Mann mit Schutzmaske blickt auf sein Handy
ORF.at/Carina Kainz
EU-Kommission

Entwurf für digitalen Impfpass noch im März

Die EU-Kommission will am 17. März ihren Vorschlag für einen digitalen „Grünen Pass“ vorlegen. Der Pass soll Informationen über die Coronavirus-Impfung, -Tests und Genesung von Erkrankten enthalten. Das Datum teilte der Vizepräsident der EU-Kommission, Margaritis Schinas, am Montag auf Twitter mit. „Wir werden am 17. März eine Initiative präsentieren, die sich auf Reisen und Mobilität konzentriert“, erklärte Schinas.

Bei dem „Grünen Pass“ müssten Datenschutz, Sicherheit und die Privatsphäre geachtet werden, schrieb der Kommissionsvizepräsident weiter. Es gehe um sichere Öffnungsschritte, ohne das bisher Erreichte zu gefährden.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zuvor bereits erklärt, die EU-Kommission wolle noch in diesem Monat einen Gesetzesentwurf für einen digitalen „Grünen Pass“ für Geimpfte vorlegen. Damit werde klar, wie der europäische Impfnachweis konkret aussehen solle, sagte von der Leyen am Montag in einer Rede vor konservativen deutschen Abgeordneten im Europaparlament.

Die EU-Staaten hatten sich vergangene Woche auf dem EU-Gipfel im Grundsatz auf einen gemeinsamen Ansatz bei der Einführung eines europaweit gültigen Impfausweises geeinigt und die Europäische Kommission mit der technischen Ausarbeitung beauftragt. Eine Reihe von Fragen ist aber noch offen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
Reuters/Johanna Geron
„Wir wollen in den nächsten Monaten die technischen Voraussetzungen schaffen“, so Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

Urlaubsländer machen Druck

Ziel ist, dass Coronavirus-Geimpfte fälschungssicher ihre Immunisierung nachweisen können. Das könnte über ein einheitlich lesbares Dokument mit QR-Code geschehen, das man auf Papier oder auf dem Smartphone bei sich tragen könnte, ähnlich wie ein Bahnticket. Dazu müssen die nationalen Systeme der 27 EU-Staaten vergleichbar ausgestaltet beziehungsweise verknüpft werden.

Vor allem Urlaubsländer wie Österreich, Griechenland, Zypern und Spanien machen Druck, dass es rasch gehen soll. Laut Zeitplan sollen die technischen Vorbereitungen drei Monate dauern, also etwa bis Ende Mai. Technisch wäre man damit vor der Sommersaison startbereit.

Wien will Impfprivilegien, Berlin bremst

Uneinig sind sich die EU-Länder noch in der Frage, was das Impfzertifikat ermöglichen soll. Länder wie Österreich wollen eine klare Verknüpfung mit Vorteilen für Geimpfte: einfacheres Reisen, Zugang zu Restaurants und Theatern.

Deutschland und andere Länder bremsen; einerseits, weil noch unklar ist, ob man trotz Impfung das Coronavirus weitergeben kann. Andererseits, weil in der EU bisher nur eine kleine Minderheit geimpft ist. Außerdem wird argumentiert, dass dadurch eine Impfpflicht durch die Hintertür eingeführt wird. Die italienische Datenschutzbehörde warnte am Montag auch vor der Gefahr, dass es zu „Diskriminierung und illegaler Beschränkung der in der Verfassung verankerten Freiheiten“ kommen könne.

Kanzler Kurz begrüßt Ankündigung

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) begrüßte die Ankündigung von der Leyens: „Es freut mich, dass die EU-Kommission bei der Umsetzung des digitalen grünen Passes die Dringlichkeit erkannt hat. Es wäre fatal, hier Monate verstreichen zu lassen“, so Kurz in einer Stellungnahme. Der digitale grüne Pass für Geimpfte, Getestete und Genesene sei die Chance, europaweit die Reisefreiheit zurückzuerlangen und damit ein Stück Normalität trotz gleichzeitiger Sicherheit, wiederholte der Bundeskanzler seine Haltung.

