Finanzminister Gernot Blümel
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Causa Casinos

Misstrauensantrag gegen Blümel abgelehnt

Der Misstrauensantrag gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) ist am Dienstag abgelehnt worden. Die Grünen hatten – wie angekündigt – dem Antrag der Opposition nicht zugestimmt. Vor der Abstimmung wurde in der Sondersitzung des Nationalrats heftig debattiert. Insbesondere FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl lieferte sich mit Blümel einen Schlagabtausch. Die ÖVP brachte mittlerweile ihre angekündigte parlamentarische Anfrage zur Hausdurchsuchung bei Blümel ein.

Die Sondersitzung zur Causa um die Hausdurchsuchung bei Finanzminister Blümel und den Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) war turbulent angelaufen. Vor der Verteidigungsrede Blümels schoss sich Kickl vehement auf den Minister und die ÖVP ein. Die Entwicklungen ließen einen „Blick auf dieses schwarze Sittenbild“ zu.

„Unwahrheit gepaart mit Skrupellosigkeit“ würden sichtbar, Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) halte alles zusammen. Blümel sei „Wegbereiter des Systems Kurz“. Gemeinsam hätten diese Erfolge gefeiert, aber nun hole ihn „der Fluch der bösen Tat“ ein – „der türkise Hut brennt lichterloh“, so Kickl.

Es sei auch nicht glaubwürdig, dass Blümel behaupte, nichts von seinem Beschuldigtenstatus gewusst zu haben. Das Problem sei das „System Kurz und Blümel“ – und nicht eine Staatsanwaltschaft, „die dieses Problem in den Fokus der Ermittlungen nimmt“. Das gehe sich alles nicht mehr aus, so Kickl, der Blümels Rücktritt forderte: „Game over, Herr Blümel.“ Der Finanzminister solle zurücktreten, „dann braucht es unseren Misstrauensantrag auch nicht mehr“, so Kickl.

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl und Finanzminister Gernot Blümel
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Kickl ritt scharfe Attacken gegen die ÖVP und Blümel

89 Fragen beantwortet, Rücktritt „steht nicht zur Debatte“

Nach Kickl verteidigte sich Blümel gegen die schweren Vorwürfe: „Die im Raum stehenden Unterstellungen sind falsch und lassen sich sehr leicht aufklären“, sagte Blümel eingangs einmal mehr. Er wiederholte im Wesentlichen seine Ausführungen bei seiner Pressekonferenz am Donnerstag: Er sei zu einem Termin bei der WKStA gewesen, jetzt kenne er die Vorwürfe und könne sie entkräften. Die ÖVP habe nämlich keine Spenden von dem Glücksspielkonzern Novomatic erhalten.

„Als dieses Faktum aber klargestellt war, sind unmittelbar weitere Anschuldigungen aufgekommen“, so Blümel, der einmal mehr auch indirekte Spenden über ÖVP-nahe Vereine ausschloss. Die Opposition nutze sie nur für Rücktrittsaufforderungen. „Das Einzige, was an diesem gesamten Themenkomplex wirklich stimmt, ist: Ja, als Politiker hat man Kontakt mit Unternehmerinnen und Unternehmern“, so Blümel, der in sehr kurzer Zeit jene 89 Fragen beantwortete, die die FPÖ vorgelegt hatte. Am Ende sagte er zur entsprechenden Frage: Zurücktreten „steht nicht zur Debatte“.

Maurer: „Kein Urteil“

So war es denn auch – denn die Grünen versagten dem Finanzminister das Vertrauen nicht. Klubobfrau Sigrid Maurer wies zwar die Attacken der ÖVP auf die WKStA zurück und übte etwas Kritik: Immer die Justiz anzugreifen, wenn einem Entscheidungen nicht gefallen, sei einer Kanzlerpartei unwürdig. Aber dass Blümel als Beschuldigter geführt werde, „ist kein Urteil“, und „die Faktenlage ist nicht so, dass sie ausreichen würde, dass wir heute unser Misstrauen aussprechen“.

Sollten neue Vorwürfe oder gar eine Anklage folgen, „wäre natürlich ein Rücktritt notwendig“, verwies sie auf die Unschuldsvermutung. Zuvor hatte sie etwaige Gerüchte, das Abstimmungsverhalten sei mit der ÖVP junktimiert worden, zurückgewiesen.

Grünen-Klubchefin Sigi Maurer und Finanzminister Gernot Blümel
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Für Grünen-Klubobfrau Maurer ist die Entscheidung für Blümel nicht in Stein gemeißelt

Auch gebe es bei der Abstimmung keinen Klubzwang, sagte die Klubchefin. Bei den Grünen werde „natürlich“ immer lebhaft diskutiert. Blümel müsse nun „tatkräftig dazu beitragen, diesen Fall aufzuklären“, wie sie auch im Plenum sagte. Sie brachte ihre Hoffnung zum Ausdruck, „dass wir in den nächsten Wochen wieder in ruhigere Fahrwasser geraten“.

