Blümel hatte in einer kurzen Pressekonferenz am Donnerstagabend zwar direkte Parteispenden des Glücksspielkonzerns Novomatic an die Bundes-ÖVP und an die von ihm geführte Wiener Landespartei dementiert. Der Frage nach etwaigen indirekten Zuwendungen über parteinahe Vereine wich der Finanzminister allerdings aus und beendete die Pressekonferenz. Darauf schießen sich nun auch die Grünen ein. „Er hat die Frage, ob es Spenden an ÖVP-nahe Vereine gab, nicht beantwortet und lediglich Spenden an die Bundes-ÖVP oder Wiener Landesorganisation ausgeschlossen“, so Maurer.
Sie forderte Blümel auf, „unverzüglich alle Fakten auf den Tisch zu legen“ und die „berechtigten Fragen der Öffentlichkeit“ zu beantworten. Ob Blümel angesichts der Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Amt bleiben kann, wollten die Grünen vorerst nicht sagen.
Rücktritt und Aufklärung von Blümel gefordert
Während die Grünen Aufklärung von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) verlangen, fordert die Opposition eine Sondersitzung des Nationalrats und den Rücktritt des Regierungsmitglieds.
„Erst wenn die geforderten Antworten vorliegen, können wir beurteilen, ob Bundesminister Blümel die in den kommenden Monaten besonders geforderte volle Aufmerksamkeit und Handlungsfähigkeit zur Amtsausübung aufweist“, so Maurer in ihrer Stellungnahme. Rücktrittsaufforderungen seien verfrüht, so Maurer im Ö1-Mittagsjournal. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) äußerte sich im Ö1-Mittagsjournal am Freitag inhaltlich nicht – er ist wegen der Babypause von Alma Zadic derzeit auch in Vertretung Justizminister.
Wöginger und Edtstadler stellen sich hinter Blümel
Die ÖVP verteidigte unterdessen Blümel und will von Rücktritt nichts wissen. Klubobmann August Wöginger sprach von einer künstlich hochgetriebenen Erregung der Oppositionsparteien. Für Blümel müsse derselbe Maßstab gelten wie für Kärntens SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser (Top-Team-Affäre), Ex-Bundeskanzler Werner Faymann und Ex-Minister Josef Ostermayer (beide SPÖ, beide Inseratenaffäre) und im Falle von FPÖ-Chef Norbert Hofer (Verdachtsmomente zur Bestellung eines ASFINAG-Aufsichtsrats). „Rücktrittsgedanken waren hier kein Thema, umso verwunderlicher ist die derzeitige Agitation gegen Gernot Blümel“, so Wöginger in einer Aussendung.
„Für die Opposition gelten die Prinzipien des Rechtsstaates offenbar nur für jene, die in ihren Augen die richtige Parteifarbe haben“, so der ÖVP-Klubchef weiter. Das sei verantwortungslos und ein „gefährliches mediales Spiel zur plumpen Inszenierung“, das den Rechtsstaat aushöhle, so Wöginger.
Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) betonte in einem schriftlichen Statement: „Ein Vorwurf ist kein Schuldnachweis.“ Edtstadler schreibt weiter, die Objektivität von Verfahren dürfe nicht durch mediale Vorverurteilung gefährdet und das Prinzip der Unschuldsvermutung damit zur leeren Floskel werden. Die Statistik zeige nämlich, dass der größte Teil der angezeigten Personen unschuldig sei: „Die WKStA hat seit ihrer Einrichtung im Jahr 2009 mittlerweile rund 40.000 Personen als Beschuldigte geführt. Nur ein Prozent davon war am Ende auch schuldig.“
Opposition beantragt Sondersitzung
Die Opposition arbeitet derweil zusammen und beantragte eine Sondersitzung des Nationalrats. SPÖ, FPÖ und NEOS verlangten, dass der Ressortchef „angesichts der schwerwiegenden Vorwürfe“ gegen ihn Rede und Antwort steht. Die Sondersitzung müsse nun so schnell wie möglich stattfinden, hieß es in einer gemeinsamen Aussendung am Freitag.
Das Pressestatement Blümels am Donnerstag nannten FPÖ-Klubchef Herbert Kickl und die Fraktionsvizevorsitzenden Jörg Leichtfried (SPÖ) und Nikolaus Scherak (NEOS) „skurril“. Der Finanzminister habe die Verdachtsmomente in keiner Weise entkräften können. Es sei ein einmaliger Vorgang, dass ein amtierender Finanzminister Beschuldigter der Justiz sei und bei ihm eine Razzia – die ja von einem Richter angeordnet werden müsse – durchgeführt werde, so Leichtfried.
