Müllberg in Malaysia
Greenpeace Germany/Nandakumar S. Haridas
Nach Malaysia verschifft

Illegaler Müll zurück in Österreich

Jene 100 Tonnen nicht recyclebarer Plastikmüll, die Österreich nach Malaysia verschifft hatte, sind rund vier Monate nach Bekanntwerden der Vorfälle wieder am Bahnhof in Enns in Oberösterreich angekommen. Die Behörden kündigten am Montag rasche Untersuchungen an. Die Umwelt-NGO Greenpeace forderte unterdessen ein weitreichendes Verbot für Müllexporte.

Ursprünglich waren es laut Greenpeace sogar über 700 Tonnen mit Chemikalien belasteter Plastikmüll, der seinen Weg über Österreich nach Malaysia gefunden hatte. Doch teilweise wurde der Müll schon in Südostasien deponiert und konnte somit nicht mehr zurückgeschickt werden. Das Umweltministerium ließ die wenigen noch im Zoll verbliebenen Müllcontainer für eine Laboruntersuchung durch das Umweltbundesamt zurückführen.

Heimische Beamte des Umweltministeriums entnehmen nun Proben aus den Containern, die in den kommenden Wochen in einem Labor auf ihren Chemikaliengehalt untersucht werden sollen. Der übrige Müll soll wieder zurück zur FCC Mostviertel Abfall Service GmbH in Amstetten kommen, wo das Material ursprünglich als unbedenklich eingestuft und an die Beraterfirma Remaco weiterverkauft wurde. ORF.at hat berichtet.

FCC besteht in einer E-Mail an ORF.at am Montag darauf, dass die Firma „keinen kontaminierten Kunststoffabfall in Österreich weitergegeben“, direkt also keinen Müll nach Malaysia verkauft habe. Außerdem habe sich FCC sowohl bei den heimischen Behörden als auch bei ostasiatischen Recyclingunternehmen dafür eingesetzt, dass „eine Rückholung nach Österreich unbedingt stattfinden muss“, so das Unternehmen in der E-Mail an ORF.at.

„Ökologischer Skandal“

In den kommenden Tagen soll entschieden werden, in welcher heimischen Anlage der Müll umweltgerecht entsorgt wird. Greenpeace erwartet, dass das Ergebnis der Analyse über ein etwaiges Strafmaß für die am Export beteiligten österreichischen Unternehmen entscheiden werde und forderte rasche und transparente Aufklärung. Der Export von Abfällen in Staaten mit niedrigeren Umweltstandards als Österreich müsse verboten werden, so die Umweltschutzorganisation.

Müllcontainer werden in Österreich geöffnet

„Es ist ein ökologischer Skandal und Irrsinn, Abfälle über Zehntausende Kilometer aus Österreich in ein ärmeres Land mit niedrigeren Umweltstandards zu verschiffen“, kritisierte Lisa Panhuber, Konsumexpertin bei Greenpeace in Österreich. „Gerade aus Malaysia kennen wir viele Beispiele, wo die Verarbeitung oder Deponierung von importiertem Müll Menschen krank macht und Meere, Flüsse und die Natur verschmutzt.“

Sie forderte weiter: „Wir brauchen dringend strenge Kontrollen, die sicherstellen, dass Unternehmen Verantwortung für ihren Müll übernehmen und ihre Abfälle umweltverträglich in Österreich verarbeiten.“ Fachgerechte Entsorgung oder Verbrennung von Müll in Österreich ist aufgrund von Umweltauflagen und höheren Lohnkosten teuer, laut Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe zwischen 100 und 170 Euro pro verbrannter Tonne. Beim vorliegenden Fall wären das bis zu 120.000 Euro gewesen. Insgesamt wurden Greenpeace-Aufzeichnungen zufolge im Vorjahr 28 Container mit Plastikmüll illegal aus Österreich nach Malaysia exportiert.

Umweltministerium bestätigte Vorfälle

Greenpeace spielte ORF.at und der ZIB2 im Oktober 2020 Bilder und Videomaterial von Plastikmüll zu, der aus Österreich stammen und unter anderem geschredderte Elektro- und Elektronikgeräte beinhalten sollte. Ein Greenpeace-Mitarbeiter in Malaysia hatte die Müllcontainer in einem Recyclingunternehmen im Juli an Ort und Stelle gesichtet. Er hatte „Schwimmtests“ vorgenommen, die zeigten, welche Teile recycelbar sind und welche nicht – recycelbare Kunststoffe sollten oben schwimmen, doch in den Videos war zu sehen, dass nur sehr wenige Teilchen an der Oberfläche trieben.

