Leere Ampulle eines AstraZeneca-Impfstoffes
APA/AFP/Darren Staples
Zulassung, Engpässe

AstraZeneca sorgt weiter für Verwirrung

Ursula Wiedermann-Schmidt, wissenschaftliche Leiterin des nationalen Impfgremiums, will den Coronavirus-Impfstoff von AstraZeneca auch für über 65-Jährige zulassen, die Leiterin der Impfabteilung im Gesundheitsministerium, Maria Paulke-Korinek, zeigt sich abwartend. Indessen droht zwischen der EU und AstraZeneca erneut Ärger wegen Lieferplänen.

Laut Vakzinologin Wiedermann-Schmidt gebe es nun genügend Daten, sagte sie am Dienstag in der Zeit im Bild. Man wolle die Empfehlung dahingehend adaptieren, „dass es keinen Grund gibt, hier einen Altersunterschied beim Einsatz der Impfstoffe zu machen“.

Für die Logistik und die Anwendung der Impfstoffe sei es leichter, „wenn man sagt, alle Impfstoffe, die zur Verfügung sind, können gleich eingesetzt werden bei allen Altersgruppen“, so Wiedermann-Schmidt. Die Empfehlung an den Gesundheitsminister könnte noch diese Woche erfolgen und somit Tempo in die Impfstrategie bringen, hieß es in dem Bericht.

Im Sommer sollten für alle in Österreich, die sich impfen lassen wollen, Vakzine vorhanden sein, schätzt Wiedermann-Schmidt – vorausgesetzt, die Liefertermine der Hersteller halten.

Auch Ältere bekommen AstraZeneca-Serum

Der umstrittene COV-Impfstoff von AstraZeneca soll laut Immunologin Ursula Wiedermann-Schmidt nun auch Österreichern über 65 Jahren geimpft werden können.

Impfplan obsolet?

Der heimische Impfplan war Anfang Februar aktualisiert und angepasst worden: Demnach sollte der Impfstoff von AstraZeneca vorrangig an 18- bis 64-Jährige verabreicht werden. Nun liegen allerdings weitere Daten vor, etwa von britischen Gesundheitsbehörden, denen zufolge der von AstraZeneca entwickelte Impfstoff auch bei älteren Menschen wirkt.

Paulke-Korinek (Gesundheitsministerium) zur Impfstrategie

Die Leiterin der Impfabteilung im Gesundheitsministerium, Maria Paulke-Korinek, erklärt die Impfstrategie der Bundesregierung und Überlegungen, Geimpfte privilegiert zu behandeln.

Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Impfabteilung im Gesundheitsministerium, sagte in der ZIB2, dass man die finale Entscheidung des Impfgremiums abwarten möchte. „Es ist ja von Anfang so gewesen, dass die Empfehlung des nationalen Impfgremiums gelautet hat, vorrangig soll der Impfstoff bei Personen unter 65 Jahren eingesetzt werden. Wenn es aber beispielsweise logistische Gründe gibt, (…) spricht auch nichts dagegen, den Impfstoff bei Personen höheren Alters einzusetzen, weil wir ja sowohl Immunogenitätsdaten haben als auch Sicherheitsdaten. Und jetzt kommen eben nach und nach Wirksamkeitsdaten dazu.“ Man werde alle Daten im Impfgremium „so wie immer“ genau diskutieren.

Was Lieferverzögerungen mit Impfstoff betrifft, hofft sie, dass ab dem zweiten Quartal breiter geimpft werden könne. In der Debatte über Lockerungen für geimpfte Personen zeigte sich Paulke-Korinek zurückhaltend. Diese Diskussion solle EU-weit geführt werden, regionales Vorgehen sein nicht sinnvoll, meinte sie.

Halbierung der zugesagten Menge steht im Raum

Indessen wurde am Dienstag bekannt, dass bei AstraZeneca womöglich weitere Lieferengpässe drohen. Die Unternehmensvertretung habe der Europäischen Union auch für das zweite Quartal mögliche Produktionsausfälle in Europa angezeigt, sagte ein EU-Vertreter am Abend in Brüssel. Doch könnten diese Mengen theoretisch aus anderen Impfstofffabriken des Herstellers wettgemacht werden. Es gebe noch keinen akzeptierten Lieferplan für das Quartal.

