Djordje Balasevic
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Jugoslawiens Bob Dylan

Djordje Balasevic ist tot

Der serbische Liedermacher und Balladensänger Djordje Balasevic ist einer CoV-Infektion erlegen. Der 67-Jährige, gern auch als „Jugoslawiens Bob Dylan“ bezeichnet, war einer jener Künstler, der auch nach dem blutigen Zerfall Jugoslawiens Fans in allen ehemaligen Landesteilen hatte.

Balasevic, der sich selbst ironisch als „pannonischer Matrose“ bezeichnete, starb im Alter von 67 Jahren im Spital seiner Geburtsstadt Novi Sad, berichtete das staatliche Fernsehen RTS. Balasevic begann seine Karriere noch im ehemaligen Jugoslawien. Sein Eintreten gegen den Nationalismus und seine humanistischen Botschaften bewirkten, dass er über Serbien hinaus auch in den anderen jugoslawischen Nachfolgestaaten populär blieb.

Ganz besonders in Erinnerung bleiben wird wohl Balasevics erster Auftritt in Sarajewo nach der serbischen Belagerung der Stadt, die so viel Leid verursachte. Er entschuldigte sich bei seinen zwei Konzerten dort bei den Fans. Er schäme sich, dass er so lange weggeblieben sei. Dem begeisterten Publikum sagte er: „Jahrelange waren wir Zeugen, wie viel Leidenschaft wir darauf verwendet haben, uns zu hassen. Und jetzt sind wir Zeugen, wie sehr wir einander lieben.“

„Jugoslawiens Bob Dylan“

Balasevic wurde gern als „Jugoslawiens Bob Dylan“ tituliert. Seine Beliebtheit rührt einerseits von seinen klaren politischen Standpunkten, andererseits davon, dass er ein einfacheres, romantisches Leben besang. Auf seinem Album „Panta Rei“ von 1988 besang er im Song „Requiem“ den Tod von Staatsgründer Josip Broz Tito. Auf dem gleichen Album karikierte er im Song „Soliter“ Jugoslawien als Gebäude, von dem nur die Fassade noch steht, während die Fundamente bereits wegrutschen.

Unerbittlicher Gegner von Milosevic

Unerbittlich war seine Gegnerschaft zum serbischen Autokraten und Kriegsherrn Slobodan Milosevic (1941–2006). Während dessen Herrschaft, die 2000 mit einem Umsturz endete, weigerte sich Balasevic, in Serbien aufzutreten. Für die serbischen Bürgerinnen und Bürger, die 1996 noch vergebens gegen Milosevic demonstrierten, komponierte er die Hymne „Slobodane! Sloboda-ne!“ (Dt.: „Oh Slobodan, keine Freiheit“).

In den Sozialen Netzwerken reagierten zahlreiche Fans von Balasevic tief berührt auf die Todesnachricht. „Nur ganz wenige Künstlerinnen und Künstler wurden im ehemaligen Jugoslawien von allen geliebt. Balasevic war einer von ihnen.“

„Er ist für viele Menschen auf dem Balkan und in der Welt der wichtigste Mensch.“

Ironie und Menschlichkeit

Musikalisch mischte Balasevic, der vom Pop-Rock kam, in seiner Solokarriere vor allem Elemente des französischen Chanson, von Volks- und Countrymusik mit Rockelementen. Seine poetischen Texte durchzog häufig eine feine Ironie, die aber zugleich die dahinterstehende humanistische Haltung nie verleugnete. Mit Balladen wie „Jesen stize, dunjo moja“ (Dt.: „Es kommt der Herbst, meine Quitte“), „Ne volim januar“ (Dt.: „Den Jänner mag ich nicht“) und „Prica o Vasi Ladackom“ (Dt.: „Die Geschichte von Vasa Ladacki“) begeisterte er Generationen von Fans.

„Pannonischer Matrose“

Eng verbunden blieb er seiner nordserbischen Heimatregion Vojvodina mit der Hauptstadt Novi Sad und ihrem toleranten und kosmopolitischen, vom Zusammenleben vieler Nationalitäten geprägten Geist. Gerne inszenierte er sich – auch das mit feiner Ironie – als „pannonischer Matrose“, als Freigeist, der über die endlosen Ebenen der mitteleuropäischen Binnenlandschaft Pannonien zieht, die Teile Kroatiens, Sloweniens, Ungarns und Serbiens umfasst.

Balasevic lebte in Novi Sad im selben Haus, in dem er aufgewachsen war. Er hinterlässt seine Frau Olivera und drei Kinder. Er starb laut Medienberichten an den Folgen einer Lungentzündung, die von einer CoV-Infektion ausgelöst worden war.