Ein Mann nimmt an einem Wohnzimmertisch an einer Videokonferenz teil
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Homeoffice-Gesetz

„Rundes Paket“, aber Ruf nach Korrekturen

Seit Dienstag ist das Homeoffice-Gesetz in Begutachtung – in einer sehr kurzen: Bis Freitag können auf der Website des Parlaments Stellungnahmen eingereicht werden. Mit einem Beschluss im Nationalrat ist allerdings erst im April zu rechnen. Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaft begrüßen die Schaffung von Rechtssicherheit, sehen aber „unnötige Patzer“.

Die kurz gehaltene Begutachtungsfrist wurde von ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher damit begründet, dass das Gesetz möglichst schnell umgesetzt werden müsse. Man habe aber im Vorfeld zahlreiche Gespräche mit den Sozialpartnern geführt und werde auch die Stellungnahmen berücksichtigen. Dass es trotzdem noch dauern wird, bis das Gesetz steht, sei notwendigen Ausschusszuweisungen geschuldet.

AK-Direktor Christoph Klein sprach am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal von einem „schönen, runden Paket, das da Bundesregierung und Sozialpartner gemeinsam geschnürt haben“. Es gebe „halt zwei unnötige Patzer auf dem Paket“, sagte Klein, bei denen man hoffe, „dass das Finanzministerium noch ein Einsehen hat“.

42 Tage als entscheidender Wert

Für steuerliche Vorteile bei Anschaffungen für das Homeoffice soll man dem derzeitigen Plan zufolge 42 Tage im Jahr im Heimbüro arbeiten, um diese zu genießen. Aber das könne sich schwer ausgehen mit Feiertagen und Urlaubszeiten, kritisierte Klein. „Vereinbart war eigentlich zwischen Sozialpartnern und Regierung gar keine Tagesbegrenzung“, so Klein.

Anhand eines Arbeitnehmers, der jeweils montags im Homeoffice arbeitet, rechnete Klein vor: 52 Montage minus fünf bis sechs, die man im Urlaub verbringt, und vier, die zufällig Montag-Feiertage sind, dann sei man schon an der Grenze. Kämen dann Krankenstände und Fortbildungen oder vielleicht ein Mutterschutz dazu, seien die 42 Tage nicht zu erreichen und der Steuervorteil sofort verloren. „Wir brauchen eine weniger starre Regelung“, forderte Klein, „auch wenn 42 Tage grundsätzlich okay sind.“

Abweichungen von Sozialpartnerbeschluss

Ein weiterer „Patzer“ seien die Absetzmöglichkeiten, die über die Jahre bis 2023 abschmelzen, so Klein. Es handle sich um eine Ungleichbehandlung, je nachdem, wann man ein Büromöbel kaufe. Klein: „Stellen Sie sich einen technischen Zeichner vor, der kauft sich um 900 Euro einen höhenverstellbaren Tisch. Wenn er den im Jahr 2020 gekauft hat, kann er drei Jahre hindurch 900 Euro tatsächlich voll absetzen. Kauft er ihn im Jahr 2022, hat er nur mehr die Möglichkeit, für 600 Euro den Steuervorteil zu lukrieren, im Jahr 2023 nur mehr 300 Euro.“ Eine solche Regelung wäre „völlig unsachlich und ungerecht“, so Klein.

Ähnliche Kritik wie die AK hatte am Vortag schon die Gewerkschaft GPA geäußert. Vorsitzende Barbara Teiber begrüßte zwar, dass durch die Gesetzeswerdung Rechtssicherheit hergestellt werde. Aber: „Umso bedauerlicher ist es, dass steuerliche Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen von der Sozialpartnereinigung abweichen.“ Auch die GPA stößt sich an der 42-Tage-Bestimmung, „eine schriftliche Homeoffice-Vereinbarung muss aus Gewerkschaftssicht als Grundlage für die Geltendmachung reichen“, so die GPA.

„Prohibitive“ Definition von Homeoffice

Als „ersten Schritt in die richtige Richtung, aber keinen großen Wurf“ bewertete Steuerberater Peter Wundsam von dem Prüfungs- und Beratungsunternehmen Mazars das geplante Gesetz. Doch auch er sieht dabei Haken: Durch die weiterhin „geradezu prohibitive“ steuerliche Definition des Arbeitszimmers würden freie Dienstnehmerinnen und Gewerbetreibende gar nicht vom Gesetz profitieren. Im Entwurf heißt es dazu: „Arbeit im Homeoffice liegt vor, wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer Arbeitsleistungen in der Wohnung erbringt.“ Dazu soll die Privatwohnung, der Nebenwohnsitz aber auch eine Wohnung eines nahen Angehörigen oder Lebensgefährten zählen. Telearbeit beispielsweise von einer Parkbank aus ist davon nicht umfasst.

Dazu komme, sagte der Steuerberater, dass der drei Euro hohe Pauschalbetrag pro Tag Homeoffice (für maximal 100 Tage) die tatsächlichen, anteiligen Mehrkosten für Miete, Heizung und Strom nicht abdecken würden. Und: Da Arbeitgeber die Homeoffice-Tage der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erfassen müssen, komme es zu einem Mehraufwand in der Lohnverrechnung.

Entwicklung ohne Umkehr

Wie das Arbeitsministerium mitteilte, soll eine Evaluierung des geplanten Gesetzes nach zwei Jahren erfolgen. Dass das Thema dann bereits vom Tisch ist, ist nicht anzunehmen – die Art zu arbeiten dürfte sich für viele nachhaltig verändert haben. Wie eine von Integral im Jänner durchgeführte Umfrage unter rund 1.000 Österreichern und Österreicherinnen ergab, arbeiten 35 Prozent zumindest gelegentlich von daheim, das sei jede und jeder zweite Berufstätige, sagte Marktforscherin Petra Starecek am Mittwoch. Sieben Prozent sagten, sie arbeiten nur noch im Homeoffice, bei weiteren zwölf Prozent überwiegt das Arbeiten von zu Hause. Von jenen, die bereits im Homeoffice arbeiten, gaben über 70 Prozent an, das auch 2021 beizubehalten.

Auch international gehen Unternehmensberater davon aus, dass die Pandemie starke und nachhaltige Auswirkungen auf die Zukunft der Arbeit haben wird. So werde sich Remote Work – also das Arbeiten nicht nur von zu Hause, sondern von überall – durchsetzen, gleichzeitig nehme selbstständiges und auftragsbezogenen Arbeiten – Stichwort „Gig Work“ – zu. In dem McKinsey-Report, der am Donnerstag veröffentlicht werden soll, warnen die Autoren und Autorinnen aber vor großen Arbeitsplatzverlusten in Berufen mit niedrigen Gehältern.