Erneut Massenproteste in Algerien

In Algerien haben wieder Tausende Demonstranten einen politischen Wandel für ihr Land gefordert. „Nieder mit dem Militärstaat“, skandierten sie gestern im Zentrum der Hauptstadt Algier. Sie warfen zudem Präsident Abdelmadjid Tebboune und anderen Politikern in Parolen vor, das Land geplündert zu haben. Die Demonstranten halten die Führung für korrupt und sehen sie als Fortsetzung des alten Systems, das mehr als 20 Jahre in Algerien herrschte. Auch in anderen Regionen des Landes kam es zu Protesten.

Demonstranten in Algier
AP/Anis Belghoul

Seit mehreren Wochen demonstrieren immer wieder Tausende Menschen für politische Reformen. Vor zwei Jahren hatte es in dem nordafrikanischen Land Massenproteste gegeben, die schließlich zum Sturz von Langzeitherrscher Abdelaziz Bouteflika führten. Tebboune wurde im Dezember 2019 zu dessen Nachfolger als Staatschef gewählt.

Um Vertrauen in seinen Regierungsapparat zu gewinnen, hatte Tebboune vor zwei Wochen die Auflösung des Parlaments und eine Neuwahl angekündigt. Damit sehen die Demonstranten ihre Forderungen jedoch nicht erfüllt. Tebboune bildete außerdem die Regierung um und ordnete die Freilassung inhaftierter Aktivisten an.

UNO warnt vor Verschlechterung der Menschenrechtslage

Die UNO warnte derweil vor einer Verschlechterung der Menschenrechtslage in Algerien. „Es gab zahlreiche Fälle im ganzen Land, in denen Sicherheitskräfte unnötige oder übermäßige Gewalt und willkürliche Verhaftungen angewendet haben, um friedliche Demonstrationen zu unterdrücken“, sagte ein UNO-Sprecher heute in Genf. Hunderte Menschen seien seit Beginn der neuerlichen Proteste Mitte Februar festgenommen worden. Auch Journalisten seien aufgrund ihrer Berichterstattung über die Demonstrationen verhaftet, mehrere unabhängige Onlinemedien blockiert worden. Mehreren Aktivisten drohten lange Gefängnisstrafen. Nach UNO-Angaben gibt es zudem Vorwürfe über Folter und sexuelle Gewalt in Haft.