Brüssel ebnet Weg für mehr Steuertransparenz bei Konzernen

Die Pläne für deutlich mehr Steuertransparenz umsatzstarker Unternehmen in der EU haben eine entscheidende Hürde genommen. Bei einer Videokonferenz der nationalen Wirtschaftsministerinnen und -minister gestern zeichnete sich eine Mehrheit für das Public Country-by-Country Reporting (CbCR) ab.

Es soll Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro pro Jahr dazu verpflichten, Informationen über ihre Gewinne und Steuern öffentlich zu machen. So soll Steuervermeidung stärker entgegengewirkt werden.

Weil sich die Minister und ihre Vertreter nur per Videokonferenz getroffen haben, konnte formell noch keine bindende Entscheidung getroffen werden. Es besteht jedoch der Plan, das zeitnah nachzuholen und offiziell grünes Licht für die noch notwendigen Verhandlungen mit dem EU-Parlament zu geben. Während viele Wirtschaftsverbände das Vorhaben kritisierten, wurde es von Nichtregierungsorganisationen wie Transparency International und Oxfam begrüßt. Auch der heimische Handelsverband begrüßte den Vorstoß für mehr Steuertransparenz.

Zuletzt gescheitert

Die Country-by-Country Reportings für Konzerne mit dieser Größenordnung gibt es bereits. Bisher sind die Berichte aber nicht öffentlich, sie werden lediglich unter Steuerbehörden ausgetauscht. Durch die neue Richtlinie sollen nun alle Bürger und Bürgerinnen die Möglichkeit haben, die Daten einzusehen. Dabei würden nicht nur die Konzerne, sondern auch jene Länder an den Pranger gestellt, die Profite aus den Steuerverschiebungen schlagen.

Eigentlich bedürfen Entscheidungen in der EU zu Steuersachen Einstimmigkeit bei den EU-Finanzministern. Da diese nicht in Sicht war, wurde der Vorschlag der Veröffentlichungspflicht in eine andere EU-Richtlinie gegossen, wodurch eine qualifizierte Mehrheit im Wettbewerbsrat für den Beschluss reicht. Die erste Abstimmung im November 2019 unter den Wirtschaftsministern scheiterte nur knapp – unter anderem auch wegen Österreich.

SPÖ und ÖVP froh über „grünes Licht“

Da nun erstmals eine Mehrheit auf Ministerebene vorliegt, folgen die Verhandlungen mit dem EU-Parlament. Die SPÖ-EU-Abgeordnete Evelyn Regner spricht in einer Aussendung von einem „Etappensieg“ für Steuertransparenz. Die ÖVP habe ihre jahrelange Blockade aufgegeben und sich an einen bindenden Beschluss aus dem Nationalrat gehalten.

„Endlich grünes Licht im Rat für die öffentliche Steuertransparenz multinationaler Unternehmen. Die mehr als vierjährige Blockade ist gelöst. Dafür habe ich mich immer eingesetzt. Der Weg für den Start der Verhandlungen mit dem EU-Parlament ist frei“, twitterte der ÖVP-EU-Abgeordnete und Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas.

Nach einem endgültigen Beschluss nach einem Trilog (Verhandlungen zwischen Europäischer Kommission, Rat der Europäischen Union und Europäischem Parlament) haben die Mitgliedsstaaten weitere 30 Monate Zeit für die Umsetzung. Sollte es zu einer Umsetzung kommen, dürfte die Sache beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) beeinsprucht werden – sei es von betroffenen Unternehmen oder gegnerischen Mitgliedsstaaten.