Corona-Teststraße
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Experte warnt

CoV-Entwicklung geht „sehr schnell“

Der Anstieg der CoV-Fallzahlen in Österreich beunruhigt Fachleute. Die Entwicklung gehe „sehr schnell“, sagte der Komplexitätsforscher Peter Klimek am Montag im Ö1-Morgenjournal. Sorge bereitet Klimek vor allem die stärkere Ausbreitung der Virusvariante B.1.1.7.

Klimek ist Teil des Covid-19-Prognosekonsortiums, das regelmäßig Berichte über die CoV-Situation in Österreich erstellt. In der Vorwoche habe man gleich zwei Berichte veröffentlicht, weil sich die Lage so schnell verändert habe. Ende der Woche habe man gesehen, „dass wir mit unserer Prognose Anfang der Woche zu optimistisch waren“, sagte Klimek. Die Entwicklung der Fallzahlen gehe „in der Tat sehr schnell“, so der Experte vom Complexity Science Hub Vienna (CSH).

In Österreich steigen die Fallzahlen und die tägliche 7-Tage-Inzidenz seit Tagen. Auch die effektive Reproduktionszahl stieg über den kritischen Wert von eins – das bedeutet, dass pro Fall statistisch mehr als eine weitere Neuansteckung ausgelöst wird.

Drei Gründe lassen sich Klimek zufolge dafür ausmachen: erstens die seit 8. Februar geltenden Lockerungen, zweitens die hohe Zahl der durchgeführten Tests und drittens die Virusvarianten, die auch in Österreich Fuß gefasst haben. Welcher Grund den jüngsten Anstieg wie stark bestimmt hat, ist laut Klimek noch nicht abschließend geklärt.

„Gegensteuern“ womöglich schon vor Ostern nötig

Was die Virusvarianten betrifft, sei vor allem mit der erstmals in Großbritannien entdeckten Mutante B.1.1.7 „die Pandemie nicht unter Kontrolle“, wie Klimek gegenüber Ö1 sagte. Die Fallzahlen mit dieser Variante „verdoppeln sich alle zwei bis vier Wochen momentan“. Im Burgenland liegt der Anteil der B.1.1.7-Fälle an den Neuinfektionen der vergangenen sieben Tage bei 75 Prozent, in Wien und Niederösterreich bei über 50 Prozent.

Peter Klimek vom Complexity Science Hub Vienna (CSH)
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Klimek zufolge könnte es noch vor Ostern notwendig werden, wieder schärfere Maßnahmen gegen CoV zu ergreifen

Wie das Wachstum konkret einzuschätzen ist, lässt sich laut Klimek aber noch nicht sagen. Man könne nur „Bandbreiten“ angeben. „Wenn wir da am unteren Rande der Wachstumsraten liegen, dann schaffen wir es vielleicht, uns irgendwie durchzuwurschteln. Wenn wir da am oberen Rand liegen, dann geht sich das nicht mehr aus“, so Klimek. Beide Szenarien seien im Moment „etwa gleich wahrscheinlich“. Im schlechteren Falle werde es schon vor Ostern nötig sein, mit härteren Maßnahmen gegenzusteuern, sagte Klimek.

Laut der aktuellen Risikoeinschätzung der Coronavirus-Kommission macht es die anhaltende Verbreitung der Virusvariante B.1.1.7 „sehr wahrscheinlich“, dass die Infektionsfälle „rasch steigen werden“, berichtete Ö1. Bis 1. März werde man besser beurteilen können, welche Faktoren sich wie stark auf die Entwicklung der Fallzahlen auswirken, so Klimek.

Nachdenken über weitere Öffnungen „nicht zielführend“

Das Nachdenken über weitere Öffnungsschritte hält Klimek zum gegenwärtigen Zeitpunkt für „nicht zielführend“. Aufgrund der Gefährlichkeit der neuen Virusvarianten müsse Österreich mit möglichst niedrigen Zahlen in den Sommer gehen. Die Regierung hatte Anfang der Woche weitere Lockerungen frühestens „rund um Ostern“ in Aussicht gestellt.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) schloss ein Aufsperren der Gastronomie bereits im März allerdings nicht aus. Möglich machen könnten das „Eintrittstests“. Bei den Friseuren und anderen körpernahen Dienstleistern habe das Konzept der Tests gut funktioniert, sagte Kurz am Freitag. Die nächsten Beratungen zwischen Regierung, Ländern und Fachleuten finden am 1. März statt. Abhängig seien die Entscheidungen aber vom weiteren Infektionsgeschehen, wie der Kanzler einschränkte. „Wenn diese stark steigen, machen Öffnungen keinen Sinn“, so Kurz.

Experte Klimek wies gegenüber Ö1 zudem darauf hin, dass derzeit weiterhin über 250 Menschen wegen einer CoV-Infektion auf der Intensivstation liegen. Eine ähnlich große Welle wie im Herbst würden die Spitäler „nicht aushalten“, ohne dass es an die „Kapazitätsgrenzen geht“. Im Grunde würden alle wissen, was zu tun sei – aber vielleicht brauche es einen „Weckruf“ in Form einer neuen Welle, um die Bereitschaft, die Maßnahmen gegen CoV mitzutragen, wieder zu erhöhen, sagte der Experte.