzminister Gernot Blümel
APA/Hans Punz
Hausdurchsuchung

Blümel weist Vorwürfe zurück

Nach der Hausdurchsuchung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat dieser am Donnerstag alle Vorwürfe gegen ihn zurückgewiesen. Die „Unterstellungen“ seien „falsch und auch sehr einfach zu widerlegen“. Blümel wird als Beschuldigter in den Ermittlungen rund um die Casinos Austria und den Glücksspielkonzern Novomatic geführt. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Bestechlichkeit auf der einen Seite und wegen des Verdachts der Bestechung andererseits.

Blümel sagte in dem eilig einberufenen Statement zu den Vorwürfen, dass ihn der damalige Novomatic-Chef Harald Neumann vor fast vier Jahren zu einem Gespräch über Spenden an die ÖVP gebeten habe. Allerdings habe die ÖVP unter ihm als Chef der Wiener Landespartei und unter Sebastian Kurz als Parteichef nie Spenden von Glücksspielunternehmen, Waffenproduzenten und Tabakkonzernen angenommen. Das lasse sich durch die öffentlich einsehbaren Spendenlisten der ÖVP beweisen, die auch vom Rechnungshof geprüft würden. Blümel war damals Wiener Stadtrat, Kurz Außenminister.

Eine konkrete Nachfrage nach Spenden an Vereine blieb unbeantwortet. Gefragt, ob es Spenden von Novomatic an Vereine gab, sagte Blümel: „Seitdem ich Landesparteiobmann der ÖVP Wien bin und seitdem Sebastian Kurz Bundesparteiobmann ist, hat es keine Spenden der Novomatic an die Landespartei Wien oder an die Bundespartei gegeben.“ Bei der nochmaligen Nachfrage nach Spenden an Vereine beendete Blümel die Pressekonferenz.

Statement von Finanzminister Blümel (ÖVP)

Pressestatement von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) zu aktuellen Vorwürfen.

Zuvor hatte der Finanzminister noch betont, die Ermittlungen seien eine „unangenehme Situation“, die er sehr ernst nehme, aber auch leicht aufzuklären. Rücktrittsaufforderungen werde er angesichts dessen „sicher nicht nachkommen“. Auch eine temporäre Vertretung stehe nicht zur Debatte.

Blümel und zwei weitere Beschuldigte

Die WKStA führte am Donnerstag in dem Fall mehrere Hausdurchsuchungen durch. „Den Ermittlungen liegt der Verdacht zugrunde, dass ein Verantwortlicher eines Glücksspielunternehmens Spenden an eine politische Partei im Gegenzug für die Unterstützung von Amtsträgern der Republik Österreich bei einer dem Unternehmen drohenden Steuernachforderung im Ausland angeboten habe“, erklärte die WKStA. „Im Zuge dieser Ermittlungen fanden heute Hausdurchsuchungen an mehreren Standorten in Privat- und Unternehmensräumlichkeiten statt“, so die WKStA am Donnerstag weiter und sie hielt fest: „Die Hausdurchsuchungen wurden gerichtlich bewilligt und vorab der Oberstaatsanwaltschaft Wien berichtet.“

Hausdurchsuchung bei Finanzminister Blümel

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat am Donnerstag bei Finanzminister Gernot Blümel sowie zwei weiteren nicht genannten Personen Hausdurchsuchungen durchgeführt.

Blümel sprach danach von einem „guten Gespräch“ mit dem Staatsanwalt. Die „freiwillige Nachschau“ bei Blümel zu Hause wurde im Anschluss an die Einvernahme durchgeführt. Dabei wurden Unterlagen und elektronische Geräte sichergestellt. Die Razzia muss bereits länger geplant gewesen sein, für eine Hausdurchsuchung braucht es nämlich eine richterliche Anordnung. Wie „Der Standard“ (Donnerstag-Ausgabe) berichtete, soll die WKStA deshalb auch nicht glücklich gewesen sein, dass Blümels Beschuldigtenstatus im Casinos-Akt vor zwei Tagen medial bekanntwurde.

Der Anwalt Nobert Wess teilte unterdessen mit, dass sein Mandat, der Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann, festhalte, „dass es weder von ihm persönlich noch von Seiten der Novomatic AG Spenden an politische Parteien, sohin auch nicht an die ÖVP, gegeben hat. Eine etwaige Spende wurde von meinem Mandanten – insbesondere in Zusammenhang mit einer allfälligen Thematik mit Italien – zu keiner Zeit versprochen, angeboten oder auch nur in Aussicht gestellt. Mag. Neumann weist sämtliche Vorwürfe entschieden zurück und ist davon überzeugt, dass es rasch zu einer Aufklärung dieser falschen Rückschlüsse kommt.“

Verdacht der illegalen Spende

Nach Recherchen des ORF und des Nachrichtenmagazins „profil“ hegte die WKStA den Verdacht, der damalige Novomatic-Chef Harald Neumann habe Blümel bzw. der ÖVP 2017 eine Spende angeboten – im Abtausch dafür sollte Blümel dem Glücksspielkonzern bei der Lösung von Problemen in Italien zur Hand gehen.

Ihren Ausgang nahm die Hausdurchsuchung mit einer SMS aus dem Juli 2017, in der Neumann bei Blümel um einen Termin im Außenministerium ersuchte – und zwar beim damaligen Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP). Damals war Blümel Stadtrat in Wien. Am 12. Juli 2017 schrieb Neumann an Blümel: „Bräuchte kurzen Termin bei Kurz. 1) wegen Spende 2) wegen des Problems, das wir in Italien haben.“ Neumann trat im Februar 2020 als Novomatic-Vorstand zurück und gab familiäre Gründe als Auslöser dafür an.

