Auskunftsperson Stefan Steiner beim Ibiza Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
Kurz-Berater befragt

Spenden, Schulden und die „DNA der ÖVP“

„Mastermind“, „Krisenmanager“ und „graue Eminenz von Kurz“: Über die Person Stefan Steiner sind in der Vergangenheit schon etliche Artikel verfasst worden. Wegen seiner Rolle im Wahlkampf 2017 war der frühere ÖVP-Generalsekretär und nunmehrige Berater von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch Auskunftsperson im „Ibiza“-U-Ausschuss. Es ging unter anderem um Spenden, Schulden und die „DNA der Volkspartei“.

In seiner einleitenden Stellungnahme wies Steiner jegliche Vorwürfe – von Gesetzeskauf bis Postenschacher – zurück. „Ich kann ganz klar verneinen, dass Spenden angenommen wurden, die mit einer Gegenleistung verbunden waren“, sagte die Auskunftsperson. Die Opposition mutmaßt, dass die ÖVP Spenden von Unternehmen angenommen und sich anschließend besonders „hilfsbereit“ gezeigt habe. Als Beleg wurde unter anderem das „Projekt Ballhausplatz“ herangezogen, der Plan, der Kurz zum Wahlsieg verholfen haben soll.

Steiner stellte das Vorgehen als „vollkommen normal“ dar. Im Wahlkampf 2017 sei alles mit rechten Dingen zugegangen, versicherte die Auskunftsperson, die bei ÖVP-FPÖ-Regierungsverhandlungen im Jahr 2017 selbst Mitglied der Steuerungsgruppe war. Beim „Projekt Ballhausplatz“ werde „sehr viel hineininterpretiert“. Es sei legitim, wenn man ein Ziel vor Augen habe. „Ist es dann das ‚Projekt Sandkiste‘, nur weil Alfred Gusenbauer (SPÖ, Anm.) schon in der Sandkiste vom Bundeskanzleramt geträumt hat?“, fragte Steiner. Er sei für die strategische Ausrichtung zuständig gewesen. Und „Schritt für Schritt“ hätten sich die Dinge dann schließlich entwickelt.

„DNA der Volkspartei“

Steiner gilt als engster Vertrauter von Kurz und war schon zuvor in der ÖVP politisch aktiv, zuerst in Niederösterreich und dann in der Politischen Akademie. Ab etwa 2011 wich er nicht mehr von Kurz’ Seite. Zuerst war er Büroleiter des damaligen Staatssekretärs für Integration, danach Sektionschef. 2017 war er federführend am „Projekt Ballhausplatz“ beteiligt.

Kurz und sein Team sollen die Kanzlerschaft minutiös vorbereitet haben. Es sei in der „DNA der Volkspartei“, für bestimmte Werte und Ziele zu stehen, so Steiner. Mit dem Wahlsieg war seine Tätigkeit freilich nicht vorbei. Auch in der „6er-Gruppe“, einer Chatgruppe mit Heinz-Christian Strache, Herbert Kickl, Norbert Hofer (alle FPÖ), Gernot Blümel (ÖVP) und Kurz war er aktiv. Er habe einen Vertrag mit der ÖVP, so Steiner, der eigenen Angaben zufolge „im Bundeskanzleramt karenziert“ ist. Die Beratungsleistungen für Kurz nähmen sehr viel Zeit in Anspruch. Er hatte aber keine Zugriffe auf Dokumente des Kanzlers.

Stephanie Krisper (NEOS)
ORF.at/Lukas Krummholz
Die Befragung von Steiner zog sich in die Länge – auch wegen etlicher Debatten über die Fragestellungen

Dass die ÖVP für den Wahlkampf 2017 die Wahlkampfkostenobergrenze deutlich überschritten hatte, wusste der Berater damals nicht. Steiner wiederholte, dass er für die Strategie und Planung zuständig gewesen sei. NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper sprach daraufhin einen Beratervertrag zwischen Steiner und der ÖVP an. Nach einer längeren Debatte darüber, ob die Frage zulässig ist, sagte Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl: „Woher Herr Steiner sein Einkommen bezieht, ist nicht Gegenstand des Untersuchungsausschusses. Sie können noch so sehr einen Zusammenhang herstellen, ich sehe ihn nicht“, so Pöschl.

Krisper legte Steiner das Dokument vor, das von Medien mit „Projekt Ballhausplatz“ tituliert wurde. Die Auskunftsperson sagte, dass er die Echtheit nicht bestätigen kann, weil „einiges entfernt und hinzugefügt“ wurde. „Ich kann ausschließen, dass es Gegengeschäfte im Sinne von ‚spenden und dafür‘ gegeben hat“, wiederholte Steiner, der im Dokument namentlich genannt wird. Mit Sponsoring sei er nach eigenen Angaben nicht befasst worden. Auf die Frage, ob er über Zahlungen vonseiten des Glücksspielkonzerns Novomatic an „parteinahe Organisationen“ wisse, fragte Steiner nach: „Was bedeutet parteinahe?“ Er selbst kenne nur das medial Thematisierte.

