Bundeskanzler Sebastian Kurz
APA/Georg Hochmuth
Kurz zu Causa Casinos

„Vorwürfe sind falsch“

In der Causa Casinos wird Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) als Beschuldigter geführt. Blümel dementierte bereits vergangene Woche mehrfach die Vorwürfe, dass sich die Novomatic gegen Spenden an die ÖVP eine Gefälligkeit erkauft habe. Am Montag gab es auch ein Dementi von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP): „Die Vorwürfe, die erhoben worden sind, sind falsch.“

Blümel habe das innerhalb weniger Stunden aufklären können. Die Vorwürfe basierten auf zwei Fehlern, sagte Kurz. Es handle sich um eine Verwechslung. Er sei nicht Martina, sondern Sebastian Kurz. „Das Treffen (mit Johann Graf, Anm.) hat es nie gegeben.“ Es habe auch weder an die Bundes- noch an die Wiener Landespartei eine Spende der Novomatic gegeben. Kurz: „Wenn es diese Unterstellungen gibt, werden wir rechtliche Schritte setzen.“ Dass er Wirtschaftskapitäne treffe, sei eine Selbstverständlichkeit und sein Job als Politiker.

Am Wochenende ging die ÖVP in die Offensive. „Wir klagen jetzt in 13 konkreten Fällen wegen Beleidigung und übler Nachrede sowie auf Unterlassung“, sagte die stellvertretende Generalsekretärin Gaby Schwarz (ÖVP). Das betreffe vor allem Postings in Sozialen Netzwerken.

ÖVP jetzt für unabhängigen Bundesanwalt

Letzte Woche wurde bekannt, dass die WKSta gegen Finanzminister Blümel ermittelt und sogar seine Wohnung durchsuchte und sein Handy und seinen Laptop beschlagnahmte. Blümel bestreitet alle Vorwürfe – und seine Partei ist empört. Die ÖVP vermutet hinter der Aktion politisch motivierte Staatsanwälte – und neben massiven Attacken auf die Behörde führt das jetzt auch zu einer bemerkenswerten Kehrtwende. Seit Montag ist auch die ÖVP dafür, dass die Aufsicht über die Staatsanwaltschaften bei einer politisch unabhängigen Institution liegen soll, einer Art Bundesanwalt – und nicht mehr im Justizministerium.

Termineintrag zu „Kurz“

Die WKStA wirft Blümel vor, dass er ein Treffen zwischen Kurz und Novomatic-Eigentümer Graf herbeigeführt haben soll. Graf hatte einen Kalendereintrag mit einem Termin mit „Kurz“ im Sommer 2017. Doch dabei soll es sich Medienberichten zufolge um Grafs Schwiegertochter und Aufsichtsrätin Martina Kurz gehandelt haben. Laut WKStA ist das jedoch der einzige Hinweis auf „Kurz“ im Kalender – damit lasse sich kein Bezug zu Martina Kurz feststellen.

Bericht über „Frühstück“ mit Neumann

Einige Tage vor Grafs Termineintrag hatte der damalige Novomatic-Chef Harald Neumann ein SMS an Blümel geschickt und darin um einen Termin bei Sebastian Kurz gebeten und als Gründe eine Spende und ein „Problem“ in Italien genannt. Blümel dementierte Ende vergangener Woche mehrfach die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, wonach sich die Novomatic gegen Spenden an die ÖVP eine Gefälligkeit erkauft habe. In einer eidesstattlichen Erklärung betonte er, dass von der Novomatic in seiner Zeit weder Spendengelder an die ÖVP Wien noch an ÖVP-nahe Vereine geflossen seien. „Ich will und muss Verleumdungen entgegentreten“, sagte Blümel.

Zu einem möglichen Treffen zwischen Kurz und Neumann berichtete am Montag das Onlinemedium Zackzack.at auf Basis von Aussagen der Unternehmerin Gabriela Spiegelfeld, dass Kurz Neumann mehrmals zum „Frühstück“ getroffen habe. Spiegelfeld hatte eine Kampagne für Kurz im Wahlkampf organisiert.

