Frau in einem Serverraum
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ÖVP und Grüne

Mehr Frauen in MINT-Berufen und faire Löhne

Vor dem Internationalen Frauentag haben ÖVP und Grüne unterschiedliche Ansätze beim Thema Frauenförderung. Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) will mit speziellen Förderungen mehr Frauen für besser bezahlte Jobs begeistern. Dafür sollen 1,3 Mio. Euro fließen. Die Grünen hingegen wollen größere Lohntransparenz in Unternehmen. Kritik kam vonseiten der SPÖ.

Raab startete am Sonntag in einer Aussendung einen entsprechenden Förderaufruf: Österreichweit sollen Projekte mit insgesamt 1,3 Millionen Euro gefördert werden, die Frauen und Mädchen stärker in MINT-Berufe ziehen sollen. Gemeint sind Jobs in Branchen rund um Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Dass Frauen immer noch weniger als Männer verdienten, liege „zu einem großen Teil auch an der ungleichen Branchenwahl“, so Raab.

Frauen seien nach wie vor stärker in weniger gut bezahlten Branchen tätig. Jobs in MINT-Bereichen seien immer noch männlich dominiert, böten aber bessere Karriere- und Gehaltsmöglichkeiten. Dabei sollen vor allem Projekte gefördert werden, die schon im Kindergarten- und Schulalter ansetzen. Auch Projekte, die Frauen und Mädchen umfassend über Ausbildungen und Berufschancen etwa in der Technik informieren, können gefördert werden.

Know-how über eigene Finanzen

Auch solle durch die Förderungen die Finanzkompetenz von Frauen und Mädchen gestärkt werden. Hier will man Projekte unterstützen, die zur Bewusstseinsschaffung und Sensibilisierung von Beratungsstellen für Finanzthemen beitragen. Projekte können ab dem 8. März über die Website des Bundeskanzleramts eingereicht werden. Als weitere Schwerpunkte nannte Raab im APA-Interview den Gewaltschutz und spezifische Arbeitsmarktförderungen für Frauen, um diese aus der pandemiebedingten Arbeitslosigkeit zu holen. Mit ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher habe sie evaluiert, wo Frauen auf dem Arbeitsmarkt Hilfe brauchen, und „überproportionale Unterstützung“ für Maßnahmen im Bereich des Arbeitsmarkts sichergestellt.

Unterstützt würden Frauen aber auch damit, dass die Schulen offen bleiben. Darüber hinaus habe die Regierung die Coronavirus-Hilfen im Familien- und Sozialbereich erhöht. Das automatische Pensionssplitting sei außerdem in Ausarbeitung und werde die Situation verbessern. Die Regierung strebe einen weiteren Ausbau der Kinderbetreuung an, die Frauen sollen aber selbstständig entscheiden, ob sie schneller zurück ins Arbeitsleben und länger zu Hause bleiben wollen. Als weiteren Schwerpunkt nannte Raab den Gewaltschutz. Raab will die – 2020 schon um zwölf Prozent erhöhte – Förderung für Frauen- und Mädchenberatungsstellen noch einmal um drei Prozent aufstocken, zudem plane sie eine Initiative gegen Cybergewalt in Paarbeziehungen.

Grüne Unzufriedenheit mit ÖVP

Auch die Grünen machten vor dem Frauentag auf ihre Konzepte aufmerksam. Für Frauenchefin Meri Disoski ist die verpflichtende Einkommenstransparenz für Unternehmen die wichtigste Maßnahme gegen die Lohnschere. Die Regierungsparteien verhandeln derzeit über ein größeres Paket – das aus Sicht der Grünen auch die verpflichtende Einkommenstransparenz enthalten muss.

Ab einer Größe von 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollen Unternehmen offenlegen, in welcher Position wie viel verdient wird, um damit die Lohnschere zu schließen und Altersarmut vorzubeugen, forderte Disoski. Bisherige Initiativen seien am ÖVP-Wirtschaftsflügel gescheitert. Aber sie „hoffe doch, dass wir diese Betoniererpolitik aufbrechen können“.

Faire Löhne wie in Dänemark

Die EU-Kommission stellte diese Woche einen Vorschlag vor, der Arbeitgebende ab 250 Beschäftigten zur regelmäßigen Offenlegung des Lohnunterschieds zwischen Frauen und Männern verpflichten soll. Disoski will sich an Dänemark orientieren: Dort sei mit der Lohntransparenz ab 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gender Pay Gap schon nach einem Jahr um mehr als sieben Prozent gesunken.

Für das Pensionssplitting stehen im Regierungsprogramm zwei Reformvarianten nebeneinander: ein automatisches Pensionssplitting bei gemeinsamen Kindern und ein freiwilliges Splitting für alle Paare. Auf Letzteres drängen die Grünen. Wann die Reform kommt, darauf wollte sich Disoski aber nicht festlegen: „Wenn es nach mir geht: Je früher, desto besser“, die Gespräche seien im Laufen. Man wolle eben jedenfalls ein „Gesamtpaket“, weil „das eigentliche Problem beginnt ja nicht erst in der Pension“, sondern man müsse bereits früher in der Erwerbsbiografie ansetzen.

SPÖ sieht „Schönreden“

Dass die Frauenministerin nicht von den Grünen, sondern von der ÖVP gestellt wird, habe sie „natürlich bedauert“, so Disoski. „Aber Bedauern ist keine politische Kategorie.“ Man könne feministische Frauenpolitik auch so vorantreiben, „und das machen wir“. Es handle sich ohnehin um eine Querschnittsmaterie, meinte sie – und verwies auf Erfolge der Grünen in der Regierung, etwa ein höheres Frauenbudget, die Stärkung des Gewaltschutzes, das Gesetzespaket gegen Hass im Netz und die Anhebung der Mindestpension.

Die SPÖ zeigte sich am Sonntag mit der Frauenpolitik der Regierung unzufrieden. Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek hielt der Koalition und „allen voran“ Frauenministerin Raab „Schönreden“ vor. Aber das helfe keiner einzigen Frau in der schwersten Krise seit 1945 – in der Arbeitslosigkeit und die damit verbundenen Einkommensverluste „die Frauen an ihre Grenzen“ brächten. Sie seien besonders hart betroffen – sei doch die Arbeitslosigkeit der Frauen durch die Krise wesentlich stärker gestiegen als bei den Männern. Die Regierung schaue dabei „untätig zu“, kritisierte Heinisch-Hosek und verlangte im Vorgriff auf die Frauentagssondersitzung des Nationalrats am Montag ein spezielles Frauenkonjunkturpaket.

Weniger Frauen in Regierungen

Keine großen Schritte gemacht wurden im vergangenen Jahr, was die politische Repräsentanz von Frauen betrifft: Der weibliche Anteil in der Bundesregierung (46,7 Prozent ohne Staatssekretariate) und in den Landesregierungen (39,7 Prozent) ist leicht gesunken. Im Nationalrat hingegen gibt es ein winziges Plus (auf 39,9 Prozent) und in den Landtagen ist der Anteil der Mandatarinnen von 31,8 auf 35,7 Prozent gestiegen, wie Werner Zögernitz vom Institut für Parlamentarismus und Demokratiefragen berechnete. Die Bundesregierung bestand im Vorjahr mehr als zur Hälfte (53,3 Prozent) aus Frauen – aber weil anstelle der zurückgetretenen Christine Aschbacher (ÖVP) im Jänner Kocher Arbeitsminister wurde, sank der Anteil wieder unter die 50er-Marke.