Scharfe Kritik an italienischem Gesundheitsminister

Kaum im Amt und schon hängt der Haussegen in der Koalition unter dem neuen italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi schief. Unter seinen neu ernannten Ministern ist wegen der Maßnahmen zur Eindämmung ansteckender Varianten des Coronavirus ein Streit ausgebrochen.

Mit seinem Beschluss, die für gestern geplante Wiederöffnung der Skifreizeitanlagen zu stoppen, zog Gesundheitsminister Roberto Speranza herbe Kritik auf sich – auch seitens seiner Regierungskollegen.

Der neue Tourismusminister Massimo Garavaglia, Spitzenpolitiker der rechtspopulistischen Lega, sparte nicht mit Angriffen auf den Gesundheitsminister. Der kurzfristig angekündigte verzögerte Start der Skisaison auf den 5. März habe enorme finanzielle Schäden verursacht.

Garavaglia kritisierte außerdem, dass der Gesundheitsminister in Alleinregie Verordnungen mit gravierenden Folgen erlasse, ohne sich mit dem Rest der Regierung abzusprechen.

Kritik musste der Gesundheitsminister auch aus den Reihen der einzig verbliebenen Oppositionspartei, der postfaschistischen Fratelli d’Italia (Brüder Italiens/FdI), einstecken. „Wenn wir ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie noch immer von Lockdowns sprechen müssen, bedeutet das, dass die bisherige Strategie im Kampf gegen das Coronavirus vollkommen gescheitert ist. Wie kann man in dieser Situation Gesundheitsminister Speranza im Amt bestätigen?“, sagte Parteichefin Giorgia Meloni.

Vor Vertrauensabstimmung

Die Attacken gegen den Gesundheitsminister, den Premier Draghi von der zerfallenen Vorgängerregierung übernahm und im Amt beließ, werfen einen Schatten auf die neue Regierung, die sich morgen im Senat der üblichen Vertrauensabstimmung stellt. Mit Spannung wird in Rom die Ansprache Draghis zur Vorstellung des Regierungsprogramms erwartet. Dabei soll der neue Ministerpräsident auch seine Strategie im Umgang mit der Coronavirus-Pandemie darlegen.

Walter Ricciardi, ein Berater des Gesundheitsministeriums, forderte gestern erneut einen „kurzen und gezielten Lockdown“ für das ganze Land. Dieser müsse bis zu vier Wochen dauern, sagte Ricciardi, der sich damit empörte Kritik aus Politik und Wirtschaft zuzog. In Italien gilt seit Oktober das „Ampelsystem“ mit auf regionaler Basis beschlossenen Beschränkungen.