„Ibiza“-Ausschuss: Kurz-Berater Steiner wird befragt

Mit erheblicher Verspätung hat die erste Befragung des „Ibiza“-U-Ausschusses begonnen – derzeit steht mit Stefan Steiner einer der engsten Berater von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Rede und Antwort. Ihm folgt dann der nunmehrige ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior. NEOS bezeichnete Steiner als „das Hirn“ des Kanzlers. Es geht zentral um das „Projekt Ballhausplatz“, also jene Wahlkampfstrategie, die dem damaligen ÖVP-Chef Kurz 2017 ins Kanzleramt verhalf.

Steiner schließt Gegenleistungen für Spenden aus

Der Jurist Steiner, damals Mitglied der Steuerungsgruppe, schloss gleich eingangs und später wiederholt Gegenleistungen für Spenden aus. Mit Sponsoring (etwa durch den Glücksspielkonzern Novomatic) sei er nie befasst gewesen. Auch im damaligen Wahlkampf sei alles korrekt gelaufen: Spenden seien auch nicht in Erwartung von Gegenleistungen erfolgt. Zu Peter Sidlo, der ja vom FPÖ-Bezirksrat zum Finanzvorstand der Casinos Austria avancierte, konnte Steiner kaum Angaben machen: Er kenne Sidlo nicht, von einem Deal hinter dessen Bestellung wüsste er nichts, so Steiner.

Auskunftsperson Stefan Steiner beim Ibiza Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz

Das „Projekt Ballhausplatz“ sei von Medien als solches benannt worden. Es sei legitim, dass man ein Ziel vor Augen habe. Er frage sich, ob (Ex-SPÖ-Kanzler, Anm.) Alfred Gusenbauers Ziel „Projekt Sandkiste“ geheißen habe, weil er schon in der Sandkiste Kanzler werden wollte (wie Gusenbauer damals angegeben hatte). Im Falle des Aufstiegs von Kanzler Kurz hätten sich die Dinge „Schritt für Schritt“ ergeben – viele hätten eine „Begeisterung“ für Kurz entwickelt.

NEOS-Fraktionsvorsitzende Stephanie Krisper hinterfragte Steiners einleitende Darstellung („Lass dich nie kaufen“), wie wichtig es ihm sei, immer rechtskonform zu handeln. Ob er Wahrnehmungen zur Wahlkampfkostenüberschreitung der ÖVP 2017 habe (sechs Millionen zu viel ausgegeben, nämlich zwölf Mio. Euro, und daraus folgend eine Strafe)? Er sei mit Strategiefragen beschäftigt gewesen, doch sei ihm der Umstand der Überschreitung (Krisper: „nicht rechtskonform“) bekannt. Er habe aber nicht gewusst, was der Wahlkampf damals gekostet hat.

Debatte über Honorar

Auch Thema wurde Steiners mutmaßlich üppiges Beraterhonorar – hier hingen die Meinungen hinsichtlich der Relevanz (auch bezüglich der Frage, ob es sich um Steuergeld handelt) auseinander. Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl setzte dann aber einen Schlusspunkt, es handle sich jedenfalls um Steiners Privatangelegenheit und sei nicht für die Aufarbeitung im Ausschuss bedeutsam.

Kritik übte Krisper vor Beginn der Befragung an der bis dato nicht erfolgten Lieferung der Chats und SMS zwischen Kurz und Ex-FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Auch sprach sie die Hausdurchsuchung bei Hygiene Austria an. Dass der Schwager der Büroleiterin von Kurz (sie ist für morgen in den Ausschuss geladen) dort Geschäftsführer ist, könnte ein Zufall sein – man glaube aber nicht an Zufälle.

SPÖ und Grüne sehen Untersuchung im „Kern“ angekommen

Grünen-Fraktionsvorsitzende Nina Tomaselli sagte, man sei „im Kern“ des Ausschusses angekommen. Es könne „niemand mehr bestreiten, dass ÖVP und FPÖ ein politisches System für Gönner und Spender geschaffen“ hätten. Mit Steiner und Melchior seien zwei Insider geladen, als zentrales Dokument würden heute die Unterlagen zum „Projekt Ballhausplatz“ dienen.

