Anzug-Pyjama
Whatever Inc.
Mode

Pyjamaanzüge als neue Homeoffice-Uniform

Kleidung im Homeoffice soll vor allem eins sein – bequem. Das zeigt zumindest der anhaltende Hype um Jogginghosen und Pyjamas. Dass bequem aber nicht gleich schlecht angezogen bedeuten muss, beweist nun ein Trend aus Japan. Dort haben Modehäuser angesichts der pandemiebedingt boomenden Heimarbeit Pyjamaanzüge geschaffen.

Dass japanische Designer in puncto Homeoffice-Kleidung kreativ werden, scheint aufgrund der strengen Kleiderordnung in japanischen Büros nicht überraschend. Der Grat zwischen bequem und chic ist immerhin schmal. Mode solle in der Zoom-Ära mehreren Zwecken – also Arbeit und Faulenzen – dienen, schreibt das „Wall Street Journal“.

Um den Bedürfnissen der daheim arbeitenden Kundschaft also gerecht zu werden, schuf das Modehaus Aoki einen dreiteiligen Pyjamaanzug, der sowohl für Frauen als auch für Männer erhältlich ist. Der Clou: Er besteht aus demselben Stoff wie Pyjamas, sieht aber aus wie ein Anzug. Auch auf Details wurde geachtet: An den Ärmeln wurden Knöpfe angebracht, die Pyjamahose hat einen Zippverschluss. Letzerer sei großteils zur „Show“, so „WSJ“. Der Dreiteiler kostet 14.354 Yen (111,65 Euro).

Mitarbeiter von „Aoki“ mit einem Pyjama-Anzug
Reuters/Issei Kato
Rollkragenpullover, Sakko und Hose – der dreiteilige Pyjamaanzug von Aoki

Anzughersteller sattelt um

Die neuartigen Kuschelanzüge sind seit Dezember erhältlich und verkaufen sich Aoki zufolge sehr gut. Der Anzughersteller versuchte mit seinem Pyjamaanzug ohnehin, aus der Not eine Tugend zu machen. Aoki gilt als einer der bedeutendsten Anzughersteller Japans und erlitt im Pandemiejahr 2020 einen Umsatzeinbruch in der Höhe von 11,4 Milliarden Yen (88,6 Mio. Euro).

Die Idee zu den Anzügen sei Aoki-Kreativkopf Osamu Mizutani laut „Wall Street Journal“ auch erst gekommen, nachdem sich verzweifelte Kundinnen und Kunden bei dem Ausstatter meldeten, weil sie nach bequemen aber geschmackvollen Kleidungsstücken für den Lockdown-Alltag suchten.

Obenrum Business, untenrum Loungewear

„Obenrum Geschäft, untenrum Loungewear“ beschreibt die Agentur Whatever Inc. ihre Version des Pyjamaanzugs, der als WFH Jammies bezeichnet wird. Die Idee dazu kam dem Designer Taichi Ito durch seine Ehefrau.

„Eines Tages zog sich meine Frau um und trug legere Bürokleidung, um an einer Videokonferenz teilzunehmen“, sagte er. „Da dachte ich mir, dass das nicht gut ist, um die Zeit im Homeoffice zu genießen“, wird Ito im „Guardian“ zitiert. Der Designer wollte deshalb Loungewear schaffen, die nur obenrum formell ist. Formell soll also nur jener Bereich sein, der auch in Videokonferenzen sichtbar ist.

Anzug-Pyjama
Whatever Inc.
Whatever Inc. ließ sich für seinen Pyjamaanzug von Videokonferenzen inspirieren

Die obere Hälfte des Oberteils – die also bei Videokonferenzen sichtbar ist – gleicht einem Hemd in Weiß, die untere Hälfte einem Sweatshirt. Erhältlich ist es für 9.900 Yen (rund 77 Euro), für Frauen und Männer gibt es das Ensemble in mehreren Mustern und Farben. Das Kleidungsstück solle allerdings nicht vollkommen ernst genommen werden, so Ito. Für das Unternehmen sei die Kreation jedenfalls zum Verkaufsschlager geworden – Bestellungen gebe es aus USA, Kanada, Spanien und Indonesien.

Pyjama-Hype bleibt ungebrochen

Der renommierte Modedesigner Prabal Gurung, der für seine Urlaubskollektion auf Seidenpyjamas setzte, bewundert die Bestrebungen aus Japan – er hält es aber für einen Homeoffice-Look ausreichend, einfach einen Blazer zum Seidenpyjama zu tragen. Das sei ein „sehr eleganter Look“, so der Designer zum „Wall Street Journal“.

Dass der Pyjama aktuell im Trend ist, zeigt unter anderem der „How we Shop, Live and Look“-Bericht der britischen Department-Store-Kette John Lewis. Diesem zufolge nahmen die Verkäufe von Loungewear und Leggings 2020 im Vergleich zum Mai 2019 um 1.303 Prozent zu. Das Unternehmen rechnet damit, dass der Pyjama-Hype 2021 ungebrochen bleibt. Auch die Modehäuser Dior und Fendi widmeten ihm jüngst Kollektionen.

„Teil einer neuen Normalität“

Dass der Erfolg von Produkten wie dem Pyjamaanzug nachhaltig sein wird, dessen ist Ito sich allerdings sicher: „Ich denke, Homeoffice wird Teil einer neuen Normalität werden, deshalb werden auch Designs wie die WFH Jammies, die an diesen neuen Lebensstil angepasst werden, weiterhin produziert werden.“ Formelle Kleidung sei mit der Pandemie ins Hintertreffen geraten.