Demonstanten in Myanmar
APA/AFP/Mladen Antonov
Myanmar

Drohungen der Junta gehen ins Leere

Drei Wochen nach dem Militärputsch vom 1. Februar ist die Wut der Bevölkerung in Myanmar nicht abgeklungen – ganz im Gegenteil: Nach wochenlangen Demonstrationen hat die Gegnerschaft der Junta ihren Widerstand mit einem Generalstreik verstärkt. Im ganzen Land blieben am Montag Geschäfte geschlossen, Zehntausende Menschen gingen auf die Straßen. Die EU plant nun Sanktionen gegen das Regime.

Staatliche Medien hatten zuvor gewarnt, weitere Kundgebungen könnten für die Teilnehmer und Teilnehmerinnen tödlich enden. „Die Demonstranten stacheln jetzt die Menschen – besonders die emotionalen Teenager und Jugendlichen – zu einem Konfrontationskurs an, bei dem sie ihr Leben lassen werden“, verlautete das staatliche Fernsehen MRTV.

Die Drohungen zeigten keine Wirkung: Auf Bildern waren unter anderem in der früheren Hauptstadt Yangon (Rangun) im Süden, in der Großstadt Mandalay im Norden und in der Hauptstadt Naypyidaw gigantische Menschenansammlungen zu sehen. „Gewöhnliche Menschen in Myanmar beteiligen sich an einem außergewöhnlichen Akt, um ihren Widerstand gegen den brutalen Militärputsch trotz Morden, Gewalt und Einschüchterungen durch Sicherheitskräfte zu demonstrieren“, schrieb die Aktivistengruppe „Gerechtigkeit für Myanmar“ auf Twitter.

Bei Protesten am Samstag hatte die Polizei mit scharfer Munition geschossen, zwei Menschen wurden getötet, mehrere erlitten schwere Verletzungen. Insgesamt stieg die Zahl der Todesopfer damit auf drei. Eine Studentin, die die Einsatzkräfte am 9. Februar mit einem Kopfschuss niedergestreckt hatten, war vergangene Woche gestorben.

Massendemonstration in Myanmar
Reuters
Protestierende Menschen, soweit das Auge reicht, in Mandalay

EU erwägt Sanktionen

Die EU-Außenminister verurteilten die Machtübernahme am Montag „auf das Schärfste“, wie es in einer Erklärung hieß. Sie boten an, einen Dialog zur Lösung der Krise zu unterstützen. Sie zeigten sich aber gleichzeitig bereit, Sanktionen zu verhängen, „die sich gegen die unmittelbar für den Militärputsch Verantwortlichen und deren wirtschaftliche Interessen richten“.

In ihrer Erklärung schlossen die EU-Außenminister bei einer weiteren Verschlechterung der Lage auch Sanktionen im Bereich der Entwicklungs- und Handelspolitik nicht aus. Hier hätte die EU die Möglichkeit, Gelder zu streichen und Handelsvergünstigungen auszusetzen. Allerdings haben EU-Vertreter in den vergangenen Tagen regelmäßig darauf verwiesen, dass es nicht Ziel sein sollte, die Bevölkerung in Myanmar durch Sanktionen zu treffen.

Konkret verlangten die Minister in ihrer gemeinsamen Erklärung ein „sofortiges Ende des Ausnahmezustands“, „die Wiedereinsetzung der rechtmäßigen Zivilregierung und die Eröffnung des neu gewählten Parlaments“. Zudem müssten Präsident U Win Myint und die De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi „umgehend und bedingungslos“ freigelassen werden. Die EU-Vertreter forderten gleichzeitig alle Seiten zum Verzicht auf Gewalt auf.

Demonstantinnen in Myanmar
AP
Gelbe Hüte sollen vor möglichen Angriffen der Polizei schützen, insbesondere vor Gummigeschoßen

UNO fordert „Ende der Unterdrückung“

Auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres forderte ein sofortiges Ende des gewaltsamen Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten. „Ich fordere heute das Militär in Myanmar auf, die Unterdrückung sofort zu beenden“, sagte Guterres in einer Videobotschaft zum Auftakt der Sitzung des UNO-Menschenrechtsrats in Genf am Montag. „Lassen Sie die Gefangenen frei! Beenden Sie die Gewalt! Respektieren Sie die Menschenrechte und den bei den vergangenen Wahlen ausgedrückten Willen des Volkes!“

Das Militär hatte sich in der Nacht auf den 1. Februar zurück an die Macht geputscht und Suu Kyi und viele Mitglieder ihrer Regierung in Gewahrsam genommen. Seither wurden zahlreiche weitere Politiker, Aktivistinnen und Demonstrierende festgenommen.

Protestierende aus allen Bereichen

An den Protesten am Montag nahmen Beamte, Fabrikarbeiterinnen, Ärztinnen, Lehrer, Bankangestellte und viele andere Berufssparten teil. Sie betonten, sie würden nicht unter einer Militärdiktatur arbeiten, und forderten die Wiedereinsetzung der zivilen Regierung. Der Generalstreik fand unter dem Titel „22222“ statt, in Anlehnung an das Datum 22.2.2021. „Wenn wir Widerstand gegen die Diktatur leisten, könnten sie uns erschießen. Das wissen alle. Aber wir müssen uns der Diktatur widersetzen, es ist unsere Pflicht“, zitierte das Portal Frontier Myanmar einen Aktivisten.

Auch Facebook hat sich auf die Seite der Demonstierenden gestellt: Nachdem das Soziale Netzwerk im Zuge der Militärgewalt am Wochenende bereits eine Seite der Armee entfernt hatte, soll die Plattform am Montag auch die Seite des staatlichen Fernsehens MRTV gesperrt haben, berichtete die Bewegung des zivilen Ungehorsams in Myanmar.