Greenpeace-Schwimmtest von Plastikmüll

Ein Greenpeace-Mitarbeiter in Malaysia hat „Schwimmtests“ des Plastikmülls in Malaysia vorgenommen.

„Es handelt sich um Abfälle, die jedenfalls dem Verfahren der schriftlichen Notifizierung unterliegen“, gab anschließend Gernot Lorenz von der Sektion Abfallwirtschaft, Chemiepolitik und Umwelttechnologie letztes Jahr gegenüber dem ORF zu. Wenn ein Unternehmen solchen Abfall aus dem Land ausführen möchte, müsste es einen entsprechenden Antrag bei den Behörden stellen. Das sei in diesem Fall nicht passiert, so der Experte des Umweltministeriums.

Von Amstetten über Hamburg nach Kuala Lumpur

Insiderinformationen zufolge fand der Abfall seinen Weg von Niederösterreich mit dem Zug über Hamburg und dann via Schiff in die malaysische Hauptstadt Kuala Lumpur. Entsprechende Kennzeichnung an Containern sowie Lieferprotokolle, die ORF.at und der ZIB2 vorliegen, zeigen, dass österreichische Firmen in den Deal verwickelt waren.

Verschiedene Müllarten
Greenpeace Germany/Alex Stoneman
Mittels Proben soll nun festgestellt werden, welche chemischen Stoffe der zurückgeführte Müll enthält

Neben der FCC Mostviertel Abfall Service GmbH in Amstetten und Remaco sollen mindestens drei weitere Unternehmen und Zwischenhändler involviert gewesen sein. FCC zog nach Veröffentlichung der ORF-Berichterstattung im Oktober kurzzeitige personelle Konsequenzen. Gegen mindestens einen der Zwischenhändler wurde Anzeige erstattet.

Interpol warnt vor illegalem Müllhandel

Indes warnte die Internationale kriminalpolizeiliche Organisation (Interpol), dass immer mehr Plastikmüll weltweit illegal gehandelt und in Ländern des globalen Südens nicht fachgerecht entsorgt wird. Seit China 2018 die Einfuhr von Kunststoffmüll gestoppt hat, verlagerte sich die globale Plastikmüllentsorgung in südostasiatische Länder wie Malaysia.

Illegaler Plastikmüll zurück in Österreich

Mindestens vier Schiffscontainer mit kontaminiertem Kunststoffabfall sollen über Österreich illegal nach Malaysia verkauft worden sein. Das Umweltministerium holte die hundert Tonnen Plastikmüll nun zurück nach Österreich, um sie zu untersuchen.

Mit der EU-Kreislaufwirtschaftsstrategie versucht die Europäische Kommission zwar, die Müllmengen in der EU zu reduzieren. Um jedoch die neuen Recyclingvorgaben der EU ohne hohe Kosten zu erreichen, exportieren viele Unternehmen ihren Müll. Offiziell wurden 2019 aus der EU 1,7 Millionen Tonnen Plastikmüll exportiert – die inoffizielle Zahl wird von Greenpeace höher geschätzt. Die NGO fand heraus, dass Unternehmen in Asien und Afrika dafür mitunter falsche Zertifikate ausstellen, die vermeintlich bestätigen würden, dass der Müll dort recycelt würde.

Greenpeace pocht auf Wiederverwendung

Ein Teil landet jedoch auf illegalen Deponien. In Boden- und Wasserproben in der Nähe von illegalen Deponien in Malaysia fand Greenpeace 2019 giftige Substanzen wie Blei, Cadmium, Phthalate sowie bromierte und chlorierte Flammschutzmittel. Abgesehen von der strengeren Regulierung von Müllexport durch die heimische Regierung fordert Greenpeace daher auch, die heimischen Müllberge auf ein Minimum zu reduzieren, indem die Lebensdauer von Produkten drastisch verlängert werden soll.

„Produkte müssen so designt werden, dass sie keine Materialien enthalten, die nicht wiederverwendet oder wiederverwertet werden können“, so Greenpeace-Expertin Panhuber. „Das bedeutet zum Beispiel, dass weniger Chemikalien in Kunststoffen zugelassen werden sollen, dass wir Verpackungen wiederverwenden und Elektrogeräte reparieren können.“ Auch die grüne Umweltsprecherin Astrid Rössler ortete am Montag das „Wegwerfsystem“ als Ursache für derartige Machenschaften und trat für reparaturfähige Produkte als Lösung ein.