Sessel in einem geschlossenen Restaurant
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Lockdown-Gespräche

Lockerungen frühestens „rund um Ostern“

Nach ihren Beratungsgesprächen hat die Bundesregierung am Montag bekanntgegeben, dass es derzeit keine Öffnungsschritte geben wird. Der Lockdown für Gastronomie, Hotels und Kultur geht noch bis mindestens Ostern, also Anfang April, weiter. Bis dahin will man durch ein wachsendes Angebot an Tests große Steigerungen bei den Infektionszahlen vermeiden.

Zuvor hatte die Regierung mit Fachleuten, Landeshauptleuten und Parlamentsparteien beraten. Dabei war schon im Vorfeld relativ klar, dass es derzeit keine Öffnungsschritte geben wird. Doch die Regierung gab sich optimistisch, dass die kommende wärmere Jahreszeit kombiniert mit der steigenden Durchimpfungsrate die Lage verbessern wird. Nach den jüngsten Lockerungen will man nun in den kommenden zwei Wochen die Entwicklung beobachten und am 1. März mögliche neue Schritte verkünden, so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Montag bei einer Pressekonferenz.

Die verschiedenen Virusvarianten machten es weiterhin nötig, große Vorsicht walten zu lassen, es gelte unverändert private Kontakte zu vermeiden, so Kurz. „Wenn hier nicht alle vorsichtig sind, sind wir schnell wieder in einem exponentiellen Wachstum.“

Lockdown-Verlängerung

Am Montagabend hat die Regierung klargemacht: Die aktuellen Coronavirus-Beschränkungen von der Gastronomie bis zum Sport bleiben noch länger in Kraft. Mindestens bis rund um Ostern, sagte der Bundeskanzler – also bis Anfang April.

Großes Angebot an Tests

Neue Öffnungsschritte gebe es „frühestens rund um Ostern“. In der Zwischenzeit seien CoV-Tests das Mittel der Wahl. Inzwischen gebe es in Österreich rund 500 Teststationen, rund 800 Apotheken, die Tests anbieten, und auch 700 Betriebe würden inzwischen die Belegschaft testen. Ab. 1. März böten zudem Apotheken kostenlose Selbsttests zur Abholung an. Diese Woche könne man bereits rund zwei Millionen Tests durchführen, so viel wie in keinem anderen Land. Zudem setze man auf intensive Testungen in den Schulen.

So gebe es gute Chancen, das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu halten oder zumindest sein Wachstum abzuflachen, so Kurz. Eine 7-Tage-Inzidenz von 50 sei aber unrealistisch. Ziel sei es daher, die Infektionszahlen stabil zu halten. Sollten sie aber wieder schnell steigen, müsse man reagieren.

Auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) verwies bei der Pressekonferenz auf das Ziel Ostern. Bis dorthin sollen durch die vielen Tests gravierende Steigerungen bei den Infektionszahlen vermieden werden. Die nächsten beiden Wochen seien eine „Weichenstellung“. Bis Ostern soll eine Million Menschen geimpft sein und damit das Risiko schwerer Erkrankungen deutlich reduziert werden. Derzeit sei die Situation stabil, so Anschober, der auch den Rückgang bei der Zahl der Todesfälle betonte. Inzwischen gebe es im Vergleich zum November nur noch einen Bruchteil der Todesfälle in Alters- und Pflegeheimen.

„Alternative zum Lockdown“

Auch die Vertreter der Länder bewarben das Testen. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sagte, derzeit seien 50.000 Tests in Wien am Tag möglich. Das Angebot wolle man noch ausbauen und weitere Formate anbieten. Derzeit gebe es in der Bundeshauptstadt einen „Versuchsballon“, bei dem 60.000 Menschen in Gesundheits- und Industrieberufen per PCR-Verfahren getestet werden. Das Ergebnis komme via Smartphone. Man denke laufend über leichteren Zugang zu Tests nach, so Ludwig. Bald werde auch das Wetter eine positive Rolle in der Pandemiebekämpfung spielen, so könne man in weiterer Folge bei Öffnungsschritten etwa an Schanigärten oder an Sport im Freien denken.

Keine Lockerungen vor Ostern

Derzeit wird es nicht zu weiteren Öffnungsschritten kommen. Julian Paschinger (ORF) analysiert.

Der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP), unterstrich, dass die Tests notwendig seien. „Wenn wir testen, testen, testen, dann ist das die Alternative zum Lockdown“, so Schützenhöfer. „Ich bin heute optimistischer, als ich es Anfang Jänner war.“

Der Vizerektor der MedUni Wien, Oswald Wagner, deutete in seinen Ausführungen an, dass man mit einer Kombination aus FFP2-Masken und Tests bald auch im Kulturbereich Öffnungen ermöglichen könnte. Wenn zwei Menschen FFP2-Masken tragen, sei das ähnlich wirksam wie eine Impfung. Beide Personen hätten dann einen Schutz von über 95 Prozent. Auch sinke die Ansteckungsrate um 40 Prozent, wenn ein Viertel der Bevölkerung getestet sei. Der Anreiz, sich für den Friseurtermin testen zu lassen, werde bald erschöpft sein, insofern könne man mit Öffnungen etwa der Theater und Konzerte neue Anreize für das Testen setzen, so Wagner. „Die Menschen werden wieder ins Kino, ins Theater, in die Oper gehen wollen.“

Enttäuschung in der Kulturszene

Weite Teile der Kulturszene warten ebenso wie Hotellerie und Gastronomie seit Langem auf eine Perspektive zur Öffnung. Kulturbetriebe und Freizeiteinrichtungen wie Theater und Kinos sind – anders als Museen, Archive und Bibliotheken – seit 2. November 2020, also seit 15 Wochen, zu.

