Streusalz
ORF.at/Gerald Heidegger
Weiße Last

Mancherorts mehr Streusalz als Schnee

Der Winter hat auch im Osten Österreichs eingeschlagen. Überall herrscht die Gefahr eisglatter Straßen und Gehsteige. Der Einsatz von Streusalz ist weit verbreitet, obwohl es als äußerst schädlich für Wasser, Bäume und Tiere gilt. Umweltfreundliche Alternativen haben es schwer.

Wer derzeit in Wien unterwegs ist, sieht in manchen Regionen der Stadt eine weiße Landschaft, passend zum Winter. Doch der Schnee ist es nicht, der Straßen und Gehsteige färbt, sondern Streusalz in rauen Mengen.

Im Allgemeinen ist das Streuen Sache des „Straßenerhalters“ bzw. der Hausbesitzer. In Wien kümmert sich zudem die MA 48 um den Winterdienst auf öffentlichen Straßen. Autobahnen und Schnellstraßen wiederum sind der ASFINAG zugeteilt. Der Einsatz von Streumitteln ist in der Winterdienstverordnung von 2003 geregelt – meist ist es entweder Streusplitt oder Streusalz-Natriumchlorid. Es gibt genaue Festlegungen, wie Splitt gekörnt sein muss, zudem soll er kantig, staubarm und trocken sein. Der Streusplitt gilt aber als großer Feinstaubverursacher.

Schlecht für Flora und Fauna

Streusalz-Natriumchlorid wiederum kommt als Feuchtsalz zum Einsatz, um nicht verweht zu werden. Prinzipiell gilt aber in der Stadt ein Salzverbot, das nur bei entsprechender Witterung aufgehoben wird: Der Einsatz von natrium- und halogenidhaltigen Auftaumitteln ist auf öffentlichen Gehsteigen im Abstand von zehn Metern zu Wiesen oder Baumscheiben im Allgemeinen untersagt.

Dass sich viele Hausbesitzer offenbar nicht daran halten, ist augenscheinlich. Rufe, die Kontrollen zu verschärfen, gibt es immer wieder, zuletzt von den Wiener Grünen. Denn Streusalz ist ein Umweltsünder. So leiden etwa Bäume stark unter der Belastung. Als Folge des Salzeinsatzes verfärben sich im Spätsommer oft die Blätter. Das Salz halte Wasser im Boden zurück, das dem Baum später fehle, so Fitzky Anne von der Universität für Bodenkultur (BOKU) im Jänner im Ö1-Radio. Das führe zu „Trockenstress“, die Bäume könnten in der Folge weniger positive Effekte auf das umgebende Klima haben. Auch für Tiere ist Streusalz gefährlich. Oft führt es bei Hunden und Katzen zu Hautreizungen an den Pfoten, später durch Ablecken zu Brechreiz und Magenschäden. Wenn die Tiere verunreinigten Schnee fressen, kann es auch zu einer „Schnee-Gastritis“ kommen.

Hund
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In der Stadt heißt Winter oft Streusalz, das Pfoten und Magen schädigen kann

Mit der Gurke gegen Eis

Viele Gründe also, nach Alternativen zu suchen. In Bayern sorgte kürzlich ein Experiment mit Gurkenwasser für Aufsehen. Eine Straßenmeisterei im niederbayrischen Dingolfing verwendet nach eigenen Angaben in einer Testphase seit einem Jahr bearbeitetes Gurkenwasser eines regionalen Gurkenverarbeiters gegen die Straßenglätte. Das Gurkenwasser werde vom Hersteller von pflanzlichen Resten gereinigt und der gewonnene salzige Sud mit zusätzlichem Salz auf 22 Prozent angereichert. So sollen bis zu 1.000 Tonnen Streusalz ersetzt werden, hieß es von der zuständigen Straßenmeisterei. Auf die Idee zum Projekt sei das Lebensmittelunternehmen Develey in direkter Nachbarschaft gekommen, das auch in der Gurkenproduktion tätig ist. Auch andere deutsche Bundesländer zeigten sich interessiert, ebenso wie Oberösterreich.

Oberösterreich passt

Hier konnte jedoch kein Pilotversuch begonnen werden. Die Voraussetzungen waren in Oberösterreich zwar ähnlich günstig wie in Bayern. Mit dem Gemüse- und Obstvermarkter Efko in Eferding gibt es auch einen lokalen Essiggurkenproduzenten. Um aus dem Gurkenwasser die notwendige Salzsole zur Anreicherung des Streusalzes zu gewinnen, muss die Lake gefiltert und dann konzentriert werden. In Oberösterreich fallen aber nur rund 50.000 Liter Salzlake im Jahr an. Die oberösterreichischen Straßenmeistereien benötigten aber deutlich mehr, allein in diesem Winter seien bereits elf Millionen Liter Sole verbraucht worden, hieß es in einer Presseaussendung.

Problematisch sei auch, dass die Lake in der Essiggurkenproduktion über einen längeren Zeitraum kontinuierlich anfällt, im Winter aber große Mengen Sole in einem kurzen Zeitraum benötigt werden. Daher wäre eine Zwischenlagerung in der Straßenmeisterei notwendig. Die Kosten dafür würden „mögliche Einsparungen aber um ein Vielfaches überschreiten“, hieß es.