Verpackte Maske des Herstellers Hygiene Austria
ORF.at/Carina Kainz
Masken umetikettiert?

Bundesagentur legt Vertrag auf Eis

Die Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG) hat auf die Hausdurchsuchungen beim Schutzmaskenhersteller Hygiene Austria reagiert und das Unternehmen als Auftragnehmer „inaktiv“ gestellt – das bedeutet, dass bis auf Weiteres keine Bestellungen bzw. Abrufe von Schutzmasken bei der Hygiene Austria über die BBG möglich sind. Hygiene Austria gestand am Mittwochabend in einer Aussendung indes ein, dass „zum Ausgleich einer Nachfragespitze ein Lohnhersteller hinzugezogen wurde“.

Die Versorgung mit FFP2-Schutzmasken sei aber weiterhin uneingeschränkt gewährleistet, da die Hygiene Austria LP GmbH nur einer von über 30 Auftragnehmern in diesem Bereich sei, betonte die BBG Mittwochnachmittag in einer Stellungnahme.

Ein Sprecher der Hygiene Austria – das Unternehmen ist ein Joint Venture des oberösterreichischen Faserherstellers Lenzing und des Textilkonzerns Palmers – hatte die Razzien an zwei Standorten am Dienstag bestätigt. Laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geht es um den Verdacht der organisierten Schwarzarbeit sowie schweren gewerbsmäßigen Betrugs. Konkret sollen in China produzierte Masken falsch etikettiert und als österreichische Produkte verkauft worden sein.

BBG: Waren nicht vorinformiert

Die BBG hat nach eigenen Angaben am Dienstag aus Medienberichten über die Durchsuchungen bei Hygiene Austria erfahren und das Unternehmen noch Dienstagabend zu einer Stellungnahme aufgefordert. Darüber hinaus habe man auch bereits am Dienstag schriftlich bei der WKStA um nähere Informationen zur vergaberechtlichen Bewertung der Sachlage angefragt.

Generell sind öffentliche Auftraggeber nicht verpflichtet, die Rahmenvereinbarung der BBG zu nutzen, sondern sie können auch selbst Vergabeverfahren durchführen. Wenn öffentliche Stellen die Rahmenvereinbarung der BBG nutzen, führen sie die konkreten Beschaffungen sowie unter anderem die Auswahl des jeweiligen Auftragnehmers auf Basis der abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen selbst durch.

184 von 1.900 Beschaffungen bisher

Von mehr als 1.900 bisher getätigten Beschaffungsvorgängen von öffentlichen Stellen unter Inanspruchnahme der BBG-Rahmenvereinbarung sei in 184 Fällen die Hygiene Austria LP GmbH als Auftragnehmer gewählt worden, so die Auskunft der BBG. Vier Bestellvorgänge seien noch nicht ausgeliefert, einer sei durch einen öffentlichen Auftraggeber bereits hinterfragt worden.

Insgesamt wurden aufgrund der BBG-Rahmenvereinbarung rund 160.000 Mund-Nasen-Schutzmasken bestellt sowie rund 1.08 Millionen FFP2-Schutzmasken. Außerdem hat es laut BBG bisher keine zentral organisierten Großaufträge an die Hygiene Austria gegeben. „Inwieweit öffentliche Stellen darüber hinaus Beschaffungen direkt bei der Hygiene Austria LP GmbH getätigt haben, entzieht sich unserer Kenntnis“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme der Bundesbeschaffungsgesellschaft.

Weitere Schritte seien nun abhängig vom Verlauf der behördlichen Maßnahmen sowie von den Ergebnissen der eigenen Prüfungen der BBG aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen.

SPÖ-Anfrage an Kurz

Eine politische Dimension hatte die Causa bereits zuvor durch die Tatsache, dass der Geschäftsführer der Firma ein Verwandter der Büroleiterin von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist. Ein Sprecher der Hygiene Austria hatte die Razzien an zwei Standorten am Dienstag bestätigt.

Die SPÖ kündigte nun eine Anfrage an Kurz an und will wissen, ob es Interventionen vonseiten der Firma gab. Auch die FPÖ kritisierte Kurz. Dieser ging nach dem Ministerrat nicht näher auf die Causa ein. Er wisse nicht mehr, als in den Medien zu lesen sei.

„Lohnhersteller hinzugezogen“

Laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft geht es um den Verdacht der organisierten Schwarzarbeit sowie des schweren gewerbsmäßigen Betrugs. Hygiene Austria wies die erhobenen Vorwürfe als „haltlos“ auf das Schärfste zurück und kooperiert eigenen Angaben zufolge eng mit den Behörden, um zur Aufklärung beizutragen.

Hygiene Austria weist Vorwürfe zurück

Der Maskenhersteller Hygiene Austria soll Masken aus China umgepackt und als „made in Austria“ verkauft haben. Das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück.

„Die Hygiene Austria arbeitet auf den Grundlagen der österreichischen Gesetze und verkauft ausschließlich hochwertige Masken nach rot-weiß-rotem Qualitätsstandard“, so das Unternehmen dazu in einer Aussendung. Um „den zwischenzeitlichen Nachfrageanstieg zu bewältigen“, sei aber ein „chinesischer Lohnfabrikant mit der Produktion von Masken nach dem Baumuster der Hygiene Austria beauftragt“ wie das Unternehmen dazu mitteilte.

Die Masken in der Lohnproduktion seien im Einkauf um 60 bis 100 Prozent teurer gewesen als die in der österreichischen Produktionslinie, wie Hygiene Austria weiter mitteilte. Was die „CE Zertifizierung nach EN149:2001“ betrifft, sei diese durch ein Schweizer Unternehmen sichergestellt. „Die Gutachten für die Masken liegen vor und werden der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt werden“.

Hygiene Austria weist in der Aussendung auch den Vorwurf der Schwarzarbeit „klar zurück“. Man habe „professionelle österreichische Personaldienstleistungsunternehmen“ mit der Überlassung von Arbeitskräften beauftragt, heißt es dazu in der Aussendung: „Es liegt also grundsätzlich in deren Verantwortung, für eine rechtmäßige und ordnungsgemäße Anmeldung zu sorgen.“

Abnehmer prüfen weitere Vorgangsweise

Nach den Durchsuchungen beim Schutzmaskenhersteller Hygiene Austria gehen unterdessen die Abnehmer der Masken nun der Frage nach, ob auch sie betroffen sein könnten und ein Rückruf notwendig ist.

Bei Spar zeigte man sich zwar besorgt, letztlich aber überzeugt, dass die Ware aus Österreich stamme, selbst die Rohware. Es lägen jedenfalls die entsprechenden Prüfgutachten vor. REWE prüft nach eigenen Angaben derzeit und ist diesbezüglich auch in Kontakt mit Hygiene Austria. Auch Hofer und ÖBB bezogen Masken von Hygiene Austria.

Masken auch für Parlament

Vertreter von SPÖ und FPÖ wiesen am Mittwoch darauf hin, dass die im Ausland produzierten und mutmaßlich umetikettierten Produkte auch vom Parlament zur Verfügung gestellt werden.