AstraZeneca teilte auf Anfrage am Abend mit, man wolle den Vertrag für das zweite Quartal laut jüngster Prognose erfüllen. Dabei solle etwa die Hälfte der in Aussicht gestellten Dosen aus europäischer Produktion kommen. Den Rest werde das Unternehmen aus anderen Teilen der Welt zur Verfügung stellen. Woher der Impfstoff kommen sollte, ging aus der Mitteilung nicht hervor.

„AstraZeneca arbeitet daran, die Produktivität in seiner europäischen Lieferkette zu erhöhen und weiterhin seine globalen Kapazitäten zu nutzen, um die Lieferung von 180 Millionen Dosen an die EU im zweiten Quartal zu erreichen“, hieß weiter.

EU erwartet „verbesserten Vorschlag für Lieferplan“

Zuvor hatte es Medienberichte gegeben, wonach der Konzern die Lieferung im zweiten Quartal auf 90 Millionen Dosen halbieren wolle. Das wollte jedoch auch die Kommission so nicht bestätigen. Offiziell hieß es, die Verhandlungen mit AstraZeneca über den Lieferplan liefen noch. Das Unternehmen sei dabei, den Plan „zu verfeinern und zu konsolidieren, auf Grundlage aller verfügbaren Produktionsstätten in Europa und außerhalb“. Die Kommission erwarte „einen verbesserten Vorschlag für einen Lieferplan“.

AstraZeneca hatte bereits Ende Jänner überraschend eine drastische Kürzung der Liefermenge an die EU angekündigt: Statt 80 Millionen Dosen wollte das britisch-schwedische Unternehmen wegen Produktionsengpässen in Europa nur 31 Millionen an die EU liefern. Schließlich sagte die Firma 40 Millionen Dosen für die Zeit bis Ende März zu. Es sei jedoch unklar, ob diese Menge wirklich erreicht werde, hieß es aus EU-Kreisen.

Aus dem Büro von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hieß es, dass, selbst wenn AstraZeneca im zweiten Jahresquartal tatsächlich weniger liefern sollte, alle, die es wollen, im Lauf des Sommers geimpft werden können.

Von der Leyen erklärt Streit mit AstraZeneca für beendet

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte indes den Streit mit AstraZeneca über Lieferverzögerungen für beendet. „Die Impfstoffhersteller sind in dieser Pandemie unsere Partner und auch sie standen noch nie vor solch einer Herausforderung“, sagte sie der „Augsburger Allgemeinen“ (Mittwoch-Ausgabe).

Die EU-Kommissionschefin verteidigte erneut das Vorgehen, die Impfstoffe nicht durch die einzelnen Länder, sondern auf der Ebene der EU gemeinsam für alle Mitgliedsstaaten zu bestellen. „Dank des europäischen Ansatzes haben wir heute ein breites Angebot an Impfstoffen, die wir auch gegen die Mutationen nutzen können“, betonte sie. Die EU habe auf die Vakzine von sechs Herstellern gesetzt, drei davon seien inzwischen zugelassen, und zwei weitere befänden sich kurz vor der Zulassung. Bis zum Sommer könne Europa die Rückstände bei der Impfung aufholen.

EU-Kommission mahnt zu Eile bei Impfpass

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Margaritis Schinas, machte Hoffnung auf einen Sommerurlaub trotz Pandemie. Aber er mahnte zur Eile beim geplanten EU-Impfpass. Wichtig sei ein gemeinsamer Ansatz beim Nachweis, dass jemand geimpft sei. „Und dann brauchen wir eher früher als später eine öffentliche Diskussion über die Frage der Nutzung.“ Bei der möglichen Nutzung von Impfnachweisen „wird Europa kollektiv handeln, Zersplitterung nützt uns nichts“.