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ORF.at/Roland Winkler
Gendergap

Gründe für den Lohnunterschied

Die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern in Österreich sind seit 2009 zwar um 4,4 Prozentpunkte zurückgegangen, dennoch haben Frauen im Jahr 2019 in der Privatwirtschaft brutto pro Stunde 19,9 Prozent weniger verdient als Männer. Das gab die Statistik Austria am Mittwoch bekannt. Das AMS erhöhte derweil die Förderung für Frauen. Die Lohndifferenzen erklären sich laut Statistik Austria zum Teil durch Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt.

„Wichtige Einflussfaktoren auf die Lohnlücke sind unter anderem die Branchenwahl, Teilzeitbeschäftigung und die Dauer der Zugehörigkeit im Unternehmen, wobei vor allem bei Frauen die Teilzeit wiederum vom Faktor Elternschaft beeinflusst wird“, sagte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas in einer im Vorfeld des Frauentags am 8. März veröffentlichten Pressemitteilung.

Im EU-Vergleich liege Österreich mit einer Lohndifferenz von 19,9 Prozent weiterhin deutlich über dem europäischen Durchschnitt von 14,1 Prozent, so die Statistik Austria weiter. Nur in Lettland und Estland waren die Lohnunterschiede größer. Im von der Statistik Austria detaillierter analysierten Jahr 2018 machte der Lohnunterschied im Schnitt 20,4 Prozent aus. 6,4 Prozentpunkte davon konnten durch die Faktoren Branche, Berufswahl, Ausbildung, Alter, Dauer der Unternehmenszugehörigkeit, Teilzeitquote und durch die Art des Arbeitsvertrags, die Region sowie die Unternehmensgröße erklärt werden. 14 Prozentpunkte blieben ungeklärt, so die Statistikbehörde.

Grafik zum Gender Gap
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Statistik Austria

Ausbildung: Frauen müssten mehr als Männer verdienen

Zu den wichtigsten Gründen für die Unterschiede zählt die Branche (2,9 Prozentpunkte), da Frauen öfter in Branchen mit geringeren Verdienstmöglichkeiten arbeiten als Männer. Einen deutlichen Einfluss hat auch das Ausmaß der Beschäftigung (2,6 Prozentpunkte), denn Teilzeitbeschäftigte werden auch pro Stunde geringer entlohnt.

Ebenfalls relevant sind Unterschiede bei der Dauer der Zugehörigkeit zum Unternehmen (1,7 Prozentpunkte): Frauen arbeiten durchschnittlich rund sieben Jahre im selben Unternehmen, Männer neun Jahre. Der Faktor Beruf hat an Bedeutung verloren, erkläre aber immer noch 1,6 Prozentpunkte des Gehaltsunterschieds, heißt es weiter. Ginge es dagegen rein nach der formalen Ausbildung, müssten Frauen bereits mehr als Männer verdienen (1,2 Prozentpunkte).

Am häufigsten waren Frauen 2019 im Gesundheits- und Sozialwesen (17,9) sowie im Handel (17,5 Prozent) tätig. Männer waren dagegen bei der Herstellung von Waren (24,5 Prozent), am Bau (14,0) und im Handel (12,4) stark vertreten. In der von der CoV-Krise besonders betroffenen Beherbergung und Gastronomie arbeiteten 7,9 Prozent der Frauen und 4,2 Prozent der Männer.

Auch Qualifikation hilft nur teilweise

Deutlich zeigt sich der Geschlechterunterschied auch bei der Besetzung von Führungspositionen. Im Jahr 2019 übten insgesamt 3,8 Prozent der unselbstständig erwerbstätigen Frauen eine führende Tätigkeit aus. Bei den Männern waren es hingegen 8,1 Prozent. Diese Unterschiede bestehen auch bei gleichen Bildungsabschlüssen, besonders auffällig ist das bei den Hochqualifizierten. 8,6 Prozent der Frauen mit Fachhochschul- oder Universitätsabschluss waren in Führungspositionen tätig. Bei gleich gut qualifizierten Männern waren es hingegen 18,9 Prozent.

Grafik zum Gender Gap
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Statistik Austria

Bei den Teilzeitbeschäftigten sind Frauen klar in der Mehrheit. Die Teilzeitquote der Frauen stieg zwischen 2009 und 2019 von 43,1 Prozent auf 47,7 Prozent. Bei den Männern zeigt sich zwar ebenfalls ein Anstieg, allerdings auf deutlich niedrigerem Niveau. 2009 lag der Anteil bei 8,8 Prozent, 2019 bei 10,7 Prozent.

Vor allem bei Frauen mit Kindern ist Teilzeitbeschäftigung die dominierende Form. Die 25- bis 49-jährigen Frauen mit Kindern unter 15 Jahren arbeiteten zu 74,3 Prozent in Teilzeit, Männer mit gleichaltrigen Kindern hingegen nur zu 5,6 Prozent. EU-weit den geringsten Lohnunterschied wies 2019 laut Eurostat-Daten Luxemburg mit 1,3 Prozent Differenz auf, den größten Estland mit 21,7 Prozent. Deutschland lag mit 19,2 Prozent direkt hinter Österreich.