FPÖ-Misstrauensantrag eingebracht

Die FPÖ beließ es nicht beim Misstrauensantrag gegen Blümel. Mandatar Christian Hafenecker brachte auch einen gegen Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ein – mit der Begründung, dass dieser jetzt in den Ermittlungen gegen Blümel eine Schlüsselrolle habe, aber schon bei Auftauchen des „Ibiza-Videos“ eine wichtige Rolle in der Partei gespielt habe. Aus diesem Grund habe auch Kickl als Innenminister gehen müssen. Aber auch dieser blieb in der Minderheit.

Das wurde seitens der ÖVP – von Michaela Steinacker am Rednerpult und Sicherheitssprecher Karl Mahrer in einer Stellungnahme – umgehend zurückgewiesen: Beim Auftauchen des „Ibiza-Videos“ habe Nehammer keine Funktion in der Bundespartei und auch kein Nationalratsmandat gehabt, merkten sie an. Auch dieser Misstrauensantrag hat keine Aussichten auf Erfolg.

„Sie sind nicht handlungsfähig, Sie sind nicht anerkannt“

Von der SPÖ hieß es im Vorfeld, dass sie den Misstrauensantrag gegen Blümel voraussichtlich unterstützen werde. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried sagte im Plenum, dass es gerade jetzt einen Finanzminister brauche, der „handlungsfähig und anerkannt“ ist. „Und Sie sind nicht handlungsfähig, Sie sind nicht anerkannt.“ Leichtfried weiter: „Was bilden Sie sich eigentlich ein, noch in diesem Amt zu bleiben?“

Auch NEOS forderte den Rücktritt Blümels. Das Strafrecht könne nicht „die letzte Linie für die Verantwortung von Politikern sein“, da müsse man „wesentlich früher“ ansetzen, befand auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. „Aus Respekt vor dem Amt, aus Respekt vor den demokratischen Institutionen unseres Landes und gegenüber den Österreichern“ müsste sich Blümel „natürlich zurückziehen“, meinte sie – und zog den Kreis noch etwas weiter: Die Frage der Handlungsfähigkeit stellt sich auch für die „angeschlagene Wirtschaftsministerin“ und den „angeschlagenen Innenminister“ sowie den „bisweilen handlungsunfähigen Gesundheitsminister“.

„Unwürdige Attacken einstellen“

Eine eidesstattliche Erklärung, wie sie Blümel abgegeben hat, „ist kein Beweis, sondern es ist eine Behauptung. Die WKStA ist am Zug“, sagte die grüne Klubobfrau. Davor übte Maurer breite Kritik am Koalitionspartner. Die ÖVP habe ein „gestörtes Verhältnis zur unabhängigen Justiz“, der Kanzlerpartei attestierte sie ein „selektives Verhältnis zum Rechtsstaat“.

Misstrauensantrag gegen Blümel gescheitert

Die FPÖ hat in einer Sondersitzung des Nationalrats einen Misstrauensantrag gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) eingebracht. Dieser ist aber – obwohl von der Opposition unterstützt – gescheitert.

Die Attacken von Kurz und ÖVP-Klubchef August Wöginger auf die WKStA seien sehr durchsichtig, so Maurer. Die Grünen würden sich immer schützend vor die unabhängige Justiz stellen, so die grüne Klubobfrau: Für die Einrichtung der obersten Staatsanwaltschaft seien bereits erste Schritte unternommen worden, doch die ÖVP sehe die Funktion dieser Stelle falsch: Sie solle dazu dienen, die Justiz vor Eingriffen der Politik zu schützen, sie diene nicht dazu, die ÖVP vor Ermittlungen zu schützen, so Maurer sinngemäß.

Wöginger lässt Kritik abperlen

Die ÖVP ließ Maurers Worte abperlen. Klubchef Wöginger meinte in einer schriftlichen Stellungnahme: „Wir bekämpfen gerade gemeinsam eine Pandemie und arbeiten parallel das gemeinsame Regierungsprogramm Schritt für Schritt ab.“ Neben guten Krisenmaßnahmen wie den Wirtschaftshilfen und der Verlängerung der Kurzarbeit arbeite man auch an anderen Projekten, zum Beispiel am Transparenz- und Informationsfreiheitspaket. Darüber hinaus sei nun eine schnelle Reform der Justiz mit der Schaffung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts an der Spitze notwendig.

ÖVP-Anfrage eingebracht

Die ÖVP machte auch ihre Ankündigung wahr und brachte eine parlamentarische Anfrage zur Hausdurchsuchung bei Blümel an das Justizministerium ein. Unter anderem wird gefragt, auf welche Unterlagen, Informationen oder Hinweise der Antrag auf Hausdurchsuchung gegründet war und ob geprüft wurde, ob eine Novomatic-Spende an die ÖVP tatsächlich stattgefunden hat.

So soll das Justizministerium etwa kundtun, ob die veröffentlichten Spendeninformationen eingesehen bzw. bei allfälligen Spendenempfängern nachgefragt wurde. Überhaupt wüsste man gerne, welche Verdachtsmomente dazu geführt hätten, dass Blümel als Beschuldigter geführt wird. Die WKStA prüft ja, ob es Spenden für politische Gefälligkeiten gegeben hat.

