Aktenstapel
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Entwurf steht

Regierung einig bei Aus für Amtsgeheimnis

Die Koalition hat sich auf ein Informationsfreiheitspaket verständigt. Laut einer der APA vorliegenden Punktation soll das Amtsgeheimnis abgeschafft werden. Das Paket, um das seit Jahren gerungen wird, soll für acht Wochen in Begutachtung gehen. Damit müsste sich ein Beschluss noch vor dem Sommer ausgehen.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) sprach von einem „ambitionierten und zugleich ausgewogenen Paket“. Der aktuell für die Justiz zuständige Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) betonte die Balance zwischen dem Schutz sensibler Daten und dem Recht auf Information.

Grundsätzlich ist gemäß der Punktation vorgesehen, dass die auskunftgebende Stelle bis zu vier Wochen Zeit hat, die Anfrage zu beantworten, bei schwierigeren Auskünften oder Abwägungen acht Wochen. Für den Bürger soll die Anfrage gebührenfrei sein.

Mehrere Ausnahmen

Ganz fix ist es freilich nicht, dass er eine Antwort bekommt. Denn es werden Ausnahmen vorgesehen, dann nämlich, wenn die Geheimhaltung „erforderlich und verhältnismäßig ist“. Als Beispiele angeführt sind Fragen der nationalen Sicherheit und personenbezogene Daten, aber auch die „Vorbereitung von Entscheidungen“. Der Rechtsschutz soll durch die Verwaltungsgerichte abgesichert werden. Die Datenschutzbehörde soll als eine Service- und Informationsstelle für alle Behörden und Einrichtungen dienen.

Informationsregister vorgesehen

Eingerichtet werden soll zudem ein Informationsregister. Informationen eingeholt werden können praktisch aus dem gesamten Amtsbereich und der Selbstverwaltung sowie von Unternehmen, die der Rechnungshof-Kontrolle unterliegen. Ausgenommen wurden jedoch börsennotierte Betriebe.

Mehr Befugnisse erhält dabei der Rechnungshof. Bisher konnte er nur Betriebe prüfen, an denen die öffentliche Hand zumindest zu 50 Prozent beteiligt war. Diese Schwelle sinkt nun einem langjährigen Wunsch des Rechnungshofs folgend auf 25 Prozent.

Bundesregierung schafft offenbar Amtsgeheimnis ab

ÖVP und Grüne haben sich auf ein Informationsfreiheitspaket verständigt. Es war schon früher angekündigt, aber nun könnte es anscheinend tatsächlich kommen. Damit würde das Amtsgeheimnis abgeschafft. Bürger bekommen in Zukunft klare Auskünfte von öffentlichen Einrichtungen, Behörden und Gerichten. Ausnahmen wird es bei der nationalen Sicherheit und personenbezogene Daten geben.

Studien nicht mehr für Schublade

Informationen von allgemeinem Interesse sind in einer für jedermann zugänglichen Art und Weise proaktiv zu veröffentlichen. Das gilt insbesondere für Studien, Gutachten, Stellungnahmen und Verträge ab einem Wert von 100.000 Euro.

Änderungen kommen auf den Verfassungsgerichtshof zu. Nicht nur, dass eine Cooling-off-Periode eingeführt wird, soll es auch die Möglichkeit von Sondervoten bei der Gerichtsentscheidung geben – das heißt eine Veröffentlichung abweichender Meinungen einzelner Richter.

Auf EU-Ebene gibt es seit Längerem eine Auskunftspflicht. Dort zeigt sich, dass in der Praxis die Interpretation der Behörden unterschiedlich sein kann und es nicht zuletzt darauf ankommt, dass ausreichend Ressourcen für die Bearbeitung und Beantwortung von Anfragen bereitgestellt werden.

Im Koalitionsabkommen vereinbart

Sowohl das Informationsfreiheitsgesetz wie eine Reform des Parteiengesetzes wurden von ÖVP und Grünen im Koalitionspakt vereinbart, im ersten Jahr hatte es aber – zumindest auch pandemiebedingt – in den Fragen keinen Fortschritt gegeben. Dabei hatten die Grünen die Umsetzung für 2020 angekündigt gehabt. Und nun ging es überraschend schnell. Zuletzt hatten die Grünen die Vorlage eines Gesetzesentwurfs für beide Vorhaben im Zuge des von der Opposition eingebrachten Misstrauensantrags gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) angekündigt.

Die Grünen stimmten letztlich gegen den Misstrauensantrag. Wenige Tage zuvor war bekanntgeworden, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Blümel ermittelt und bei diesem eine Hausdurchsuchung stattgefunden hatte. Die Opposition hält Blümel seither nicht mehr als Finanzminister für tragbar und fordert seinen Rücktritt. Für Blümel, der alle Verdachtsmomente – konkret geht es um mögliche Parteispenden durch den Glücksspielkonzern Novomatic – bestreitet, gilt die Unschuldsvermutung.

Grüne: Parteiengesetz bis Ende März

Noch am Donnerstag hatte sich die ÖVP in Sachen Informationsfreiheits- und Parteiengesetz nicht auf konkrete Termine festlegen wollen. Das Informationsfreiheitsgesetz kündigte die grüne Klubchefin Sigrid Maurer dabei noch für Ende nächster Woche an, nun ging es schneller. Ein zwischen ÖVP und Grünen akkordierter Entwurf für eine Reform des Parteiengesetzes soll nach Angaben des Grünen Klubs dann bis Ende März stehen. ÖVP-Klubobmann August Wöginger wollte seinerseits aber keinen Zeitplan nennen.

Während der Entwurf für das Informationsfreiheitsgesetz zwischen Verfassungs- und Justizministerium besprochen wird, wird die Reform der Transparenzregeln für Parteien im Parlament verhandelt. Wie lang man dafür noch braucht, wollte Wöginger bei einer Pressekonferenz am Donnerstag nicht sagen. Man bemühe sich, schrittweise Punkte aus dem Regierungsprogramm abzuarbeiten, derzeit arbeite man aber vorrangig an der Bekämpfung der CoV-Pandemie, sagte er und blieb dabei vage. Nach einer koalitionsinternen Einigung sind – wegen der nötigen Zweidrittelmehrheiten – Gespräche mit der Opposition geplant.

NEOS: Möglich, „wenn ÖVP unter Druck gerät“

Als erste Oppositionspartei reagierte NEOS. Deren Verfassungssprecher Nikolaus Scherak begrüßte grundsätzlich die Einigung und nannte es „bemerkenswert, wie viel in Österreich plötzlich möglich scheint, wenn die ÖVP unter Druck gerät und von sich selbst und ihren Problemen ablenken muss“. Man werde den Entwurf, sobald er auch der Opposition vorliege, „konstruktiv-kritisch“ prüfen.