Sitzung der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes und des Nationalen Volkskongresses in der Große Halle des Volkes in Peking
APA/AFP/Leo Ramirez
Volkskongress

China will sich unabhängiger machen

In Peking hat am Freitag die rund einwöchige Jahrestagung des chinesischen Volkskongresses in der Großen Halle des Volkes begonnen. Der Volkskongress soll das Land für die Zukunft rüsten und vom Rest der Welt unabhängiger machen, so der Plan für die nächsten Jahre. Militärische, technologische und wirtschaftliche Weichen sollen daher neu gestellt werden. Auch ein starkes Signal an die USA wird erwartet.

So plant China auf der Tagung der rund 3.000 Abgeordneten etwa eine starke Erhöhung seiner Verteidigungsausgaben heuer um 6,8 Prozent. Damit steigen die Ausgaben für das Militär in diesem Jahr wieder schneller als die Gesamtausgaben im Haushalt.

Vor dem Hintergrund der Spannungen mit den USA, Indien, Taiwan und im umstrittenen Südchinesischen Meer war von chinesische Experten laut Staatsmedien in diesem Jahr ein Zuwachs von rund sieben Prozent bereits erwartet worden. Die kräftige Steigerung wird unter anderem mit dem erwarteten starken Wachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt in diesem Jahr und „schweren militärischen Bedrohungen“ für China begründet.

Ein starkes und mit modernster Waffentechnik ausgerüstetes Militär ist für China auch eine Vorbedingung zum weiteren Aufstieg zu einer nicht nur wirtschaftlich globalen Macht, so Fachleute. Es sei auch ein starkes Signal an die USA und den Westen, vor allem vor dem Hintergrund der CoV-Pandemie. China lasse sich auch von einer Pandemie nicht aufhalten, so das Zeichen in Richtung Westen.

Ein Radfahrer fährt an einem Plakat von Chinas Präsident Xi Jinping vorbei
Reuters/Aly Song
Präsident Xi Jinping ist auf Plakaten allgegenwärtig

Wahlreform für Hongkong

Auf der Sitzung des Volkskongresses wird auch über den neuen Fünfjahresplan für 2021 bis 2025 beraten. Mit der Weichenstellung will sich China wirtschaftlich und technologisch unabhängiger vom Rest der Welt machen. Regierungschef Li Keqiang eröffnete die Tagung mit seinem Arbeitsbericht.

Ein „Höhepunkt“ der Jahrestagung, so chinesische Staatsmedien, wird eine geplante Wahlreform für Hongkong, die dafür sorgen soll, dass die chinesische Sonderverwaltungsregion künftig „nur von Patrioten regiert“ wird. Diesen Grundsatz hob auch der Vorsitzende der Konsultativkonferenz, Wang Yang, ausdrücklich in seiner Rede zum Auftakt der Sitzung dieses Gremiums am Donnerstag mit Staats- und Parteichef Xi Jinping hervor. Laut Gesetzesentwurf will Peking Wahlen in Hongkong über ein pekingtreues Wahlkomitee stärker kontrollieren.

Immer wieder hatten hochrangige Politiker bis hin zu Xi diese Formel wiederholt, ohne Details zu nennen, wie genau das Wahlrecht geändert werden könnte. Die „Global Times“, die vom Parteiorgan „Volkszeitung“ herausgegeben wird, skizzierte einen Plan, nach dem der Einfluss prodemokratischer Kräfte weiter stark beschnitten würde. Die Zeitung sprach von „Schlupflöchern“ im Wahlsystem, die geschlossen werden sollen. Es könnte unter anderem ein von Peking kontrolliertes Gremium sämtliche Kandidaten, die sich in Hongkong einer Wahl stellen, zunächst auf ihre politisch Gesinnung prüfen.

Sitzung der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes und des Nationalen Volkskongresses in der Große Halle des Volkes in Peking
AP/Andy Wong
Die Abgeordneten der Konsultativkonferenz stehen beim Abspielen der Hymne

Wachstumsziel von über sechs Prozent angekündigt

Zum Auftakt der Sitzung legte die chinesische Führung auch ein Wachstumsziel von mehr als sechs Prozent vor. Wegen der Unsicherheiten durch die Pandemie hatte Regierungschef Li im Vorjahr darauf verzichtet. Als einzige große Volkswirtschaft hatte China 2020 trotz der Krise ein Wachstum erzielt. Um 2,3 Prozent wuchs die Wirtschaft 2020. 2019 hatte es noch zu einem Plus von rund sechs Prozent gereicht. Wegen des laufenden hoch dotierten Programms zur Ankurbelung der Konjunktur rechnet der Internationale Währungsfonds (IWF) in diesem Jahr in China sogar mit einem Wachstum von 8,1 Prozent.

Chinesische Experten rechnen damit, dass das Haushaltsdefizit heuer auch wieder unter die kritische Marke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung fallen dürfte. Im vergangenen Jahr war es auf 3,6 Prozent geklettert, weil Peking die angeschlagene Wirtschaft nach dem Einbruch zu Jahresbeginn mit Milliardenspritzen wieder in Schwung bringen musste.

Alle Abgeordneten geimpft

Wegen der Pandemie hatte der Volkskongress im Vorjahr auf Mai verschoben werden müssen. Dass die Tagung in diesem Jahr wie gewohnt wieder im März stattfindet, demonstriert die Normalisierung in China, das kaum noch lokale Infektionen zählt. Das bevölkerungsreichste Land der Welt hat das Virus mit Ausgangssperren und Massentests für Millionen sowie Kontaktverfolgung, Quarantäne und strikten Einreisebeschränkungen weitgehend in den Griff bekommen.

Um zu zeigen, dass man gegen das Coronavirus gerüstet ist, wurden auch mehr als 5.000 Abgeordnete des Volkskongresses und der parallel dazu stattfindenden Konsultativkonferenz vor ihren beiden Jahrestagungen gegen das Coronavirus geimpft. Der Vorsitzende des chinesischen Impfherstellers Sinopharm, Yu Qingming, enthüllte die Impfaktion laut Staatsmedien am Donnerstag zu Beginn der Sitzung der Konsultativkonferenz. Dieses Beratergremium verdienter Persönlichkeiten kommt immer parallel zum Volkskongress zusammen.

Dass sein Impfstoff der politischen Elite Chinas verabreicht wurde, wertete der Konzernchef als Zeichen des Vertrauens, wie die Zeitung „Jiankang Jiefengbao“ berichtete. Er ist selbst Abgeordneter des Volkskongresses. Drei chinesische Unternehmen haben bisher Vakzine entwickelt: außer Sinopharm auch Sinovac Biotech und CanSino.