AMS: 60,5 Mio. für Frauenprogramm

Dem Arbeitsmarktservice (AMS) stehen für sein Frauenprogramm heuer 60,5 Mio. Euro zur Verfügung. Das sei ein Frauenförderbudget „in noch nicht da gewesenem Umfang“, sagte ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) am Mittwoch. Im Vorjahr hatte das AMS rund 55 Mio. Euro für Frauenförderung zur Verfügung, 2016 waren es erst 38 Mio. Euro.

Wenige Tage vor dem Weltfrauentag am 8. März unterstrich Raab, dass Frauen im Bereich des AMS heuer überproportional gefördert werden. Das Förderziel 2021 beträgt für sie 50 Prozent, und das sind, so Kocher, um 3,5 Prozentpunkte mehr, als ihr Anteil an der Arbeitslosigkeit beträgt. Es handle sich um „positive Diskriminierung“ oder auch „Affirmative Action“ für Frauen auf dem Arbeitsmarkt, „und das halte ich für gut und richtig so in der derzeitigen Situation“, betonte der Arbeitsminister.

Auch Hilfe bei Wiedereinstieg

Konkret können heuer 1.600 Frauen eine handwerklich-technische Ausbildung absolvieren. Es gibt Beratungen in Frauen- und Mädchenberufszentren und Hilfe beim Wiedereinstieg nach der Babypause. 2020 haben rund 20.000 Frauen an diesen speziellen Programmen teilgenommen. Ausgebaut wird auch die AMS-Kinderbetreuungshilfe. Die Höchsteinkommensgrenze, um bis zu 300 Euro rückerstattet zu bekommen, steigt hier von 2.300 auf 2.650 Euro. Davon sollen etwa Krankenpflegerinnen oder Chemikerinnen mit höherem Einstiegsgehalt profitieren.

Fakt sei nämlich, dass für Frauen in der CoV-Pandemie die Arbeitslosigkeit überdurchschnittlich angestiegen sei, weil sie vermehrt in besonders betroffenen Branchen wie Gastronomie oder Beherbergung arbeiten, so Kocher. Raab erinnerte daran, dass hier auch bereits Beschlossenes helfe, etwa die unlängst präsentierte Aufstockung des Familienhärtefonds um 50 Mio. Euro.

Pandemie trifft Frauen härter

Frauen leiden auch mehr unter den Folgen der Pandemie als Männer. Sie sind länger arbeitslos, was schwerwiegende Folgen auf die seelische Gesundheit hat. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie unter anderem des Instituts für Wirtschaftssoziologie der Uni Wien – mehr dazu in wien.ORF.at.

Die Krise versetzt auch den Karrierechancen von Frauen einen Dämpfer, wie eine aktuelle Umfrage von Deloitte Österreich und WoMentor unter 626 Führungskräften sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zeigt. Insgesamt gehen Führungskräfte siebenmal häufiger davon aus, dass sich die Karrierechancen für Frauen aufgrund der Pandemie verschlechtert haben (14 Prozent), als das bei den Karrierechancen der Männer (zwei Prozent) der Fall ist. In den Augen der befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden negative Auswirkungen auf Frauenkarrieren (27 Prozent) sogar neunmal häufiger genannt als auf Männerkarrieren (drei Prozent).

Weibliche Führungskräfte berichten fast doppelt so häufig (27 Prozent) wie ihre männlichen Kollegen (15 Prozent) über negative Folgen der Pandemie auf den eigenen Bonus und fast viermal so oft über negative Auswirkungen auf die eigene Beförderung (16 Prozent versus vier Prozent). Zudem erleben weibliche Führungskräfte (62 Prozent) wesentlich häufiger eine Verschlechterung ihrer Work-Life-Balance als ihre männlichen Kollegen (39 Prozent).

Herausforderung Kinderbetreuung

Eine große Hürde in Coronavirus-Zeiten ist die Kinderbetreuung. Drei Viertel der Beschäftigten mit Betreuungspflichten nennen den gestiegenen Aufwand für Kinderbetreuung als die mit Abstand größte Herausforderung. Befragte ohne Betreuungspflichten nennen den Umstieg auf Homeoffice als neue Form des Arbeitens am häufigsten als neue Herausforderung (41 Prozent). Auch die mentale Gesundheit leidet.

Insgesamt wünschen sich 41 Prozent aller befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich zusätzliche Unterstützungsangebote. Vor allem männliche Führungskräfte nehmen diesen Bedarf allerdings noch nicht ausreichend wahr.

So berichten doppelt so viele weibliche wie männliche Führungskräfte von Einsamkeit, Ängsten und depressiven Verstimmungen in ihren Teams. „Dabei haben betreuungspflichtige Männer laut Umfrage besonders häufig mit psychischen Belastungen zu kämpfen“, so WoMentor-Geschäftsführerin Desiree Jonek.