Analyse von ZIB-Chefredakteur Matthias Schrom

Die ÖVP erklärt ihre neue Haltung in Sachen Bundesanwaltschaft mit vielen in der Vergangenheit begründeten angeblichen Missständen im Justizressort. Aber warum kommt diese neue Position genau jetzt, unmittelbar nach der Hausdurchsuchung bei Finanzminister Blümel? ZIB-Chefredakteur Matthias Schrom antwortet.

Ein Sprecher des Kanzleramts bestätigte, dass Kurz viele Termine wahrgenommen habe. Bei Veranstaltungen in größerem Rahmen könnte auch Neumann anwesend gewesen sein. Spiegelfeld hatte regelmäßige „Frühstückstermine“ mit Kurz und potenziellen Großspendern in einem Wiener Nobelhotel organisiert.

Kurz: Veranstaltungen in größerem Kreis

Eine Einladung Neumanns zu einer dieser Veranstaltungen befindet sich laut Zackzack.at, der Webseite von Peter Pilz, im Akt der WKStA zu Blümel. Ob Neumann den Termin tatsächlich wahrgenommen hat, konnte Spiegelfeld nicht bestätigen. Ein Sprecher des Bundeskanzlers dementierte am Montag nicht, dass sich Kurz und Neumann auf denselben Veranstaltungen befunden haben könnten. Doch nachdem schon Sebastian Kurz mit Martina Kurz verwechselt worden sei und es kein Treffen mit Johann Graf gegeben habe, „werden jetzt weitere Termine mit unterschiedlichen Personen falsch dargestellt“, hieß es aus dem Kanzleramt.

Zudem würden andere Kalendereinträge als „Termine im Sinne einer Besprechung oder eines vertraulichen Gesprächs“ dargestellt, argumentierte der Sprecher des Kanzlers, „obwohl es Veranstaltungen, eine davon mit bis zu 100 Personen, waren“. Die „Krone“ berichtete am Montagabend, dass es sich bei den Frühstückstreffen um zwei mögliche Termine im Wahljahr 2017 gehandelt habe. Bei einem Termin sei Kurz gar nicht erschienen, bei einem anderen für zehn Minuten.

Kogler stellt sich hinter WKStA

Auch Kurz kritisierte, dass hier versucht werde, Veranstaltungen in größerem Kreis als „perfide Verschwörungen“ darzustellen. Erneut hob der Kanzler hervor, dass es bei der WKStA „dringenden Änderungsbedarf“ gebe. Entsprechend brauche es daher einen unabhängigen Bundesstaatsanwalt.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) stellte sich Montagabend in der ZIB2 hinter die WKStA. Sie genieße sein Vertrauen. Kogler: „Wir stellen uns hinter eine unabhängige Justiz. Dass einmal ein Fehler passiert, gehört auch zu den Checks und Balances im Rechtsstaat.“ Diese Unabhängigkeit müsse gestärkt werden.

Vizekanzler Kogler über Arbeit und Klima in der Regierung

Vizekanzler und Interimsjustizminister Werner Kogler (Grüne) zu den Ermittlungen der WKStA gegen Finanzminister Blümel.

Die vom Kanzler dargestellte Relation zwischen 40.000 von der WKStA Beschuldigten und letztlich 400 Verurteilten führe „in die Irre“, so Kogler. Denn es seien nicht 40.000 Beschuldigte, sondern „Beschuldigte im weiteren Sinn“. Das umfasse in der Justizstatistik auch Verdächtige, also Menschen, bei denen überhaupt erst geprüft wird, ob ein Anfangsverdacht gegeben ist.

In Glücksspielbranche „live dabei“

FPÖ-Fraktionsführer im „Ibiza“-U-Ausschuss, Christian Hafenecker, zeigte sich am Montag auch bei Blümel überzeugt, dass dieser Neumann keineswegs nur „vom Wegschauen“ kenne. Es handle sich um eine über die Jahre gewachsene enge Beziehung. Blümel sei in der Glücksspielbranche „live dabei“ gewesen, was auch die WKStA wisse.

Was für Hafenecker nach wie vor unverständlich ist, ist, dass nach wie vor nur SMS-Nachrichten und andere Chats von Neumann öffentlich würden, keine jedoch von Blümel oder gar Bundeskanzler Kurz. Darum sei es nun höchst an der Zeit, etwa auch Kalendereinträge aus dem Kanzleramt dem „Ibiza“-Untersuchungsausschuss zu übermitteln. Es gilt die Unschuldsvermutung.