Polizei vor einem Verwaltungsgebäude von Lidl in Neckarsulm
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Deutsche Polizei jagt Serientäter

Lebensmittelfirmen Ziel von Briefbomben

Der deutsche Lebensmittelhandel wird von einer Briefbombenserie heimgesucht. Zwei Bomben gingen diese Woche hoch, eine dritte wurde abgefangen. Eine hundertköpfige Sonderkommission ermittelt auf Hochtouren. Zum Motiv gibt es bisher keine Erkenntnisse.

Am Dienstag explodierte beim Getränkehersteller ADM Wild in Eppelheim, der unter anderem Capri-Sonne produziert, eine Paketbombe. Ein Mitarbeiter erlitt ein Knalltrauma, als er in der Warenannahme das Paket annahm. Einen Tag später wurde die Zentrale der Handelskette Lidl in Neckarsulm Ziel einer Briefbombe. Bei dieser Detonation wurden drei Menschen leicht verletzt. Beide Firmen befinden sich in Baden-Württemberg. Alle Verletzten wurden mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen.

Am Donnerstag fing die Polizei schließlich eine dritte explosive Sendung ab. Diese war im Flughafen München entdeckt worden und an den Babynahrungshersteller Hipp mit Sitz in Bayern adressiert gewesen. Wie die „Bild“-Zeitung schrieb, sei der Zoll nicht etwa durch Zufall auf das Paket mit dem gefährlichen Inhalt gestoßen, vielmehr habe es einen Tipp des Landeskriminalamts (LKA) Baden-Württemberg gegeben. Offenbar war es gemeinsam mit den Sendungen an die baden-württembergischen Firmen an einer Postannahmestelle abgegeben worden.

Polizei geht von Serientäter aus

Die Polizei geht von einer Serientat aus. „Es ist ein Zusammenhang anzunehmen zwischen diesen drei Päckchen“, sagte die baden-württembergische Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz am Freitag in Stuttgart. Die drei Sendungen trugen fiktive Absender. Ein Bekennerschreiben war am Freitag nicht eingegangen. Es sei aber nicht auszuschließen, dass dies noch komme, nachdem ein gewisser Druck aufgebaut worden sei, hieß es. Bisher liege das Motiv völlig im Dunkeln.

Feuerwehr vor einem Verwaltungsgebäude von Lidl in Neckarsulm
APA/dpa/Sebastian Gollnow
Im Lidl-Verwaltungsgebäude in Neckarsulm explodierte eine Bombe

Auch Landesinnenminister Thomas Strobl zeigte sich überzeugt: „Ich habe schon nach dem zweiten Fall eine Vermutung gehabt und habe sie nach dem dritten Fall auch.“ Derzeit prüften Spezialistinnen und Spezialisten sämtliche Spuren an den Tatorten sowie an der entschärften Sendung, um möglichst rasch dem Täter, der Täterin oder den Tätern auf die Spur zu kommen. Das LKA Baden-Württemberg, das gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Heidelberg die Ermittlungen führt, richtete eine Sonderkommission mit mehr als hundert Beamtinnen und Beamten ein.

Lebensmittelverband ruft zu Vorsicht auf

Die Lebensmittelbranche sei sehr emotionaler Kritik ausgesetzt, der an Hass grenze. Dieser äußere sich in Sozialen Netzwerken, E-Mails und Drohanrufen. Da werde auf die Lebensmittelindustrie „eingedroschen“, sagte ein Sprecher des deutschen Lebensmittelverbands. Das sei in dieser Woche wieder sehr akut gewesen. Aber man vertraue auf die Ermittlungsarbeit der Polizei. „In der Vergangenheit wurden Briefbombenattentäter fast immer dingfest gemacht“, so der Verbandssprecher.

Nach den Explosionen rief der Branchenverband seine Mitglieder zu erhöhter Wachsamkeit auf. „Wir haben sie informiert, auf was bei der Paketannahme geachtet werden muss“, sagte der Verbandssprecher. Die Poststellen sollen Sendungen aussortieren, wenn sie keinen bekannten Absender haben, Unebenheiten aufweisen oder ungewöhnlich schwer sind. Der Verband vertritt die Interessen von etwa 500 Mitgliedern vom Erzeuger über den Handel bis zu Gastronomie und Transportfirmen.