Inneres des Atomreaktors in Arak südlich von Teheran
APA/AFP/HO
IAEA

Übergangslösung in Atomstreit mit Iran

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) kann die Kontrollen des iranischen Atomprogramms vorerst fortsetzen. Das handelte IAEA-Chef Rafael Grossi bei einem Besuch in Teheran am Sonntag aus. Das Tauziehen um das Wiener Abkommen ist damit aber nicht beendet.

Grossi war am Wochenende in den Iran gereist, weil das Land eine Einschränkung der IAEA-Inspektionen der Atomanlagen angekündigt hatte. Hintergrund ist der Konflikt um das Wiener Atomabkommen mit dem Iran aus dem Jahr 2015. Das Abkommen zwischen dem Iran und den USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland sowie China sollte den Bau einer Nuklearwaffe verhindern, im Gegenzug sollten die Sanktionen gegen Teheran aufgehoben werden.

Die USA waren allerdings 2018 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump aus dem Deal ausgestiegen. Trump ließ zudem scharfe neuen Sanktionen gegen den Iran verhängen. Seit 2019 nahm dann auch der Iran Schritt für Schritt von dem Abkommen Abstand. Wiederholt verstieß Teheran gegen darin festgehaltene Abmachungen, etwa durch eine höhere Urananreicherung. Eine niedrige Urananreicherung und IAEA-Inspektionen zählten zu den Kernpunkten des Wiener Abkommens.

Drei Monate Zeit

Nun kann die Atomenergiebehörde die Kontrollen vorerst fortsetzen, wie Grossi am Sonntagabend nach seiner Rückkehr auf dem Wiener Flughafen sagte. „Wir haben ein vernünftiges Ergebnis“, so Grossi. Die Inspekteure hätten allerdings nicht den gleichen Zugang wie vorher. Er gehe trotzdem davon aus, dass sie ihren Aufgaben nachkommen könnten. Sie sollen verifizieren, ob das iranische Atomprogramm wie vereinbart nur für zivile Zwecke genutzt wird. Die technische Vereinbarung gelte vorerst für drei Monate, sagte Grossi. Er hoffe, dass bis dahin eine umfassendere Vereinbarung getroffen werden könne.

IAEA-Chef Rafael Grossi
Reuters/Lisi Niesner
IAEA-Chef Rafael Grossi

Die iranische Führung hatte vor Grossis Ankunft klargestellt, dass die Einschränkungen der IAEA-Inspektionen nicht ganz aufgehoben werden könnten. „Das ist ein Beschluss des Parlaments, den wir auch umsetzen müssen“, sagte Außenminister Dschawad Sarif dem Nachrichtensender Press TV am Sonntag. Demnach sollte die IAEA unter anderem keinen Zugang mehr zu dem Videomaterial der Überwachungskameras in den Atomanlagen haben.

Auch kurzfristige Kontrollen möglich

„Den Zugang zu den Videos erteilen wir erst dann wieder, wenn die USA ihre Verpflichtungen in dem Atomabkommen erfüllen und die Sanktionen aufheben“, sagte Sarif. Die IAEA hat in fast allen Anlagen Videokameras, um die Aktivitäten live zu verfolgen. Grossi bestätigte aber, dass die Zahl der Inspektoren im Iran gleich bleibt und auch kurzfristige Kontrollen weiter möglich seien.

Trumps Sanktionen haben das ölreiche Land in eine schwere Wirtschaftskrise gestürzt. Das könnte im iranischen Wahljahr auch innenpolitische Folgen haben. Daher besteht der Iran darauf, die Verstöße gegen die Atomauflagen nur zu beenden, wenn die USA Sanktionen aufheben.

Forderung nach Ende der Sanktionen

Die US-Regierung sah die Führung in Teheran am Zug, wie der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Jake Sullivan, am Sonntag dem Sender CBS News sagte. Der neue Präsident Joe Biden sei bereit, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, um mit den Iranern darüber zu reden, „wie wir wieder strenge Beschränkungen für ihr Atomprogramm bekommen“. Das Außenministerium in Washington hatte am Donnerstag Gespräche mit dem Iran angeboten. Der Iran habe auf das Gesprächsangebot noch nicht reagiert.

Außenminister Sarif lehnte am Sonntag erneut ein von der EU geplantes Treffen mit den USA ohne die Aufhebung der US-Sanktionen ab. „Die USA können nicht so ohne Weiteres zum Atomabkommen zurückkehren“, sagte Sarif dem Nachrichtensender Press TV.