Ehemaliger US-Präsident Donald Trump und Top-Republikaner Mitch McConnell
APA/AFP/Brendan Smialowski
Grabenkampf

Trump greift McConnell frontal an

Der Richtungskampf innerhalb der Republikanischen Partei eskaliert nach der Niederlage von Ex-Präsident Donald Trump und dem zweiten Anklageverfahren gegen ihn vor dem Senat. Trump befeuert mit einer Tirade gegen den Toprepublikaner Mitch McConnell den Grabenkampf in seiner Partei und versucht, diese in seine Richtung zu ziehen.

In einer Mitteilung – auf Twitter ist er ja gesperrt – machte Trump unmissverständlich klar, dass er für die Zukunft der Republikaner schwarzsehe, sollten sie an McConnell als führender Figur der Partei festhalten. Außerdem machte er ihn mit persönlichen Angriffen nieder.

„Die Republikanische Partei kann mit politischen ‚Anführern‘ wie Senator Mitch McConnell an der Spitze nie wieder respektiert werden oder stark sein“, so Trump am Dienstag (Ortszeit): „Wenn die republikanischen Senatoren an ihm festhalten, werden sie nicht wieder gewinnen. Er wird niemals tun, was getan werden muss oder was für unser Land richtig ist.“

„Politischer Nichtsnutz“

Trump bescheinigte McConnell – der seit 36 Jahren im Senat sitzt – fehlendes politisches Verständnis, zudem mangle es ihm an Weisheit, Geschick und Persönlichkeit. Er beschimpfte McConnell als „übellaunig“ und als „politischen Nichtsnutz“ und drohte, parteiinterne Rivalen McConnells zu unterstützen. Der „New York Times“ zufolge soll eine ursprüngliche Version der Mitteilung noch drastischer gewesen sein. Trump habe auch die Idee gehabt, eine Pressekonferenz abzuhalten.

Trumps Aussagen erinnern an jene, die er im Vorfeld der Erstürmung des Kapitols durch einen rechten Mob, damals noch via Twitter und in öffentlichen Auftritten, veröffentlichte. Damals warf er hohen republikanischen Funktionären, darunter seinem Vize Mike Pence, Schwäche und Versagen vor, weil sie die Bestätigung des Wahlergebnisses und damit von Trumps Niederlage nicht verhinderten, und rief seine Anhängerschaft zu Protesten gegen „schwache“ republikanische Kongressabgeordnete auf.

Jahrelang mächtiger Alliierter

McConnell war in den vergangenen Jahren der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat und einer der mächtigsten Verbündeten Trumps. Nach der gewaltsamen Erstürmung des US-Kapitols durch aufgestachelte Trump-Anhänger kam es jedoch zum Bruch zwischen den beiden. Parallel tobt innerhalb der Partei seit der Abwahl Trumps bei der Präsidentenwahl im November ein Streit über die zukünftige Ausrichtung der Partei, die nicht nur das Weiße Haus, sondern auch die Kontrolle über den Senat an die Demokraten verlor.

Trumps schriftliche Abrechnung mit McConnell kommt wenige Tage nach dem Ende des zweiten Amtsenthebungsverfahrens im Senat, das die Demokraten nach dem Angriff der Trump-Anhänger auf das Kapitol angestoßen hatten. Sie wollten den ehemaligen Präsidenten wegen „Anstiftung zum Aufruhr“ zur Verantwortung ziehen und hatten darauf gehofft, im Falle einer Verurteilung eine Ämtersperre gegen ihn zu verhängen. Das hätte Trump eine Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2024 unmöglich gemacht, über die immer wieder spekuliert wird.

McConnells Aufruf zu Strafverfahren gegen Trump

McConnell gehört zur großen Mehrheit jener republikanischen Senatoren, die am Samstag gegen eine Verurteilung Trumps stimmten. Das Verfahren endete mit einem Freispruch. McConnell und mehrere Parteikollegen bewerteten das Verfahren als verfassungswidrig, da es sich gegen einen Ex-Präsidenten richtete. McConnell gab Trump trotzdem unlängst eine Mitschuld an dem Angriff auf den Kongress. Am Samstag sagte er, dass Trump „praktisch und moralisch“ dafür verantwortlich sei. In einem Beitrag für das „Wall Street Journal“ bekräftigte er das am Montag.

Nach dem Freispruch hatte McConnell quasi dazu aufgerufen, dass wegen des Angriffs auf das Kapitol vor Gericht gegen Trump vorgegangen werden sollte. „Wir haben eine Strafjustiz in diesem Land, wir haben Zivilklagen – und frühere Präsidenten sind gegen keines von beiden immun“, hatte er gesagt.

Erstmals in Klage zitiert

Zitiert wurde dieser Satz nun in einer Mitteilung zu einer Klage, die der demokratische Parlamentarier Bennie Thompson aus dem US-Bundesstaat Mississippi am Dienstag bei einem Gericht in der Hauptstadt Washington gegen Trump und andere einbrachte. Darin wirft er Trump, dessen Anwalt Rudy Giuliani sowie mehreren extremistischen Gruppen vor, sie hätten gemeinsam ein Komplott geschmiedet, um die gewaltsamen Ausschreitungen anzuzetteln und so die offizielle Bestätigung von Trumps Wahlniederlage im US-Kongress zu stoppen.

Trump-Anhängerinnen und -Anhänger hatten am 6. Jänner gewaltsam das Kapitol gestürmt, während der Kongress dort tagte, um den Ausgang der Präsidentschaftswahl zu zertifizieren. Trump hatte seine Unterstützer kurz zuvor bei einer Kundgebung mit der mehrfach widerlegten Behauptung aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg gestohlen worden wäre.

Biden ist seines Vorgängers müde

Biden machte am Dienstagabend (Ortszeit) deutlich, dass er sich nicht länger mit seinem Vorgänger beschäftigen will. „Ich bin es leid, über Trump zu reden“, sagte der 78-Jährige bei einer vom Sender CNN übertragenen Fragestunde mit Bürgern in Milwaukee im Bundesstaat Wisconsin. Vier Jahre lang seien die Nachrichten von Trump dominiert worden, das solle sich jetzt ändern. Er wolle dafür sorgen, dass während seiner Amtszeit das amerikanische Volk im Mittelpunkt stehe.