Für große Wellen sorgt seit dem Wochenende in Israel ein neues Buch von Galia Oz. Die Tochter des 2018 verstorbenen Schriftstellers Amos Oz wirft ihrem Vater darin vor, sie in ihrer Kindheit regelmäßig körperlich und psychisch misshandelt zu haben. Die Familie – Amos Oz’ Witwe Nili und die Kinder Fania und Daniel – widersprachen der Darstellung von Galia Oz vehement.
Amos Oz ist weltweit der wohl bekannteste israelische Autor. Werke wie „Panther im Keller“, „Mein Michael“, „Black Box“ und „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ haben eine millionenfache Leserschaft gefunden. Er galt bis zu seinem Tod immer wieder als Favorit für den Literaturnobelpreis. Oz war zudem jahrzehntelang in der Friedensbewegung engagiert und legte immer wieder den Finger in offene Wunden der israelischen Gesellschaft.
„Mein Verbrechen war ich selbst“
Das Buch „Etwas, das sich als Liebe verkleidet“ der Filmemacherin und Kinderbuchautorin Galia Oz beginnt mit schweren Vorwürfen: „Mein Vater schlug, beschimpfte und erniedrigte mich in meiner Kindheit. Die Gewalt war kreativ: Er zerrte mich vom Innern des Hauses nach draußen. Er nannte mich Müll. Es war kein Kontrollverlust und nicht eine Ohrfeige ab und zu, sondern eine Routine sadistischen Missbrauchs. Mein Verbrechen war ich selbst, die Bestrafung hatte daher kein Ende. Er hatte das Bedürfnis sicherzugehen, dass ich breche.“
Seit Jahren war bekannt, dass die Beziehung zwischen Galia und ihrem Vater gestört ist, die Hintergründe wurden allerdings nie bekannt. Sichtbar wurde das auch beim Begräbnis des Schriftstellers. „Das Buch handelt von mir“, hielt Galia Oz fest. Sie betonte aber, dass sie kein Einzelfall sei und Gewalt in scheinbar funktionierenden Familien in der Gesellschaft kein Thema sei.
Familie: „Wir kannten einen anderen Vater“
Galias Schwester, die Autorin und Historikerin Fania Oz-Sulzberger, reagierte im Namen der restlichen Familie: „Wir, Nili, Fania und Daniel, kannten einen anderen Vater. Einen warmen, freundlichen, aufmerksamen Vater, der seine Familie liebte, voller Fürsorge und Hingabe. Die meisten Vorwürfe, die Galia jetzt gegen ihn erhebt, stehen im Widerspruch zu der starken Erinnerung, die sich unser ganzes Leben lang eingeprägt hat.“
Galia Oz hat vor sieben Jahren den Kontakt abgebrochen. Ihre damals erhobenen Vorwürfe hätten die gesamte Familie überrascht. „Auch wenn er (Amos Oz, Anm.) sich in ihren Vorwürfen nicht wiedererkannte, hat Vater es wirklich versucht, und er hoffte bis zum letzten Tag, mir ihr sprechen und sie verstehen zu können. Auch über die Dinge, die ihm und uns als das Gegenteil der Realität erschienen. Es scheint, dass Galias Schmerz echt und herzzerbrechend ist, aber wir erinnern uns anders. Völlig anders“, so Oz-Salzberger.
Die Witwe Nili beklagte gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Radiosender Kan Bet, dass ihre Tochter an die Öffentlichkeit ging. Die Vorwürfe bestritt sie vehement: „Mein ganzes Leben lang habe ich mich um meine Kinder gekümmert, und niemand hat meine Kinder schlecht behandelt. Ich weiß alles, was war. Und die Geschichte ist das Problem von der, die das geschrieben hat.“ Aber sie selbst habe nicht die Absicht, darüber in der Öffentlichkeit zu reden.