in Testkit zum Selbsttesten
APA/Herbert Neubauer
Gratis-CoV-Selbsttests

Ausschluss von Angebot sorgt für Ärger

Am Montag startet die Abgabe der kostenlosen CoV-Selbsttests in den Apotheken. Fünf davon stehen den Versicherten pro Monat zu – allerdings nicht allen. Rund 300.000 der 8,8 Millionen E-Card-Besitzer gehen leer aus, weil sie aus der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) ausgestiegen sind. Scharfe Kritik daran kommt von der Ärztekammer und Pensionistenvertretungen.

Der Bundesrat hat am Freitag in einer Sondersitzung, nur zwei Tage nach dem Nationalratsbeschluss, grünes Licht für das Vorhaben gegeben, ab Montag können Apotheken die Selbsttests damit unters Volk bringen. Vorerst stehen laut Apothekerkammer aber nur Kits für 600.000 Personen zur Verfügung – die Abgabe der Tests sei „ein langfristig angelegtes Projekt“, die Apotheken würden sukzessive beliefert werden.

„Jede Bürgerin und jeder Bürger kann daher davon ausgehen, ein Testkit zu bekommen – aber eben erst nach und nach“, sagte Thomas Veitschegger, Präsident der Apothekerkammer Oberösterreich, am Freitag. Veitschegger ersuchte, „nicht gleich am ersten Tag in die Apotheken zu stürmen“. Manchen bleibt der Zugang zu den Gratistests aber ohnehin verwehrt: All jene, die sich von ELGA gesamt oder vom Service E-Medikation abgemeldet haben, sowie nicht krankenversicherte Personen haben keinen Anspruch.

Menschen mit Schutzmasken vor einer Apotheke
ORF.at/Carina Kainz
Die Kammer bittet, „nicht gleich am Montag in der Früh zu den Apotheken zu strömen“

Ärztekammer: „Missachtung von Patientenrechten“

Scharfe Kritik daran kam am Samstag von der Ärztekammer. Präsident Thomas Szekeres sprach von einer „Zweiklassengesellschaft und der Missachtung von Patientenrechten“. Er könne nicht nachvollziehen, dass Patientinnen und Patienten, die ihr „gutes Recht“ wahrgenommen haben, aus ELGA zu optieren, nun genau dafür bestraft werden und entsprechend benachteiligt würden.

Auch der Ausschluss nicht krankenversicherter Personen ist für ihn unverständlich: „Antigen-Tests im großen Umfang sind eine wirkungsvolle Maßnahme, gegen die Pandemie anzukämpfen. Die Lockdowns kosten uns Milliarden, und da spart man an der kostenfreien Ausgabe von Antigen-Tests?“

Er sei, sagte Szekeres, zudem „einmal mehr desillusioniert“ über die Arbeit der von den Landesregierungen bestellten Patientenanwälte. Diese meldeten sich in der Sekunde zu Wort, wenn sie Einzelverfehlungen auszumachen glauben, „aber wenn es um globale Patientenrechte, wie die Verteilung von kostenfreien Covid-19-Selbsttests an alle Bürgerinnen und Bürger geht, herrscht vornehmes Schweigen in der Sorge, mit der Obrigkeit in Österreich nicht anzuecken“.

Patientenanwälte und SV wehren sich gegen Kritik

Diese konterten umgehend. „Wir haben uns als Patientenanwälte keineswegs zurückgehalten, sondern bereits am vergangenen Donnerstag einen offenen Brief an Gesundheitsminister Anschober mit heftiger Kritik gerichtet“, hielt der niederösterreichische Patientenanwalt Gerald Bachinger in seiner Funktion als Sprecher aller Patientenanwälte und der ELGA-Ombudsstellen in den Bundesländern fest. Darin verlangt wurde laut Bachinger ein Überdenken der geplanten Maßnahmen und eine Einbeziehung der Patientenanwälte und ELGA-Ombudsstellen.

Peter Lehner, der derzeitige Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger, zeigte gleichfalls kein Verständnis für die Kritik der Ärztekammer: „Digitalisierte Systeme sind unsere Partner im Kampf gegen die Pandemie. Wir müssen die neuen Technologien nutzen.“ Jene, die ein Opt-out aus ELGA und der E-Medikation gewählt und damit sich selbst von dem Angebot ausgeschlossen hätten, die Selbsttests in der Apotheke abzuholen, könnten sich jederzeit wieder anmelden, meinte Lehner: „Moderne, digitalisierte Systeme funktionieren dann effektiv, lückenlos und flächendeckend, wenn sie von möglichst vielen Menschen genutzt werden.“

„ELGA und E-Card garantieren, dass die Daten sicher sind und der Zugang geschützt und jederzeit nachvollziehbar ist“, argumentierte Lehner. Zudem hätten „alle weiterhin die Option, die Angebote über die Teststraßen und die Gratistests in den Apotheken wahrzunehmen“.

Pensionistenverband: „Gut gemeint statt gut gemacht“

Der Pensionistenverband Österreichs (PVÖ) warnte unterdessen von einem Anstellchaos vor den Apotheken. „Es ist halt wieder einmal nur gut gemeint statt gut gemacht. Die Regierung verspricht – wie bei den Masken, bei den Tests und bei den Impfungen – viel, aber bei der Umsetzung fehlt dann die Praxistauglichkeit“, kritisierte PVÖ-Generalsekretär Andreas Wohlmuth.

Er appellierte, „vernünftiger als die Regierung zu sein“ und nicht gleich am Montag in der Früh zu den Apotheken zu strömen. „Die Tests werden auch im Laufe der kommenden Woche weiter laufend an die Apotheken ausgeliefert, man muss sich nicht am ersten Tag unnötig dem Stress und einer erheblichen Ansteckungsgefahr in der Warteschlange aussetzen“, empfahl Wohlmuth.

Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec protestierte gegen den Ausschluss von rund 300.000 Menschen von den kostenlosen Selbsttest-Kits. „Das ist ein rein technisches Problem und darf nicht zulasten der Menschen gehen“, sagte sie am Samstag. Man habe seinerzeit zugesichert, dass es beim Ausstieg aus ELGA keine Nachteile für die Betroffenen geben wird, so Korosec. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sicherte am Freitag zu, „in den nächsten zwei Wochen eine Lösung zustande zu bringen“.