Christian Pilnacek
APA/Georg Hochmuth
Justizministerium

Pilnacek vorläufig suspendiert

Nachdem die Staatsanwaltschaft Wien bei Justizsektionschef Christian Pilnacek ein elektronisches Gerät sichergestellt hat, sind dienstrechtliche Schritte eingeleitet und der mächtige Beamte noch am Donnerstag vorläufig suspendiert worden. Das teilte das Justizministerium Freitagfrüh auf Anfrage der APA mit. Nun muss die Bundesdisziplinarbehörde innerhalb eines Monats über die Suspendierung entscheiden.

Vertreter der Staatsanwaltschaft Wien hatten am Donnerstag auch beim ehemaligen ÖVP-Justizminister und heutigen Verfassungsrichter Wolfgang Brandstetter ein elektronisches Gerät sichergestellt. Es geht offenbar in beiden Fällen um den Verdacht der Verletzung des Amtsgeheimnisses im Zusammenhang mit der Causa um ein – letztlich nicht umgesetztes – Hochhausprojekt am Wiener Heumarkt.

Pilnacek wollte sich am Donnerstag auf APA-Anfrage nicht äußern. Das Justizministerium lieferte auf Nachfrage keine nähere Begründung für seine Suspendierung. „Ich bitte um Verständnis, dass wir das laufende Verfahren nicht weiter kommentieren“, hieß es in der Presseabteilung des Ressorts. Auch der Verfassungsgerichtshof gab vorerst keine Stellungnahme zur Frage ab, ob Brandstetter seine Funktion angesichts der Suspendierung Pilnaceks weiter ausüben kann.

Brandstetter-Anwalt weist Vorwürfe zurück

Wie das Wirtschaftsmagazin „trend“ am Mittwoch berichtete, wird Brandstetter verdächtigt, Informationen über Ermittlungen gegen den früheren grünen Politiker Christoph Chorherr an Hochhausinvestor Michael Tojner weitergegeben zu haben. Brandstetters Anwalt Georg Krakow bestätigte am Donnerstagabend gegenüber der ZIB2 einen Zusammenhang mit dieser Causa.

Brandstetter hat die kolportierten Vorwürfe bereits mehrfach bestritten. „Herr Professor Brandstetter hat das Amtsgeheimnis nicht verletzt. Er hat zu keinem Zeitpunkt Informationen aus Strafakten nach außen getragen“, sagte dazu der frühere Oberstaatsanwalt Krakow gegenüber dem Ö1-Abendjournal. Diesem zufolge habe Brandstetter im Vorfeld auch „keine Kenntnis von einem gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren durch eine Verständigung oder Ähnliches“ gehabt. Krakow legte gegenüber dem Ö1-Morgenjournal nahe, dass „die Information über ein angebliches Ermittlungsverfahren neuerlich über die Medien“ bekanntgeworden sei.

Anwalt: Keine Amtshandlung im VfGH

Zudem wurde das „elektronische Gerät“ Brandstetters entgegen ersten Berichten auch nicht am Verfassungsgerichtshof (VfGH), sondern in seinem Büro übergeben. Eine Amtshandlung im Fall Brandstetter am VfGH habe es nicht gegeben, sagte Krakow. Vielmehr habe man in einer Beratungspause zur aktuellen Session in seiner Kanzlei Fragen geklärt, ein Notebook sei vom Ex-Minister freiwillig übergeben worden.

Brandstetter-Anwalt über die Ermittlungen

Der Anwalt des ehemaligen ÖVP-Justizministers Wolfgang Brandstetter, der ehemalige Oberstaatsanwalt Georg Krakow, kritisiert das Vorgehen der Staatsanwaltschaft Wien bei den Ermittlungen gegen seinen Mandanten.

„Es sei jemand (offenbar von Polizei oder Staatsanwaltschaft) gekommen, Brandstetter sei gerufen worden und habe dann gemeinsam mit dem Behördenvertreter den VfGH verlassen. Durchsuchungen habe es keine gegeben“, zitierte die „Presse“ VfGH-Sprecherin Cornelia Mayrbäurl. Vom VfGH gibt es derzeit keine Stellungnahme.

ÖVP schoss sich auf falsche Staatsanwaltschaft ein

Obwohl in der Causa die StA ermittelt, hatte sich die ÖVP zuvor weiter auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eingeschossen, und das im Zusammenhang mit Brandstetter. „Offensichtlich hat die WKStA wieder gepatzt“, sagte Justizsprecherin Michaela Steinacker in Anspielung auf das Vorgehen bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP).

Die ÖVP-Justizsprecherin appellierte an die Verantwortung der Justiz, die Persönlichkeitsrechte der Bürger zu schützen und zu wahren, und ortete Reformbedarf: „Die Schaffung einer unabhängigen Weisungsspitze mit dem Bundesstaatsanwalt ist daher notwendiger denn je.“

Seit 2017 laufende Ermittlungen

Bei den Ermittlungen gegen den ehemaligen Gemeinderat und Planungssprecher der Wiener Grünen, Chorherr, die seit 2017 laufen, geht es um karitative Geldspenden an dessen Schulprojekt in Südafrika. Die Korruptionsermittler hegen hier den Verdacht des Amtsmissbrauchs und der Bestechlichkeit rund um Spenden und Flächenwidmungen. Heumarkt-Investor Tojner ist hier unter den Beschuldigten. Chorherr hat ebenso wie Tojner stets alle Korruptionsvorwürfe in dieser Causa bestritten. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

NEOS-Justizsprecher Johannes Margreiter reagierte am Freitag per Aussendung auf die Neuigkeiten zu Pilnacek. „In beinahe jeder der zahlreichen Causen der letzten Jahre, in denen Prominente und insbesondere ÖVP-nahe Personen mit strafrechtlichen Vorwürfen konfrontiert waren, fällt der Name Pilnacek. Die Suspendierung ist ein dringend notwendiger Schritt“, so Margreiter, der meinte, auch Blümel solle sein Amt vorläufig zurücklegen. „Ein Finanzminister, der als Beschuldigter geführt wird, das geht sich nicht aus. Was für einen Sektionschef gilt, müsste auch für den Finanzminister gelten.“