Orban droht der EVP-Fraktion mit dem Austritt

Ungarns Regierungschef Viktor Orban droht der EVP-Fraktion im EU-Parlament, die die Abgeordneten seiner rechtskonservativen FIDESZ-Partei suspendieren will: Wenn es zur Abstimmung und Annahme einer neuen Geschäftsordnung der Fraktion komme, welche die Suspendierung oder den Ausschluss ganzer Gruppen möglich macht, würden die FIDESZ-Europaabgeordneten von sich aus, aus dem Klub der Europäischen Volkspartei austreten, so Orban in einem Brief an EVP-Fraktionschef Manfred Weber.

Der Brief ist mit (dem heutigen) Sonntag datiert und wurde auf Twitter veröffentlicht. Die EVP-Fraktionsspitze hatte sich laut der dpa am Freitag auf den Entwurf zur neuen Geschäftsordnung geeinigt. Am Mittwoch dürfte die Fraktion über die Geschäftsordnung abstimmen. In den Folgewochen könnte demnach die Suspendierung der FIDESZ-Gruppe aus dem EU-Parlamentsklub erfolgen.

Karas: „Lassen uns nicht erpressen“

Die Europäische Volkspartei bilden christdemokratische und konservative Parteien. Sie ist die größte Parteienfamilie in Europa. Aus Österreich gehört die ÖVP zur EVP. Der ÖVP-Europaparlamentarier und Parlamentsvizepräsident Othmar Karas konterte Orban heute postwendend: „Wir lassen uns nicht erpressen! Die Geschäftsordnung wird wie vorgesehen am Mittwoch geändert.“

Die EVP ringt seit Jahren um ihren Umgang mit FIDESZ und Orban, der nach eigenen Worten für eine „illiberale Demokratie“ steht. Die EVP-Mitgliedschaft von FIDESZ in der EVP wurde 2019 auf Eis gelegt – unter anderem wegen mutmaßlicher Verstöße gegen EU-Grundwerte sowie wegen Verbalattacken auf den damaligen, aus der EVP stammenden EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Zur EVP-Fraktion gehören die FIDESZ-Abgeordneten bisher weiter.

Orban spricht von Führungskrise

EVP-Parteichef Donald Tusk dringt schon lange auf einen FIDESZ-Rauswurf, kann sich damit aber nicht durchsetzen – auch weil die deutschen Unionsparteien bisher zögern. Das hat sich unter dem neuen CDU-Chef Armin Laschet nicht geändert. Im Juni könnte Tusk einen neuen Versuch starten, falls die Coronavirus-Pandemie dann ein physisches Treffen des Parteivorstands zulässt.

Orban spricht in seinem Brief an Weber von einer Führungskrise in der EVP und einer Krise, was den politischen Kurs betrifft. Mit Blick auf die drohende, neue Geschäftsordnung und die drohende Suspendierung, erklärt der Regierungschef: „Wenn FIDESZ nicht willkommen ist, fühlen wir uns auch nicht genötigt in der Fraktion zu bleiben.“ Als FIDESZ-Chef könne er nicht akzeptieren, dass die rechtmäßig gewählten FIDESZ-Europaabgeordneten durch Suspendierung in ihren Rechten eingeschränkt sein könnten.