Bild einer aufgeschlagenen Turgenjew-Erzälung
Foto: ORF.at
Wettbewerb

Die Storyteller von morgen sind gesucht

Wer sind die Erzählerinnen und Erzähler von morgen? Mit einer Art Bachmannpreis für alle fahnden die Plattform Story.one, die Buchhandelskette Thalia und ORF III nach den erzählerischen Talente von morgen. Bis Mitte August ist Zeit, sein Erzähltalent in Kurzform auf die Probe zu stellen und seinen Text einzusenden. Grenzen in der Thematik und Gestaltung gibt es keine. Außer zwei: keine Lyrik. Und keine Fantasy.

„Goethe war Mitte zwanzig, als er seinen ersten Bestseller geschrieben hat. Mit dieser Challenge wollen wir den jungen literarischen Talenten eine Bühne geben“ – unter diesem Motto sucht die Plattform Story.one nach literarischen Talenten von morgen und hat einen Kurzgeschichtenwettbewerb mit Storys in der Länge von maximal 2.500 Zeichen ausgelobt.

Geht man aber nach den Überlegungen des ehemaligen NEOS-Politikers und jetzigen Unternehmers und Beraters Matthias Strolz, dann ist das Geschichtenerzählen ein fundamentaleres Unterfangen. Mit seiner Ansicht, dass jeder der „Pilot seines eigenen Lebens“ sei, fordert er sich selbst auf, Schlüsselmomente des Lebens auch in Erzählform festzuhalten. Weil das, so darf man ihn wohl interpretieren, mehr Klarheit in die eigene Welt bringt.

„Wir sind überzeugt, dass der Mensch die Summe seiner Geschichten ist“, so Strolz zum Credo dieses Preises und seiner gemeinsam mit dem Salzburger Hannes Steiner gegründeten Erzählplattform. Früher sei man am Lagerfeuer gesessen und habe sich Geschichten erzählt – „heute ist dieses Lagerfeuer ausgegangen, und wir wollen es über ein digitales Setting wieder entfachen“, so Strolz.

„Das Buch demokratisiert“

Er sei sich sicher, „dass das Buch demokratisiert“ und dass es tatsächlich eine große Zahl von Menschen gäbe, die sich wünschten, einmal im Rahmen ihres Lebens ein Buch zu verfassen. Die Instant-Buch-Technologie sei ja diesem Verlangen ein Stück weit entgegengekommen. Verlage, so Strolz, kämen heute gar nicht mehr nach, die an sie geschickten Manuskripte zu lesen – weswegen es Plattformen brauche, auf denen sich Talente in einem Kreis eines Publikums beweisen könnten. Diese Plattform habe man mit mittlerweile 40.000 Geschichte geboten – und weite das nun auch in den englischsprachigen Raum aus.

Für ihn sei der Antrieb, Geschichten mit Bezug zum Leben zu finden. Also Erzählen mit den elementarsten Funktionen persönlicher Sinnstiftung zu verbinden. „Es gibt keinen Sozialkontext, der ohne Geschichten funktioniert – wir sind eine radikal soziale Spezies, die ohne Geschichten nicht auskommt.“

Bibliothek in Goldegg
heid / ORF.at
Teil des Preises: Stipendium für ein Writers Retreat in Goldegg

Strolz will mit seiner Plattform und dem nun ausgelobten Preis auch das Medium Buch neu erfinden und bemüht damit ja die alte mcluhanistische Einsicht, dass ein neues Medium immer auch die Qualität eines älteren Mediums deutlich mache.

Wer soll sich beweisen?

Ansprechen will man mit dem Young Storyteller Award 2021 jedenfalls alle unter 35, einen Versuch zu machen, Geschichten zu erzählen und gestaltete Welten und Landschaften zu entwerfen. Bis 15. August kann man auf der Plattform Story.one seine Geschichten, ob fiktional oder auch reportagig, einer fachkundigen Jury vorlegen. Mit dabei bei der Präsentation des Preises war auch die Schriftstellerin Eva Menasse.

Am Ende werden die Preisträger, insgesamt drei Autorinnen oder Autoren, auch in der Literatursendung „erLesen“ des Kulturjournalisten Heinz Sichrovsky auftreten und ihre Einreichungen vorstellen. Letztendlich winkt ein zweimonatiges „Writers in Residence“-Stipendium des Unternehmers und Kunstförderers Sepp Schellhorn, der den Preis mit ins Leben gerufen hat.

In Goldegg hat Schellhorn ja nicht nur eine offene Plattform rund um die Nachbetreuung des Werks von Thomas Bernhard ins Leben gerufen. Seit Jahren unterstützt Schellhorn Romanciers dabei, ihre Werke in der Abgeschiedenheit des Goldegger Plateaus fertigzustellen. Eine Serie von Werken ziert mittlerweile seine Bibliothek, die in Goldegg mit entstanden sind. Er könne kein Geld stiften, aber Künstlern die Möglichkeit geben, sich auf sich zu konzentrieren, so Schellhorn im Rahmen einer Pressekonferenz am Freitag.

Das winkt am Ende

Der Erstplatzierte dieses nun gestarteten Wettbewerbs erhält einen Vertrag bei der Literatur- und Filmagentur Marcel Hartges, immerhin einem der Agenten mit den prominentesten Namen des deutschen Buchmarktes im Programm, und eine Platzierung des Buchtitels in den Thalia-Buchhandlungen sowie einen Auftritt im ORF-III-Büchermagazin „erLesen“. Mit an Bord, so war im Vorfeld zu hören, ist auch der Verlag Kiepenheuer und Witsch, womit auch eine prominente Platzierung des besten Textes garantiert wäre.