SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner am Rednerpult neben Bundeskanzler Sebastian Kurz und Frauenministerin Susanne Raab
APA/Robert Jaeger
Frauentag

Ein Problem, verschiedene Ansätze

Der Frauentag war am Montag erstmals Anlass einer Sondersitzung des Nationalrats. Bei der von SPÖ, FPÖ und NEOS initiierten Sitzung waren sich SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in der Analyse der besonders schwierigen Situation von Frauen in der Pandemie nicht uneinig. Bei den Lösungsansätzen gab es jedoch große Differenzen. Kurz lobte erneut die Arbeitnehmerinnen. Rendi-Wagner entgegnete, dass Applaus allein den Frauen nicht helfe. Auch FPÖ und NEOS zeigten sich unzufrieden.

Der Frauentag sei kein Tag der Partys und Feierlichkeiten, sondern ein Tag des Kampfes und des Protests für mehr Gerechtigkeit und weniger Ungleichheit, so Rendi-Wagner. Die Ungleichbehandlung von Frauen setze sich in der Krise fort und verschärfe sich sogar, so die SPÖ-Chefin weiter. Frauen seien auf dem Arbeitsmarkt von der Krise noch stärker als Männer betroffen, dazu sei ihre finanzielle Abhängigkeit gestiegen. Auch das führe dazu, dass Frauen öfter Opfer von Gewalt würden. Viele Frauen hätten das Vertrauen in die staatlichen Institutionen verloren, sie würden an ihre Grenzen gebracht. Diese Belastung gehe auch auf die Kinder über. Auf unterschiedlichsten Ebenen sei anzusetzen. „Das wichtigste ist, dass rasch und konsequent gehandelt wird.“

Der Dringliche Antrag, der Basis der Sondersitzung ist, wurde von den Sozialdemokraten umfangreich gestaltet. Gefordert werden unter anderem ein Konjunkturpaket unter besonderer Berücksichtigung der Anliegen von Arbeitnehmerinnen und eine Unterhaltsgarantie. Dazu kommen gezielte Frauen-Arbeitsmarktförderungen, mehr Geld für Gewaltschutz und Kinderbetreuungseinrichtungen, ein Soforthilfepaket für Alleinerziehende sowie Maßnahmen zur Verbesserung der aktuellen Situation von Einpersonenunternehmen. Als „notwendiger denn je“ bezeichnete Rendi-Wagner eine Erhöhung des Arbeitslosengelds. Zustimmung bekam der Antrag nur von der Opposition.

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner über Frauenpolitik

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner präsentierte im Nationalrat ihre Vorstellungen, wie man Frauen helfen kann, und kritisierte die Regierung

Kurz: Sind bei Hilfen Weltspitze

Im Gegenzug verwies Kurz darauf, dass das Frauenbudget um fast 50 Prozent gesteigert worden sei. Dazu gebe es ein Rekordbudget des Finanzministers für Arbeitsmarkt und Wiedereinstieg. „Wir sind bei den Hilfen Weltspitze, und das ist gut so“, so der Kanzler. Er äußerte auch die Hoffnung, dass künftige Öffnungsschritte Frauen wieder entsprechend in Beschäftigung bringen.

Auch Kurz sprach weitere Probleme von Frauen an. Homeschooling sei eine schwere Belastung gewesen. Das habe vor allem Frauen und dabei speziell Alleinerzieherinnen getroffen. Auch sei es problematisch, dass man sich im 21. Jahrhundert noch immer mit Themen wie Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt und Gewaltschutz auseinandersetzen müsse. ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher erinnerte ebenfalls daran, dass es im Budget des Arbeitsmarktservice (AMS) heuer zu einer überproportionalen Förderung von Frauen kommt.

Bundeskanzler Kurz weist auf die Hilfen für Frauen hin

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat im Nationalrat auf Maßnahmen speziell für Frauen hingewiesen.

Raab weist auf Förderinitiative hin

Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) erinnerte an breite Unterstützungsmaßnahmen für Frauen und „noch nie da gewesene Familienleistungen“ in der Krise. „Ich möchte, dass jedes Mädchen in Österreich weiß, dass es werden kann, was es will“, sagte sie und verwies auf eine neue, mit 1,3 Mio. Euro dotierte Förderinitiative für naturwissenschaftliche Berufe.

Frauenministerin Raab (ÖVP) verteidigt die Maßnahmen

Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) verwies erneut auf die Maßnahmen der Regierung etwa auch als Förderung für Mädchen in naturwissenschaftlichen Berufen

Vor allem SPÖ und FPÖ zeigten sich mit Kurz’ Wortmeldung höchst unzufrieden, und das auch, weil er die Debatte zur Verurteilung von Gewalt und Antisemitismus bei den jüngsten Anti-CoV-Protesten in Wien nützte. SPÖ-Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek zählte nur sieben den Frauen gewidmete Redeminuten des Kanzlers und warf ihm Respektlosigkeit vor. Es fehlten Taten von allen Regierungsmitgliedern, und Frauenministerin Raab befinde sich „ein bisschen im Dämmerschlaf“.

FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker kritisiert Kurz

Die FPÖ kritisierte Kanzler Kurz und forderte eine Richtungsänderung.

FPÖ: Kurz hat „die Maske fallen gelassen“

Ihre FPÖ-Kollegin Rosa Ecker sah das ähnlich. Kurz habe „die Maske fallen gelassen“ und gezeigt, wie wenig wichtig ihm Frauenanliegen tatsächlich seien. Sie forderte eine Richtungsänderung, aber auch ein Ende der Coronavirus-Maßnahmen, damit Frauen wieder Familienfeste ohne Einschränkungen feiern könnten. Henrike Brandstötter (NEOS) kritisierte, dass der Wunsch nach Gleichberechtigung oft noch wie eine Vision von einem anderen Planeten wirke, etwa wenn Mädchen auf dem Land bei der Freiwilligen Feuerwehr mitmachen wollten.

NEOS: Gleichstellung noch eine Vision

NEOS-Frauensprecherin Henrike Brandstötter sind noch einen weiern Weg bis zur Gleichstellung

In eine ähnliche Kerbe schlug die Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer. Die sprach von jahrhundertelanger Sisyphosarbeit und warnte vor einen antifeministischen Backlash in der Krise. „Für uns ist 365 Tage im Jahr Frauentag“, sagte sie. Die Wortmeldung des Kanzlers zu den Demos am Wochenende verteidigte sie. Überall dort, wo Antisemiten und Neofaschisten aufmarschierten, spiele auch die Frauenverachtung mit, meinte Maurer. Seitens der ÖVP verteidigte Elisabeth Pfurtscheller den Bundeskanzler.

Grüne Klubobfrau Maurer warnt vor Rückschlag

Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer betonte, dass für die Grünen 365 Tage im Jahr Frauentag sei.

NGOs kritisieren „Almosenpolitik“

Arbeitsplatzverlust, Kurzarbeit und die Schließung der Bildungseinrichtungen – all diese Folgen der CoV-Krise verschlechterten auch laut der Vorsitzenden des Österreichischen Frauenrings, Klaudia Frieben, die Situation der Frauen in Österreich. Bei einer Pressekonferenz zum Frauentag kritisierten Frauenorganisationen am Montag das „männliche“ Krisenmanagement der Regierung, forderten mehr Geld für Frauenpolitik und -förderung und sprachen von „Almosenpolitik“ der Regierung.