Steuernachzahlung in Italien

Tatsächlich hatte die Novomatic im ersten Halbjahr 2017 ein Problem mit den italienischen Finanzbehörden. Wie dem Halbjahresfinanzbericht der Novomatic zu entnehmen ist, hatte die italienische Tochter Novomatic Italia S.p.a. am 5. April 2017 Besuch von der italienischen Steuerpolizei. Diese monierte, dass die Italien-Tochter Lizenzgebühren an die Novomatic Gaming Industries GmbH bezahlt und damit ihre Steuergrundlage in Italien minimiert habe.

Ein rechtskräftiger Steuerbescheid lag bei der Erstellung des Halbjahresfinanzberichts noch nicht vor. In der Folge musste Novomatic aber etwas mehr als 20 Millionen Euro Steuern in Italien nachzahlen. Neumann ist derzeit im Ausland. „Bei der Spende handelte es sich nach Erinnerung meines Mandanten um eine karitative Sache, völlig losgelöst von dem Italien-Thema“, erklärte Neumanns Anwalt Wess zur SMS von Neumann an Blümel.

„Projekt Ballhausplatz“

Laut „Standard“ stellten die Ermittler die Kommunikation zwischen Blümel und Neumann in ihrer Durchsuchungsanordnung in einen Zusammenhang mit der damaligen Neuaufstellung der ÖVP. Kurz hatte die Partei im Mai 2017 übernommen, die Machtübernahme war zuvor von seinem Umfeld geplant worden. Dazu existieren Dokumente, die unter dem Namen „Operation Ballhausplatz“ bekannt sind. Laut der Ermittlungsanordnung kam es „im Zuge des Projekts ÖVP neu“ im Frühjahr 2017 zu einem Treffen zwischen Kurz, Neumann und dem damaligen Novomatic-Sprecher.

Dieser schrieb danach in Chats an Neumann, dass Kurz die „Finanzierung der Bundespartei“ offenbar „vergessen“ habe, dort sei es „ziemlich trist“. Zwei Wochen später soll sich Neumann dann intern dafür eingesetzt haben, dass offene Parteispenden zulässig seien. Im Juli 2017 schrieb der Novomatic-Sprecher seinem Chef, dass der ÖVP-Spender Stefan Pierer die Summe aller Kleinspenden an die Partei „verdoppeln“ wolle. „Wir haben noch etwas Besseres vor :))“, soll Neumann geantwortet haben.

Bereits gegen Mittag hatte Blümel dementiert: „Spenden von Glücksspielunternehmen hätten und haben wir nie angenommen, schon gar nicht, wenn noch zusätzlich eine Gegenleistung im Raum stünde.“ „Anliegen von österreichischen Unternehmen im Ausland werden täglich an die Politik herangetragen und sind selbstverständlich, wenn es im Sinne des Einsatzes für österreichische Arbeitsplätze geht.“ Die Spendenlisten der ÖVP-Bundespartei und der ÖVP Wien seien „öffentlich und für jeden einsehbar“, versicherte Blümel. „Es wurden keine Spenden von Novomatic angenommen.“

Opposition fordert Blümels Rücktritt

Die Opposition forderte angesichts der Ermittlungen gegen Blümel rasche Konsequenzen. Bereits am Dienstag hatte sie Blümel rücktrittsreif gesehen, nun erneuerte sie diese Forderung. SPÖ-Chefin Rendi-Wagner sah einen „Korruptionssumpf", NEOS-Chefin Beate Meinl-Resinger betonte, Blümel müsse nach der Hausdurchsuchung Konsequenzen ziehen und zurücktreten. FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer ortete eine „besorgniserregenden Entwicklung“. Er forderte gar den Rücktritt der gesamten Bundesregierung. Der grüne Koalitionspartner blieb vorerst zurückhaltend und verwies auf die Ermittlungen.

Opposition fordert Blümel-Rücktritt

Die Opposition fordert geschlossen den Rücktritt von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Angesichts der schweren Vorwürfe könne Blümel keinen Tag länger Finanzminister bleiben, heißt es von der SPÖ. Das geht sich nicht mehr aus, meint NEOS. Keine andere Option außer Rücktritt sehen auch die Freiheitlichen.

Ermittlungen gegen mehrere Politiker und Vorstände

Kern der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind die Bestellung des Ex-FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo zum Casinos-Finanzvorstand und mögliche Absprachen im Hintergrund. Es besteht der Verdacht, Novomatic habe sich für die Bestellung von Sidlo zum Casinos-Finanzchef nur deshalb eingesetzt, weil im Gegenzug die FPÖ ein Entgegenkommen bei der Vergabe von Lizenzen versprochen habe. Novomatic war damals einer der drei bestimmenden Aktionäre der Casinos Austria AG, verkaufte seinen Anteil unterdessen an den nunmehrigen tschechischen Mehrheitseigentümer Sazka Group. Die Staatsholding ÖBAG hält 33,24 Prozent an dem Glücksspielkonzern.

Blümel war zu dieser Zeit der ÖVP-FPÖ-Koalition Kanzleramtsminister von Kurz. Ermittelt wird unter anderen auch gegen Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), ÖBAG-Chef Thomas Schmid und Ex-Novomatic-Chef Neumann. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.