Brexit-Streit bedroht Nordirland-Abkommen

Der Nordirland-Konflikt droht wegen des eskalierenden Streits über die Brexit-Folgen wieder aufzuflammen. Probritische Milizen erklärten in einem Schreiben an Premierminister Boris Johnson, aus dem der „Belfast Telegraph“ heute zitierte, ihre Unterstützung für das Karfreitag-Friedensabkommen von 1998 aufgrund von Bedenken zu den Sonderregeln für Nordirland nach dem britischen EU-Ausstieg einstweilen auszusetzen.

Sie forderten Änderungen am Nordirland-Protokoll im Brexit-Abkommen, um einen ungehinderten Handel zwischen Großbritannien und Nordirland zu gewährleisten. Zwar sicherten die Unionistengruppen wie die Ulster Volunteer Force, die Ulster Defence Association und das Red Hand Commando zu, ihren Widerstand auf „friedliche und demokratische“ Weise vorzubringen. Diese Warnung erhöht aber den Druck auf Johnson, den irischen Regierungschef Micheal Martin und die EU, sich zu einigen.

Der Streit über die Nordirland-Regelung zwischen Großbritannien und der EU hatte sich gestern verschärft. Die Regierung in London kündigte an, Zollerleichterungen für Agrar- und Lebensmitteltransporte in die britische Provinz einseitig bis zum 1. Oktober zu verlängern.

Ausnahmeregel bis Ende März befristet

Diese Ausnahmeregel zur Vermeidung von Lieferengpässen ist im Brexit-Deal bis Ende März befristet. Gespräche zwischen beiden Seiten über eine Verlängerung brachten noch kein Ergebnis. Die EU verurteilte das britische Vorgehen als Verletzung des Nordirland-Protokolls und drohte mit rechtlichen Schritten.

Der irische Außenminister Simon Coveney sagte dem Sender RTE heute, das Verhalten der britischen Regierung zeige, dass man ihr „einfach nicht trauen kann, und das ist nicht das erste Mal, dass dies passiert ist“.

Den Frieden zwischen probritischen Unionisten und proirischen Nationalisten zu wahren, ohne dem Vereinigten Königreich eine Hintertür auf den EU-Binnenmarkt zu gewähren und eine harte Grenze zu schaffen, war eine der schwierigsten Aufgaben in den Brexit-Verhandlungen.