Immer wieder nachgebohrt wird in der parlamentarischen Anfrage auch, warum es so lange von der Genehmigung der Hausdurchsuchung bis zu ihrer Durchführung gedauert hat und wann die Oberstaatsanwaltschaft in der Angelegenheit informiert wurde.

„Ibiza“-U-Ausschuss offenbar früher informiert

Nach Recherchen der ZIB2, übermittelte die Oberstaatsanwaltschaft dem „Ibiza“-U-Ausschuss die Akten, in denen Blümels Beschuldigtenstatus aufschien, offenbar bereits am 29. Jänner. Kogler erfuhr erst via Twitter Dienstag vergangener Woche davon, teilt er gegenüber der ZIB2 mit. Es sei richtig, dass die Akten bereits früher übermittelt worden seien. Früher habe es Kritik gegeben, nun übermittle die Justiz dem U-Ausschuss die Unterlagen immer so rasch wie möglich.

Wie überraschend war die Hausdurchsuchung?

Wer wusste wann was von den Ermittlungen gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP)?

Kogler fand auch nichts daran auszusetzen, dass Blümel mehrere Wochen nicht von der Justiz informiert wurde. Das sei nach dem Leak nachgeholt worden. „Ein solcher Umstand“ sei ihm nicht bekannt, antwortete Kogler auf die Frage, ob die WKStA auch gegen Kurz ermittle.

Dementi von Kurz und Blümel

Blümel dementierte Ende vergangener Woche mehrfach die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, wonach sich die Novomatic gegen Spenden an die ÖVP eine Gefälligkeit erkauft habe. In einer eidesstattlichen Erklärung betonte er, dass von der Novomatic in seiner Zeit weder Spendengelder an die ÖVP Wien noch an ÖVP-nahe Vereine geflossen seien. „Ich will und muss Verleumdungen entgegentreten“, sagte Blümel.

Am Montag nahm auch Kanzler Kurz erstmals Stellung zu den Vorwürfen. Diese seien „falsch“. Es habe keine Spenden an die Bundes- und Wiener Landes-ÖVP gegeben. Zudem habe es eine Verwechslung gegeben. Er sei Sebastian und nicht Martina Kurz (Anm. Schwiegertochter von Novomatic-Eigentümer Johann Graf, Aufsichtsrätin). Schon am Wochenende war die ÖVP in die Offensive gegangen und hatte Klagen in 13 Fällen wegen Beleidigung und übler Nachrede angekündigt.

Hofer sieht Van der Bellen gefordert

Für Hafenecker ist es unverständlich, dass nach wie vor nur SMS-Nachrichten und andere Chats von Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann öffentlich würden, keine jedoch von Blümel oder Kurz. Es sei nun daher höchste Zeit, dass auch Kalendereinträge aus dem Kanzleramt dem „Ibiza“-U-Ausschuss übermittelt werden.

FPÖ-Obmann Norbert Hofer sieht nun Bundespräsident Alexander Van der Bellen gefordert. Dieser müsse das Kabinett Kurz abberufen und durch eine Expertenregierung ersetzen. „Tiefste Verstrickungen des ÖVP-Kanzlers mit dem Geschäftsführer des Glücksspielkonzerns Novomatic“ ortet auch FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz.

Novomatic hat Besuch von Steuerprüfern

Unterdessen findet bei Novomatic in Niederösterreich und seinen rund 20 österreichischen Tochterunternehmen derzeit eine Steuerprüfung im Auftrag der WKStA statt. Das berichtete der „Standard“ am Dienstag. Ein Novomatic-Sprecher bestätigte die steuerliche Betriebsprüfung gegenüber der Zeitung. Es sei „völlig üblich, dass Konzerne regelmäßig und durchgängig geprüft werden, so auch Novomatic“.

Ein Anlass der Prüfung sind laut „Standard“ die Schenkungen von Novomatic-Gründer Graf. Zwischen April 2009 und März 2020 hat er früheren Medienberichten zufolge der Finanz 157 Schenkungsverträge gemeldet, bedacht hat er Verwandte, Freunde und Ex-Mitarbeiter. Die WKStA ermittelt gegen 21 Personen und einen Verband wegen Verdachts auf Abgabenhinterziehung, wie im August des Vorjahres bekanntwurde. Sie alle weisen die Vorwürfe zurück.

Laut Gutachten des Wirtschaftsprüfers KPMG, das Graf vorlegte, stammt das Geld aus versteuerten Gewinnausschüttungen, die von 2009 bis 2019 rund 271 Mio. Euro betrugen und von denen er nach Steuern rund zwei Drittel verschenkt habe, das wären also rund 130 Mio. Euro. Abseits dessen sollen sich die Steuerprüfer unter anderem für von der Novomatic beantragte Forschungsprämien interessieren, berichtete der „Standard“. Mit der Prämie können Unternehmen 14 Prozent ihrer jährlichen Forschungs- und Entwicklungskosten geltend machen, der Staat möchte so die Forschungsaktivitäten ankurbeln.