„Zieht sich wie ein Kaugummi“

Überhaupt schien Steiner vieles nur aus den Medien zu kennen. Auf Fragen reagierte er meist mit Nachfragen, da ihm offenbar die Fragen nicht konkret genug waren. „Das kostet Zeit“, sagte SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer mit Blick auf die maximale Befragungszeit von vier Stunden. FPÖ-Mandatar Christian Hafenecker schlug in dieselbe Kerbe und richtete Steiner aus: „Verbrauchen Sie nicht meine Fragezeit!“

Hinzu kamen etliche Debatten über Fragen, die laut Opposition gestellt werden müssen – laut ÖVP aber nicht Gegenstand der Vollziehung der ÖVP-FPÖ-Regierung sind: ÖVP-Schulden und Finanzierung des Wahlkampfs 2017. Die Grünen hingegen pochten auf schnelle Entscheidungen. „Es zieht sich wie Kaugummi heute“, sagte Nina Tomaselli. Ausschussvositzender Wolfgang Sobotka (ÖVP): „Es ist auch für mich lähmend, wenn nicht befragt wird.“

Auskunftsperson Stefan Steiner beim Ibiza Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
Steiner gilt als enger Vertrauter von Bundeskanzler Sebastian Kurz

Fragen, ob zum Beispiel Dritte die Verbindlichkeiten der ÖVP gezahlt hatten, mussten mit dem Untersuchungsgegenstand in Verbindung gestellt werden. Im Mittelpunkt stand aber ohnehin die Generierung von Spenden für den Wahlkampf. Steiner meinte, dass es selbstverständlich solche gab. Aber die Spender und Spenderinnen hätten mit einer Unterschrift versichert, dass sie keine Gegenleistungen verlangten. Etwas zu spenden sei „etwas Gutes“, sagte er, aber als politische Partei müsse man festhalten, dass es keine Gegenleistungen dafür gebe. Das habe man auch so gemacht.

„Engagierte“ und „quirlige“ Gabriela S.

Richtig mitbekommen habe Steiner lediglich die Spende von KTM-Chef Stefan Pierer. Der Unternehmer habe auch versprochen, die Spende am Ende nochmals zu verdoppeln. Sonst sei der frühere ÖVP-Funktionär nicht operativ für Spenden zuständig gewesen, wiederholte Steiner mehrmals. Er habe allerdings im Kopf, dass die ÖVP die Spenden 2017 im Herbst veröffentlicht habe. Fix sagen könne er das aber nicht. Man müsse diese Frage dem nunmehrigen ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior stellen, der damals für die Finanzen zuständig war.

Christian Hafenecker (FPÖ)
ORF.at/Lukas Krummholz
FPÖ-Mandatar Hafenecker war sichtlich verärgert über die „Verzögerungstaktik“ von Steiner

Dass Verwandte von ÖVP-Spendern heute in Aufsichtsräten von staatsnahen Unternehmen sitzen, sei kein Problem, sagte Steiner. „Sie sitzen nicht wegen der Spenden dort, sondern nur, wenn die Qualifikation auch passt.“ Er zog den Vergleich mit Hans Peter Haselsteiner, der NEOS gespendet hatte und später in den ORF-Stiftungsrat einzog. „Das ist okay, völlig okay.“ Man müsse sich eben an Gesetze halten.

Befragt wurde Steiner auch zur Person Gabriela S. Die Unternehmerin soll – geht es nach der Opposition – im Wahlkampf „Spendenpartys“ für Kurz organisiert haben. Die ÖVP wehrt sich gegen diese Formulierung, es soll sich lediglich um ein Personenkomitee gehandelt haben, das sie angeführt habe. Steiner gab an, S. bei einer Wahlkampfveranstaltung für Irmgard Griss kennengelernt zu haben. Sie sei eine sehr „engagierte“ und „quirlige“ Frau gewesen, die etwas habe weiterbringen wollen.

Jetzt, im Nachhinein, nehme er die Debatte darüber wahr, weil er jeden Tag Zeitungen lese. Mit S. habe er sich über den Standort Österreich, der für sie ganz wichtig zu sein scheine, unterhalten, aber nicht über Finanzielles, so Steiner. S. ist am Donnerstag als Auskunftsperson geladen.

Längere Wartezeiten

Im Vorfeld der Befragung hatte es Diskussionen gegeben, weil Steiner als Vertrauensperson Rechtsanwalt Werner Suppan an seiner Seite gehabt hatte. Suppan, der wiederholt anwaltlich für die ÖVP tätig war und Ersatzmitglied am Verfassungsgerichtshof ist, steht nämlich ebenfalls auf der Liste der Auskunftspersonen im Zusammenhang mit einem Angebot des späteren „Ibiza-Anwalts“ im Jahr 2014, bei dem es um belastendes Material über den damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ging.

Klaus Fürlinger (ÖVP)
ORF.at/Lukas Krummholz
Für die ÖVP stellte am Mittwoch Klaus Fürlinger die Fragen

Vor der Sitzung beklagten die Fraktionsführer, dass die SMS zwischen Kurz und Strache noch immer nicht geliefert wurden. Auch die angebliche Klassifizierung der schon überfälligen Chats sorgte weiter für Unmut. Am Mittwoch durchgesickerte Details über die Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel regten wiederum Hafenecker auf.

Laut „Standard“ soll Blümels Notebook zuerst von den Ermittlern nicht aufgefunden worden sein, da die Ehefrau des Beschuldigten dieses zu einem Spaziergang mitgenommen hatte. Das Gerät wurde von einem Mitarbeiter Blümels schließlich zurückgebracht. Hafenecker kündigte eine Anzeige wegen Beweismittelunterdrückung an.