ÖVP will Zitate aus Aktenleaks unter Strafe stellen

Die ÖVP will bei ihren Justizreformplänen offenbar auch die Berichterstattung über prominente Ermittlungsverfahren erschweren. Derzeit dürfen Anwälte und Anwältinnen Ermittlungsakten weitergeben, Medien dürfen (unter Einhaltung des Medienrechts) daraus zitieren.

Letzteres will die ÖVP laut „Kurier“ (Mittwoch-Ausgabe) nun verbieten. Außerdem will sie den Ermittlern die „überschießende Auswertung“ von Kommunikation untersagen.

Als Beispiel genannt wird, dass bei Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann Gehaltspläne gefunden worden seien, die in weiterer Folge an den Untersuchungsausschuss übermittelt worden seien. Außerdem soll es ein Verbot der Veröffentlichung von Ermittlungsakten nach deutschem Vorbild geben. Damit könnten Medien bestraft werden, wenn sie direkt aus Ermittlungsakten zitieren.

Veröffentlichung in Deutschland nach öffentlicher Verhandlung

In Deutschland dürfen Dokumente eines Strafverfahrens erst im Wortlaut veröffentlicht werden, wenn sie in öffentlicher Verhandlung erörtert wurden. Berichte über Ermittlungsverfahren und eingestellte Ermittlungen würden durch eine derartige Regelung deutlich erschwert.

Bei den Ermittlungen zur „Ibiza“- und Glücksspielaffäre hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auch frühere und aktive ÖVP-Politiker ins Visier genommen. Die Ermittlungen stützen sich unter anderem auf die Auswertung von Handynachrichten – etwa beim ÖVP-nahen Chef der Staatsholding ÖBAG, Thomas Schmid, und bei Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache – die teils auch in Medien veröffentlicht wurden.

Bekenntnis zu Bundesstaatsanwalt im Ministerrat

Im Ministerrat schrieb die Bundesregierung heute indes den Plan, eine unabhängige und weisungsfreie Bundesstaatsanwaltschaft einzurichten, formal fest. Konkrete Details fehlen noch und sollen erst erarbeitet werden. Dafür sollen die „relevanten Stakeholder eingebunden werden“. Zu klären seien etwa der Ernennungsmodus, die Dauer der Bestellung und die Frage der Organisationsstruktur. Fix ist, dass die Ernennung durch den Bundespräsidenten erfolgen soll

„Ermittlungsverfahren sollen unabhängig und ohne öffentlichen oder politischen Druck geführt werden können. Dabei gilt es ein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit zu berücksichtigen, die Pressefreiheit zu schützen und gleichzeitig mediale Vorverurteilung zu vermeiden“, so der Text des Ministerratvortrags. Bei der Vermeidung von Vorverurteilung dürfte seitens der ÖVP der im „Kurier“ berichtete Plan gemeint sein, Berichterstattung über Ermittlungsverfahren zu erschweren.

Zum Bundesstaatsanwalt heißt es im Ministerratsvortrag, staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren sollen „unter Wahrung der Qualität und Sorgfalt beschleunigt werden“, während gleichzeitig die Beschuldigtenrechte des Einzelnen gewahrt und gestärkt sowie negative wirtschaftliche Folgen eines Ermittlungsverfahrens hintangehalten werden sollen.