Ungarn verlängert Notstand

Im ungarischen Parlament wurde heute mit der Zweidrittelmehrheit der rechtsnationalen Regierungspartei FIDESZ der Pandemienotstand mit 133 Ja- und 55 Nein-Stimmen sowie einer Stimmenthaltung verlängert. Die Opposition hatte bereits im Vorfeld eine weitere Verlängerung um 90 Tage abgelehnt. Die Regierung von Premier Viktor Orban habe das Vertrauen verspielt und den Notstand genutzt, um die eigene Macht weiter auszubauen, argumentierte die Opposition.

Auf die Verlängerung des Notstandes hatte Orban gedrängt, da die Abschwächung der zweiten Pandemiewelle ins Stocken geraten sei und die neuen gefährlicheren Virusmutationen eine steigende Tendenz verursachen könnten.

Die Sozialisten (MSZP) wiesen die Verlängerung des Notstands zurück, da das Gesetz eine „Lüge“ sei. Es diene nur dem Ziel, dass „das Parlament damit auch politisch erkläre, dass in der vergangenen Periode alles in Ordnung war mit den Maßnahmen der Regierung“, kritisierte der MSZP-Abgeordnete Tamas Harangozo vor der Abstimmung.

Regierung kann ohne Parlament per Dekret regieren

Peter Jakab, Vorsitzender und Fraktionschef der rechtsradikalen Jobbik-Partei, kritisierte, die Regierungsseite würde das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger missbrauchen. Jakab erinnerte daran, dass die Opposition im vergangenen Jahr dem Notstandsgesetz zustimmte, die Regierung jedoch inzwischen den Notstand „auf schmutzige Weise“ missbrauchte, dabei 80 Prozent der zur Verfügung stehenden Mittel nicht für Krisenmanagement, sondern für sich selbst ausgab.

Gergely Arato von der Demokratischen Koalition (DK) forderte von der Regierung die freie Impfstoffwahl, die diese gestrichen und angeordnet hatte, dass Bürgerinnen und Bürger erst vor Ort über das zu verabreichende Vakzin informiert werden. Wegen dieser Einschränkung habe sich die Impfbereitschaft laut Statistischem Zentralamt verringert. Arato erinnerte an die Unsicherheiten beim ungarischen Einsatz der russischen und chinesischen Impfstoffe, die in der EU nicht zugelassen seien.

Nach dem Ausbruch der Pandemie führte Ungarn im März 2020 den Notstand ein, durch den die Regierung ohne Parlament per Dekret regieren kann. Kritikerinnen und Kritiker im In- und Ausland warfen Orban vor, die Pandemie so zum Ausbau seiner Machtpositionen zu missbrauchen.