Kritik kam dagegen umgehend aus Belgien. Der Begriff „Pass“ werde im Vorschlag von der Leyens verwirrend verwendet, kritisierte die belgische Außenministerin Sophie Wilmes bei Twitter. „Für Belgien kommt es nicht infrage, die Impfung mit der Freizügigkeit in Europa zu verknüpfen. Die Achtung des Prinzips der Nichtdiskriminierung ist grundlegender denn je, da die Impfung nicht obligatorisch ist und der Zugang zum Impfstoff noch nicht allgemein ist“, so Wilmes.

Gentiloni gegen „Alleinregie“ von EU-Staaten

„Wir müssen das Interesse auf Neustart einiger Wirtschaftssektoren mit der Notwendigkeiten verbinden, Diskriminierungen zu vermeiden“, sagte EU-Währungskommissar Paolo Gentiloni nach Medienangaben vom Montag. Es sei wichtig, dass es zu einem europäischen Impfzertifikat komme. „Wir wollen die Gefahr verbannen, dass sich jedes EU-Land in Alleinregie bewegt.“ Ihm zufolge könnte bis Ende des Sommers das Ziel erreicht werden, 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in der EU zu immunisieren.

Mit Blick auf mögliche Vorteile für Geimpfte sagte Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel in der Vorwoche: „Alle haben heute darauf hingewiesen, dass das zurzeit bei der geringen Durchimpfung der Bevölkerung gar nicht das Thema ist. Aber man muss sich ja vorbereiten.“ Das heiße nicht, dass künftig nur reisen dürfe, wer einen Impfpass habe. „Darüber sind überhaupt noch keine politischen Entscheidungen getroffen.“

Datenschützer mit großen Bedenken

In Österreich ist die Regierung jedenfalls dabei, einen digitalen „Grünen Pass“ für Genesene, Geimpfte und Getestete, der als Eintrittskarte für Lokale, Veranstaltungen und Dienstleistungen dienen soll, zu erarbeiten. Pläne des Gesundheitsministeriums stoßen aber auf heftigen Widerstand, Kritik und Bedenken.

Wie „Standard“ und „Krone“ am Freitag berichteten, sollen die Daten aus dem elektronischen Impfpass im Gesundheitsakt ELGA über das Epidemiologische Meldesystem (EMS) des Gesundheitsministeriums ins Bundesrechenzentrum (BRZ), für das wiederum das Wirtschaftsministerium zuständig ist, gespiegelt werden. Dabei sollen die Daten über CoV-Impfungen und überstandene Infektionen aus ELGA täglich ins EMS übermittelt werden, von dort sollen diese Daten und die Daten über erfolgte CoV-Tests gar stündlich ins Bundesrechenzentrum übertragen werden.

Facebook-Kritiker Max Schrems sagte am Freitag, solche Systeme müssten sicherstellen, dass die Gesundheitsdaten nicht hackbar seien und nicht als „Überwachungsdatenbank“ für andere Zwecke genutzt würden. Die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sehe die Verwendung von Gesundheitsdaten zur Pandemiebekämpfung vor. Auch gelte es abzuwägen, dass geimpfte Personen ihre Grundrechte wahrnehmen könnten.

Frage der Ausgestaltung

Der Datenschutzexperte der Grundrechtsplattform epicenter.works, Thomas Lohninger, sagte hingegen in einer ORF-III-Diskussion am Donnerstagabend, es sei noch vieles unklar. „Wenn das ein Ausdruck einer ärztlichen Bestätigung ist, haben wir kein Problem damit. Wenn das wirklich eine App ist, die als Zutrittskontrolle für Kino und Restaurants oder dafür, das Land zu verlassen, verwendet wird, dann wäre das ein Datenschutz-Super-GAU.“

„Nordkorea und China würden sich das nicht trauen“, sagte ARGE-Daten-Obmann Hans Zeger. Auf den Einwand, dass Peking im Kampf gegen die CoV-Pandemie strikte digitale Zutrittsbarrieren ohne Datenschutz für seine Bürger einführte, antwortete der ARGE-Daten-Obmann, China würde im Gegensatz zur EU auch nicht behaupten, sich an Grundrechte zu halten.

Kritik kam nicht nur von Datenschützern, sondern auch von den Oppositionsparteien SPÖ, NEOS und Grüne. Auch die rot-pink geführte Wiener Landesregierung hat schwere Datenschutzbedenken. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigte Gespräche an. Der „Grüne Pass“ sei erst dann ein Thema, „wenn wir bei einer breiten Durchimpfung von 50, 60 oder 70 Prozent sind", so der Minister.