Strand in Sardinien
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Schritt zur Normalität

Sardinien ist Italiens erste weiße Zone

Auf Sardinien kehrt ein Stück Normalität zurück. Die italienische Insel wurde am Montag als erste der 20 Regionen des Landes zur weißen Zone erklärt. Den Sardinnen und Sarden bringt das weitgehende Lockerungen im Alltag wie abendliche Restaurantbesuche – und die vage Hoffnung, bald auch wieder Touristen empfangen zu können.

Voraussetzung für die von der Regierung vorgenommene Einstufung Sardiniens als weiße Zone auf der vierfarbigen Pandemie-Warnskala war unter anderem eine 7-Tage-Inzidenz von unter 50 Fällen je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner über drei Wochen in Folge. Damit entfallen nun stückweise wesentliche Einschränkungen im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie.

„Ein großartiges Ergebnis, das dank des Engagements aller sardischen Bürger erzielt wurde, aber eher ein Start- als ein Zielpunkt ist“, kommentierte Regionalpräsident Christian Solinas, mahnte aber auch zu äußerster Vorsicht. Man werde Schritt für Schritt vorgehen, sagte Solinas von der Sardischen Aktionspartei (Partito Sardo d’Azione), die sich in Koalition mit der rechtspopulistischen Lega und anderen Mitte-rechts-Parteien befindet.

Von der Pizzeria bis zum Schwimmbad

Zunächst dürfen Restaurants und Pizzerien – im Gegensatz zum Rest Italiens – auch abends bis 23.00 Uhr offen halten, Bars bis 21.00 Uhr. Das Ausgangsverbot wird gelockert und gilt von 23.30 bis 5.00 Uhr, im Rest Italiens ab 22.00 Uhr. Einkaufszentren können auf Sardinien auch am Wochenende öffnen. Alle sardischen Schulkinder kehren in die Klasse zurück. Aufrecht bleibt allerdings die Pflicht, in geschlossenen Räumen außerhalb der Unterkunft sowie überall im Freien, wo der Mindestabstand von einem Meter nicht eingehalten werden kann, Masken zu tragen.

Die Möglichkeit, die rund 12.000 Gastronomiebetriebe auch abends zu öffnen, stufte der italienische Landwirtschaftsverband Coldiretti als „besonders wichtige Entscheidung im Hinblick auf den bevorstehenden Frühling und Ostern“ ein. 80 Prozent des Umsatzes in der Gastronomie würden damit lukriert. Zugleich verwies Coldiretti auf wichtige Sicherheitsmaßnahmen wie Sitzabstand, begrenzte Anzahl von Gästen und deren Namensregistrierung.

Straße mit Cafe in Cagliari
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Ein Straßencafe in der Inselhauptstadt Cagliari wartet auf Gäste

Am 8. März sollen die nächsten Schritte folgen: Dann werden laut Solinas auch Fitnessstudios, Schwimmbäder und Tanzschulen wieder zugänglich gemacht. Bald darauf solle „die Rückkehr zu der so ersehnten neuen Normalität“ erfolgen, so der Regionalpräsident, der „abhängig von den Infektionszahlen“ auch eine Öffnung von Theatern und Kinos in Aussicht stellte.

„Touristen sind willkommen, aber …“

Zugleich forderte Solinas von der Regierung in Rom eine besondere Behandlung in Sachen Impfstofflieferungen, damit alle Sardinnen und Sarden innerhalb von 45 Tagen immunisiert werden können. So will Sardinien seine Position als künftig virenfreie Insel festigen. „Touristen sind willkommen, doch sie müssen negativ getestet werden“, sagte Solinas.

Die Kontrollen sollen verschärft werden, damit Besucherinnen und Besucher der Insel nicht wieder zu einem Anstieg der Infektionszahlen beitragen, wie es im vergangenen Sommer der Fall war. Damals hatte die Regierung in Rom ein von der Regionalregierung erlassenes Dekret, wonach die Einreise nur mit einem negativen Test möglich sein soll, wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz außer Kraft gesetzt.

Den großen Touristenansturm braucht die Insel vorerst aber ohnehin nicht zu fürchten. Für die italienischen Landsleute vom Festland gilt weiter das nationale Verbot des Reisens über die Grenzen der Regionen hinweg. Und Touristenmassen aus dem Ausland sind auch nicht in Sicht. Dessen ungeachtet kündigte der sardische Gesundheitsminister Mario Nieddu aber erneut verschärfte Kontrollen in den Häfen und Flughäfen an.

Viele Schüler wieder im Distance-Learning

In Restitalien verschärfte sich laut dem wöchentlichen Bericht zur Coronavirus-Lage indes die Pandemie wieder. Verschiedene Varianten des Virus breiteten sich aus. Der Inzidenzwert stieg auf 145 Fälle je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner für den erhobenen Zeitraum von 15. bis 21. Februar. Der R-Wert blieb bei 0,99. Insgesamt wurden seit Pandemiebeginn mehr als 2,9 Millionen Infektionen verzeichnet sowie etwa 97.700 Tote aufgrund einer Infektion.

Experte Giovanni Rezza sprach zuletzt von Infektionsherden in Schulen. Mit den aktualisierten Beschränkungen müssen seit Montag wieder viele Schülerinnen und Schüler per Internet den Unterricht verfolgen. Das gilt unter anderem für die roten Regionen Basilikata und Molise in Süditalien, in denen seit Montag ein Lockdown herrscht.

In den wirtschaftsstarken Regionen Lombardei und Piemont sowie in der Region Marken gelten nun die mittelstrengen Regeln der orangefarbenen Zone. Gemeinsam mit Kampanien, Emilia-Romagna, Toskana, Trentino-Südtirol, Abruzzen und Umbrien sind neun Regionen orange. Gelb eingestuft sind mit Latium, Sizilien, Venetien, Apulien, Kalabrien, Friaul-Julisch Venetien, Ligurien und dem Aostatal acht weitere Regionen Italiens.

Neues Dekret erwartet

Die Regierung des neuen italienischen Premiers Mario Draghi plant unterdessen ein neues Dekret mit Maßnahmen zu verabschieden, die vom 6. März bis zum 6. April gültig sein sollen. Die Verordnung, die am Dienstag gebilligt werden soll, werde auch Vorschriften in Zusammenhang mit den Osterfeierlichkeiten Anfang April enthalten, sagte Gesundheitsminister Roberto Speranza.

Kulturminister Dario Franceschini hatte am Freitag eine mögliche Öffnung von Kinos und Theatern mit 27. März in Aussicht gestellt. Man habe den Experten des Gesundheitsministeriums dafür zusätzliche Sicherheitsregeln vorgestellt. Der Wille sei, so früh wie möglich wieder zu öffnen, weil die Kultur „der wahre Motor der Erholung“ sei.