Bei den Männern beträgt das Plus auf dem Land „nur“ 28 Prozent. Als Gründe nennt das Arbeitsmarktservice (AMS) Branchenunterschiede, vermutet aber auch, dass Frauen vielfach zur „Randbelegschaft“ gezählt und zuerst gekündigt werden.
In ganz Österreich waren im Februar fast 437.000 Menschen auf Jobsuche – 103.000 mehr als im Jahr davor. Zwar sind insgesamt nach wie vor mehr Männer als Frauen arbeitslos. Seit Ausbruch der Pandemie haben Frauen aber deutlich aufgeholt: Die Zahl der Frauen ohne Job ist seit Februar 2020 um 40 Prozent gestiegen (auf 186.740), jene der arbeitslosen Männer „nur“ um ein Viertel (auf 250.242).
Anstieg doppelt so hoch wie in Städten
In Landgemeinden sind derzeit um zwei Drittel mehr Frauen arbeitslos als vor Ausbruch der Pandemie. Das Plus von 65 Prozent ist mehr als doppelt so groß wie in den Städten, wo es 29 Prozent mehr arbeitslose Frauen gibt. Bei den Männern zeigen die Daten zwar ebenfalls ein Stadt-Land-Gefälle, es ist mit plus 28 Prozent auf dem Land und plus 23 Prozent in den Städten aber deutlich weniger steil.
Ein Teil der Erklärung ist, dass viele Frauen in Branchen arbeiten, die stark unter dem Lockdown leiden: Handel, persönliche Dienstleistungen und Tourismus. So verweist Johannes Klotz von OGM darauf, dass 58 Prozent der Arbeitskräfte in Beherbergung und Gastgewerbe Frauen sind. Dementsprechend ist die Arbeitslosigkeit in den ländlichen Tourismusgemeinden auch besonders stark gestiegen: auf das Doppelte bei den Männern und auf das Vierfache bei den Frauen.
Vor allem Folge des eingefrorenen Tourismus
Auch der Leiter des Vorstandsbüros im AMS, Marius Wilk, verweist auf die Folgen von Lockdown und Reisebeschränkungen insbesondere auf dem Land: „Da schlägt der Tourismus massiv zu.“ Er vermutet aber noch einen zweiten Grund hinter der Geschlechterschere. Denn die Branchenunterschiede alleine reichen nicht aus, um den Trend zu erklären.
„Auch nach Branchen kontrolliert ist die Frauenarbeitslosigkeit deutlich stärker gestiegen als die der Männer“, sagt Wilk. Er sieht Anzeichen dafür, dass Firmen in wirtschaftlichen Krisen die Frauen zuerst kündigen: „Es dürfte so aussehen, dass die Frauenarbeitsplätze von vielen Unternehmen der ‚Randbelegschaft‘ zugeordnet werden und die Männer der ‚Kernbelegschaft‘.“ Ein Grund dafür könnte aus seiner Sicht der höhere Teilzeitanteil unter Frauen sein.
Im Schnitt weniger Geld in Arbeitslosigkeit
Apropos Teilzeit: Weil Frauen in der Regel weniger verdienen, fällt auch die Arbeitslosenunterstützung für sie niedriger aus. Durchschnittlich erhalten Männer pro Tag 33 Euro Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe, Frauen 28,50 Euro – also knapp fünf Euro pro Tag oder bis zu 142 Euro pro Monat weniger.
Wie schnell sich die Arbeitsmarktlage nach Ende der Pandemie wieder entspannt, ist derzeit unklar. Sollte es zum erwarteten Anstieg der Unternehmenspleiten kommen, sei jedenfalls auch ein längerfristiger Verlust von Arbeitsplätzen zu befürchten, sagt Wilk. Und Klotz von OGM verweist auf die Bedeutung des Tourismus für den ländlichen Raum. Immerhin seien die dortigen Beschäftigungsmöglichkeiten ein wesentlicher Grund dafür, dass die Abwanderung von Frauen in Österreich – anders als etwa in ländlichen Regionen Ostdeutschlands – bisher verhindert werden konnte.