„Natürlich ist die Verlängerung des Lockdowns im Veranstaltungsbereich keine gute Nachricht für die Kulturbranche in Österreich“, so Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer in einer Reaktion. Immerhin hätten die Kulturbetriebe aber jetzt bis Ostern Gewissheit. „Leider lässt die Gesamtsituation derzeit dennoch keine Öffnung zu. Ich hoffe, dass sich die Situation so entwickelt, dass wir möglichst bald weitere Schritte setzen können.“

Beratungen der Bundesregierung mit Experten und den Oppositionsparteien
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Die Bundesregierung hielt am Montag einen Beratungsreigen ab

Als „mehr als zermürbend“ bezeichnete Johannes Reitmeier, Intendant des Tiroler Landestheaters, die Situation. Bis dato gebe es seitens der Politik allenfalls Vertröstungen, aber keinerlei realistische Perspektiven für die gesamte Branche. „Ein baldiges weiteres schrittweises Aufsperren ist unerlässlich“, forderte die IG Autorinnen Autoren. „Außer Vertröstungen auf unbestimmte Zeit und Verschiebungen von Entscheidungen hat die Politik dem Kulturveranstaltungsbetrieb derzeit nicht viel zu bieten“, so Geschäftsführer Gerhard Ruiss in einer Aussendung – mehr dazu in wien.ORF.at.

Wirtschaft will mit Regierung verhandeln

Der Präsident der Wirtschaftskammer (WKÖ), Harald Mahrer, drängte auf weitere Öffnungsschritte noch im März. Eine Woche nach den ersten Lockerungen könne noch keine seriöse Entscheidung über weitere Öffnungsschritte getroffen werden, so Mahrer am Montagabend in einer Aussendung.

Mahrer und WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf meinen, dass „mit FFP2-Masken, verschärften Abstandsregeln und den umfangreichen Testmöglichkeiten alle Instrumente vorhanden sind, um die heimische Wirtschaft etappenweise und sicher wieder hochfahren zu können“. Man werde „mit der Regierung über weitere Öffnungsschritte zeitnah verhandeln“, so Mahrer und Kopf.

„Bittere Pille“ auch für Gastronomie

Auch für seine Branche sei die Entscheidung eine „bittere Pille“, wie Gastronomie-Sprecher Mario Pulker von der Wirtschaftskammer sagte. Er kritisierte auch den Umgang mit den 75.000 betroffenen Betrieben. Pulker erinnerte daran, dass es eigentlich hieß, man schaue, wie sich die Neuinfektionszahlen nach der Öffnung des Handels entwickeln. Jetzt sei aber trotz der für den 1. März geplanten erneuten Beratungen entschieden worden, dass der Lockdown „von Haus aus“ bis Ostern, also mindestens um weitere sechs Wochen verlängert wird. „Wir können nicht bis zum Sankt-Nimmerleinstag geschlossen bleiben, das ist ruinös“, sagte er. Die Branche forderte zudem ein Konzept für digitale Testkontrollen.

Kritik von Hotellerie und Sport

Die Situation sei durch die Mutationen immer noch sehr angespannt, hieß es aus dem Tourismusministerium. „Weitere Öffnungsschritte wären in der derzeitigen Situation unverantwortlich – wir können nicht riskieren, dass die Infektionszahlen wieder rasant ansteigen“, so Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Umso wichtiger sei es nun, die Betriebe weiter zu unterstützen.

„Es ist zu wenig zu sagen: Wir wissen noch nichts – setzen wir uns in zwei Wochen wieder zusammen“, kritisierte die Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), Michaela Reitterer. „Wir brauchen das – unsere Mitarbeiter sind nun vier Monate zu Hause, am Stück, mit 15 bis 20 Prozent weniger Gehalt und ohne Trinkgeld“, so Reitterer, die selbst ein Hotel in Wien führt.

Enttäuscht äußerte sich auch die Vertretung des organisierten Sports in Österreich. „Leider aber berücksichtigt Gesundheitsminister Anschober den Sport bis jetzt nicht als Gesundheitsfaktor“, erklärte Sport-Austria-Präsident Hans Niessl in einer Aussendung. Argumente „für verantwortungsvolle Öffnungsschritte“ würden bei der Umsetzung bisher ignoriert werden, so Niessl, der für Selbsttests auch im Vereinssports plädierte.

Opposition reagiert unterschiedlich

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hatte nach dem Gespräch der Regierung begrüßt, dass derzeit nicht weiter gelockert wird. Sie betonte erneut, dass die Lockerungen vergangene Woche zu früh gekommen seien. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl sagte in einer Aussendung, dass die Regierung Gesellschaft und Wirtschaft „weiterhin in Geiselhaft“ halte. Aus seiner Sicht seien die „Zwangsmaßnahmen“ zur Eindämmung des Virus „nicht evidenzbasiert und unverhältnismäßig“. NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker will zumindest einen Fahrplan für die weitere Öffnung „spätestens in zwei Wochen“. Dass die Regierung zwar ankündige, die Situation in zwei Wochen wieder evaluieren zu wollen, aber gleichzeitig kundtue, dass vor Ostern keine Öffnungsschritte möglich seien, werde nicht für Verständnis in der Bevölkerung sorgen.