Kickl: Mit Amt nicht vereinbar
Kickl erinnerte daran, dass Blümel als oberster Behördenleiter die Verantwortung von der Steuereintreibung über die Bankenaufsicht bis hin zur Glücksspielmonopolverwaltung trage. Sein Beschuldigtenstatus in einem diesen Bereich betreffenden Korruptionsverfahren sei mit dem Amt des Finanzministers nicht vereinbar. „Blümel ist politisch handlungsunfähig“, so der FPÖ-Klubobmann. Der freiheitliche Parteichef Norbert Hofer forderte Bundespräsident Alexander Van der Bellen in einer eigenen Aussendung auf, die Regierung abzuberufen, eine Expertenregierung einzusetzen und Neuwahlen auszurufen.
Dass zumindest der Finanzminister handlungsunfähig ist, sieht auch Scherak so. Es gehe um das Vertrauen der Bevölkerung in einen Minister, der die Verantwortung für Hunderte Milliarden an Steuergeld und Hilfszahlungen trage: Auch nur der Anschein eines Verdachts sei „weit über die Grenzen Österreichs hinaus fatal“. Wann die Sondersitzung stattfindet, entscheidet die Präsidiale. Sie muss spätestens übernächste Woche in Szene gehen, wo allerdings ohnehin eine reguläre Plenarwoche angesetzt ist.
Mayer-Bohusch analysiert die Causa Blümel
ORF-Reporter Andreas Mayer-Bohusch spricht über die Vorwürfe gegen Finanzminister Blümel, die Reaktionen der anderen Parteien und die angebliche Namensverwechslung in Zusammenhang mit dem „Kurz“-Kalendereintrag.
Meinl-Reisinger: Blümel schadet Ansehen des Landes
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sagte Freitagvormittag in einer Pressekonferenz, dass Blümel nur Stehsätze wiedergegeben habe, sei nicht vertrauensbildend gewesen. Die Frage nach möglichen Spenden an Vereine habe er nicht beantwortet. Das sei aber eine „wichtige Frage, wie wir seit Ibiza wissen“. Die NEOS-Chefin forderte eine Regierungsumbildung, sprach sich aber wegen der CoV-Krise gegen Neuwahlen aus. Blümel schade dem Ansehen des Landes.
„Er hat sich zurückzuziehen, bis die Vorwürfe restlos aufgeklärt sind.“ Meinl-Reisinger geht davon aus, dass es einen Misstrauensantrag geben wird, Kickl hat einen solchen bereits angekündigt. „Werden wir dem zustimmen? Ja, selbstverständlich“, so Meinl-Reisinger. Besser wäre aber, ÖVP und Grüne würden von sich aus draufkommen, dass es klüger wäre, die Konsequenzen zu ziehen. Dass Blümel als Finanzminister für Glücksspiel zuständig ist, sei eine „krasse Unvereinbarkeit“.
Blümel weist Vorwürfe von sich
Blümel wies am Donnerstagabend in einer kurzfristig angesetzten Stellungnahme gegenüber der Presse alle Vorwürfe zurück. Er sagte, dass ihn der damalige Novomatic-Chef Neumann vor fast vier Jahren zu einem Gespräch über Spenden an die ÖVP gebeten habe. Allerdings habe die ÖVP unter ihm als Chef der Wiener Landespartei und unter Sebastian Kurz als Parteichef nie Spenden von Glücksspielunternehmen, Waffenproduzenten und Tabakkonzernen angenommen. Das lasse sich durch die öffentlich einsehbaren Spendenlisten der ÖVP beweisen, die auch vom Rechnungshof geprüft würden. Blümel war damals Wiener Stadtrat, Kurz Außenminister. Eine konkrete Nachfrage nach Spenden an Vereine blieb unbeantwortet.
Statement von Finanzminister Blümel (ÖVP)
Pressestatement von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) zu aktuellen Vorwürfen.
Zuvor hatte der Finanzminister noch betont, die Ermittlungen seien eine „unangenehme Situation“, die er sehr ernst nehme, aber auch leicht aufzuklären. Rücktrittsaufforderungen werde er angesichts dessen „sicher nicht nachkommen“. Auch eine temporäre Vertretung stehe nicht zur Debatte. Bereits zuvor hatte Blümel von einem „guten Gespräch“ mit dem Staatsanwalt und einer „freiwilligen Nachschau“ bei ihm zu Hause gesprochen.