„Wenn es mein Plan ist, Millionen an Spenden zu sammeln, dann ist man sich auch bewusst, dass daran Erwartungen geknüpft sind“, jede Spende habe einen Hintergedanken. Auch Tomaselli übte Kritik an der hohen Klassifizierung der Kurz-Strache-SMS („Immenser Aufwand für den Ausschuss“, „mittelalterlich“). Gefragt nach den Entwicklungen rund um Hygiene Austria betonte Tomaselli die Wichtigkeit der Untersuchungen der WKStA.

Krainer: „Wie offensiv wurden Spenden lukriert?“

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer sieht die Spender von der ÖVP „beschützt“, auch er sieht den Ausschuss im Kern angekommen. Heute gehe es darum, „wie offensiv Spenden lukriert wurden“, so Krainer. Steiner sei für die Planung und Strategie zuständig, Melchior für die Spenden als Betreuer der Spender und Spenderinnen. Zur Hausdurchsuchung bei Hygiene Austria sagte er: „Es stinkt zum Himmel. Ich bin froh, dass die Staatsanwaltschaften den Hinweisen nachgehen.“

Steiner als „Sprengmeister der ÖVP-FPÖ-Koalition“

FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker bezeichnete Steiner als „Sprengmeister der ÖVP-FPÖ-Koalition nach der Ibiza-Affäre“. Er sei auch „einer der Masterminds des Projekts Ballhausplatz“. Hafenecker sagte, er habe den Eindruck, dass Melchior als Sündenbock der ÖVP abgestempelt wurde. Dem Material zufolge sei er „der Chefkassier der ÖVP“. Hafenecker fragte sich zudem, was Melchior im Parlament mache, da er nur selten spreche. „Ist das ein Mascherlposten?“

Mit Laptop auf Spaziergang – FPÖ: „Unerträglich“

Auch die über einen Artikel im „Standard“ heute publik gewordenen Details zur Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) kommentierte er. Der Artikel beschreibt, dass sich während der laufenden Hausdurchsuchung herausstellte, dass Blümels Frau den Laptop auf einen Spaziergang mitgenommen hatte. Blümels Kabinettschef brachte das Gerät in der Folge zu den Ermittlern zur Wohnung.

Hafenecker dazu: „Im Kinderwagen ein Laptop, das ist unerträglich. Wir lassen uns von dieser ÖVP nicht mehr an der Nase herumführen. Wir werden eine Anzeige gegen Blümel einbringen. Was wurde aus dem Laptop?“ Auch zu Hygiene Austria nahm er Stellung: Wenn der Verdacht stimme, dass Masken aus China billig eingekauft wurden und hier umgepackt wurden – auch das Parlament verwendet diese Masken –, dann sei es ein „Skandal“.

Gerstl: „Heute mehr Show als Aufklärung“

ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl sagte, er habe eine komplett andere Sicht der Dinge. Es gehe der Opposition „nicht nur um Ibiza, sondern um die ÖVP“. Seit Monaten werde versucht, die ÖVP zum Thema des Ausschusses zu machen („Sie hat Ibiza verdrängt“). So werde es heute „mehr Show geben als Aufklärung“, so Gerstl.

Zur Hausdurchsuchung bei Hygiene Austria verwies er auf „schwerwiegende Vorwürfe von beiden Seiten“. „Wenn der Vorwurf der Staatsanwaltschaft stimmt, braucht es ein Verfahren. Wenn der Vorwurf des Unternehmens stimmt, dann gehört es aufgeklärt“, so Gerstl. Zur Berichterstattung zur Causa Blümel verwies er darauf, dass Blümel der WKStA selbst gesagt habe, dass es einen Laptop gibt, den er und seine Frau benützen.