Titelblätter diverser Zeitungen
APA/AFP/Glyn Kirk
Meghan-Harry-Interview

Ein Fressen für den Boulevard

Die Katze ist aus dem Sack, und das vom US-Sender CBS mit tagelangem Kanonendonner eingeläutete und nun ausgestrahlte Interview von Prinz Harry und seiner Frau Meghan mit US-Starmoderatorin Oprah Winfrey dürfte die britische Monarchie noch länger beschäftigen. Sorge dafür trägt wohl schon allein der – von anderer Seite am Montag auch als „hysterisch“ abgekanzelte – britische Boulevard.

Noch gänzlich sachlich anmutend zählt die britische BBC in Summe zwölf Dinge auf, die man nach der Ausstrahlung des mit Spannung erwarteten Interviews „gelernt“ habe. Der Herzog und die Herzogin von Sussex erzählten demnach ihre „Sicht auf das Leben in der königlichen Familie“ und sprächen „über ihre Beziehungen zu anderen Royals, Rassismus und wie ihre mentale Gesundheit“ darunter gelitten habe.

Eine Bombe sei auf die nächste gefolgt, heißt es hingegen bei „Daily Mail“, wo das Interview mit rund einem Dutzend Beiträgen in alle erdenklichen Einzelheiten filetiert wurde. Neben den für reichlich Aufsehen sorgenden Rassismusvorwürfen und Suizidgedanken rückt die Zeitung hier auch Meghans Beziehung zu Herzogin Kate und zur Queen in den Fokus. Die „Daily Mail“-Palette umfasst schließlich auch eine detailreiche Körperspracheanalyse sowie ein Interview mit dem britischen Premier Boris Johnson, der darin an sich keine Partei ergreifen wollte – aber auf seine „höchste Bewunderung für die Königin“ verwies.

Meghan und Harry im Interview

Rassismus, Suizidgedanken und schwere Enttäuschungen: Prinz Harry und seine Frau Meghan haben dem britischen Königshaus in einem Interview mit US-Starmoderatorin Oprah Winfrey schwere Vorwürfe gemacht.

„Beste Art von Rache“

Mit „Ich koche vor Wut“ zeigte indes ITV-Moderator Piers Morgan nicht zum ersten Mal keinerlei Verständnis für die von Meghan und Harry in den Raum gestellten Vorwürfe. Mit dem Rassismusvorwurf seien nun alle Mitglieder zu „White Supremacists“ gemacht worden, und das sei „nicht akzeptabel.“ Große Sprengkraft ortete die „Sun“ indes in Harrys Aussagen, wonach er im Jänner unmittelbar nach Ankunft in Großbritannien von seiner „viel beschäftigten“ Großmutter versetzt worden sei.

Die Zeitung schreibt von einem „Royal Rumble“, einem „königlichen Kanonendonner“, wie es der „Spiegel“ übersetzt. Nach Angaben der Onlinezeitung The Independent sei das Interview nicht nur unerwartet offen und möglicherweise eine Gefahr für die Monarchie – sondern auch die wohl „beste Art von Rache“. Schließlich sei in der „warmen kalifornischen Luft“ auch das Unausgesprochene gelegen: Meghan habe „Harry natürlich auch gerettet, aus der kalten, klammernden Umarmung einer 1.200 Jahre alten Institution, die ihn zu einem traurigen Vogel in einem vergoldeten Käfig machen wollte“.

„It’s a girl“

Britische Boulevardmedien schlagen auf Meghans und Harrys „selbstsüchtiges“ Interview hin zurück, heißt es indes beim US-Sender CNN. Auch „Hollywood Reporter“ widmet sich ausführlich der nach dem explosiven Interview „hysterischen“ britischen Boulevardpresse. Gänzlich unbeeindruckt davon zeigt sich das „People“-Magazin indes erfreut, dass das nächste Kind von Meghan und Harry ein Mädchen sei.

CBS reichte weitere Clips nach

CBS veröffentlichte am Montag indes weitere, zuvor noch unveröffentlichte Interview-Ausschnitte, und einer davon drehte sich um Meghans Vater und dessen Umgang mit den Boulevardmedien. Ihr Vater habe sie angelogen, als es um die Frage ging, ob er mit den britischen Boulevardmedien zusammengearbeitet habe.

Diese hätten ihren Vater verfolgt und hätten Schuld – aber auch ihr Vater trage eine Verantwortung, so Meghan: „Sie haben auch meine Mutter verfolgt, und ihr habt nie ein Wort von ihr gehört. Seit vier Jahren ist sie in würdevoller Stille verblieben, während sie mitansehen musste, wie ich das alles durchmache.“

Mit ihrem Vater liegt Meghan seit ihrer Hochzeit mit Harry im Frühjahr 2018 im Clinch. Thomas Markle hatte seine Teilnahme kurzfristig abgesagt – wegen gesundheitlicher Gründe, wie er es darstellt. In der Folge hatte er unter anderem einen handgeschriebenen Brief Meghans an Journalisten der „Mail on Sunday“ gegeben. Meghan sprach zudem von ihrer Halbschwester Samantha, die zuletzt ein Buch über ihre prominente Verwandte veröffentlicht hatte. Sie kenne Samantha so gut wie gar nicht, sagte Meghan zu Winfrey. „Das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe, muss 18 oder 19 Jahre her sein, und das Mal davor zehn Jahre davor.“

Erstes Interview seit Megxit

In dem Gespräch, das zu großen Teilen am Sonntagabend (US-Ortszeit) ausgestrahlt wurde, erhob das Paar vor allem aber schwere Vorwürfe gegen die britische Königsfamilie. Unter anderem berichtete Meghan, es habe innerhalb der Familie Spekulationen über die Hautfarbe ihres Sohnes Archie vor dessen Geburt gegeben. Sie habe zudem trotz Suizidgedanken keine Unterstützung erhalten.

Roupetz (ORF) über das Interview mit Meghan und Harry

Rassismusvorwürfe an das britische Königshaus und andere aufsehenerregende Äußerungen waren im Interview der Talkshow-Legende Oprah Winfrey mit Prinz Harry und Herzogin Meghan zu hören. ORF-Korrespondentin Sophie Roupetz berichtete aus London über erste Reaktionen.

Der Herzog und die Herzogin von Sussex, wie die beiden in Großbritannien genannt werden, hatten sich vor etwas mehr als einem Jahr – Stichwort Megxit – aus dem engeren Kreis der Royals zurückgezogen, um finanziell unabhängig zu werden und sich dem Fokus der Boulevardmedien zu entziehen. Sie verlegten ihren Lebensmittelpunkt zudem in den US-Staat Kalifornien. Bei dem Interview mit Winfrey äußerten sich die beiden erstmals ausführlich dazu in der Öffentlichkeit.