Vincent Bueno
ORF/Lenzelot
„Amen“ präsentiert

Vincent Buenos Ballade für Rotterdam

„Amen“: Mit einer Powerballade wird Vincent Bueno Österreich heuer im Mai beim Eurovision Song Contest in Rotterdam vertreten. Der dramatische Song, der Mittwochfrüh im Ö3-„Wecker“ präsentiert wurde, handelt vom Loslassen und Abschiednehmen – für den Künstler ein Ausdruck des „inneren Kampfs, den jeder kennt, mit den eigenen Stärken und Schwächen, der in eine helle Zukunft führt“.

Der 35-jährige Wiener wird seinen Song im zweiten Semifinale am 20. Mai in der Rotterdamer Ahoy Arena zum Besten geben – und auf ein Finalticket für den 22. Mai hoffen. 2020 musste der Bewerb aufgrund der Coronavirus-Pandemie abgesagt werden, Bueno war mit dem Song „Alive“ nominiert gewesen. Wie viele andere Länder auch, entschied sich Österreich, den nominierten Künstler des Vorjahrs heuer zu schicken, laut EBU-Regularien muss aber der Song neu sein

„Der Song hat mich gefunden“, zeigte sich Bueno überzeugt. Im Gegensatz zu „Alive“ hat Bueno „Amen“ nämlich nicht selbst geschrieben. Stattdessen steht mit Tobias Carshey, Ashley Hicklin und Jonas Thander hinter der Nummer ein Song-Contest-erprobtes Team, das etwa für Luca Hännis „She got me“ verantwortlich war, mit dem der Schweizer 2019 Platz vier belegte.

Bueno freute sich in jedem Falle über die Zusammenarbeit mit dem internationalen Team. „Ich habe mich das erste Mal so richtig fallen lassen können“, erinnerte sich der Wiener an die Zusammenarbeit. Dass es dabei nun mit einer Ballade ruhiger werde, sei kein Zufall: „Man kennt mich als das Springinkerl des ORF. Aber man wird erwachsen.“ Optimistisch zeigte sich ORF-Programmdirektorin Kathrin Zechner: „Es ist ein unglaublich starker, spiritueller Song. Und das passt zu Vincent perfekt.“ Dabei könne „Amen“ ein Zeichen der Überwindung auf dem Weg zu etwas Neuem werden.

Zweimal „Amen“ und ein Teufel

Noch haben nicht alle Teilnehmerländer ihre Songauswahl bekanntgegeben – die Deadline ist wie immer Mitte März. Bereits fix ist aber, dass es einen zweiten Beitrag mit dem Titel „Amen“ geben wird: Slowenien schickt Ana Soklic mit einer gleichnamigen Powerballade ins Rennen – Verwechslungsgefahr besteht allerdings keine.

In Zypern wurde der Beitrag heuer ohne öffentlichen Vorentscheid gekürt und sorgte nach der Bekanntgabe für erheblichen politischen Wirbel. Der Song mit dem Titel „El Diablo“ („Der Teufel“), gesungen von Elena Tsagrinou, handelt von einer Frau, die sich aus einer toxischen Beziehung lösen will. Die Allegorie des „Teufels“ stößt den religiösen Zypriotinnen und Zyprioten aber sauer auf, und nach Protestaktionen, Drohungen und einer Onlinepetition forderte die zypriotisch-orthodoxe Kirche vergangene Woche, dass der Song zurückgezogen werden müsse. Regierung und der Fernsehsender RIK berufen sich weiterhin auf die Freiheit der Kunst und halten an dem Song fest.

Der Themenbereich „female empowerment“ ist heuer auch für Russland vertreten. Die als feministisch gefeierte Musikerin Manizha wird mit ihrem Lied „Russian Woman“ in die Niederlande reisen. Die in Tadschikistan geborene 29-Jährige wurde für ihr Engagement gegen häusliche Gewalt und für Geflüchtete voriges Jahr zur Goodwill-Botschafterin der Vereinten Nationen ernannt. Weil sie sich öffentlich auch mit der LGBT-Community solidarisch zeigt, ist sie in Russland herber Kritik aus konservativen Kreisen ausgesetzt.

Deutlich leichter ist die Botschaft, die Deutschland heuer senden will. Wie Bueno kommt auch Jendrik Sigwart, der Interpret des deutschen Beitrags, aus dem Musical-Bereich. Sigwart wird mit einem Gute-Laune-Lied namens „I Don’t Feel Hate“ in Rotterdam antreten. Den Song hat der in Osnabrück geborene Musical-Darsteller selbst auf seiner Ukulele geschrieben.

Bewerb soll heuer auf jeden Fall stattfinden

Nach dem jetzigen Stand plant die Veranstalterin, die European Broadcasting Union (EBU), das Event von 18. bis 22. Mai im niederländischen Rotterdam physisch abzuhalten – allerdings unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. So wurde die Zahl der Delegationsmitglieder gekürzt, jene der berichtenden Journalisten auf 500 begrenzt.

Für alle aus dem Ausland wird eine fünftägige Quarantäne vor der Einreise in die Niederlande empfohlen. Obligatorisch ist ein negativer Test, der nicht älter als 72 Stunden sein darf. Die Delegationen des nach der Absage von Armenien auf 40 Teilnehmerländer geschrumpften Feldes dürfen, wenn sie in Rotterdam angekommen sind, das Hotel nicht verlassen, außer wenn sie zum Veranstaltungsort, der Ahoy Arena, fahren.

Back-up-Videoversion für den Infektionsfall

Jeder, der in der Arena tätig ist – von Künstlern über Crew bis zu Pressevertretern – wird täglich in einer Teststraße untersucht. Sollte hier jemand positiv getestet werden, käme das „Isolationsprotokoll“ zum Einsatz. Trifft es einen der Kandidaten, der deshalb nicht auf der Bühne auftreten kann, werde das zuvor aufgezeichnete Material bei der Show gesendet. Der österreichische Film hierfür wird bereits in der kommenden Woche aufgezeichnet.

Noch offen ist derzeit, ob es Publikum in der Arena geben wird. „Die Frage, ob es Zuschauer während der Shows geben kann und welche flankierenden Veranstaltungen es rund um den Song Contest in Rotterdam geben kann, wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden“, hieß es zuletzt von der EBU. Nicht zuletzt werde die CoV-Lage in den Niederlanden dafür ausschlaggebend sein.

„Unter diesen Bedingungen solch eine Veranstaltung auf die Reihe zu kriegen, muss man erst einmal hinbekommen“, zog Österreichs Delegationsleiter Stefan Zechner am Dienstag seinen Hut vor den niederländischen Veranstaltern. „Der Faktor des Partymachens wird nicht dabei sein, aber die Freude überwiegt, dass wir vor Ort sind und auftreten können“, verwies Zechner auf den Umstand, dass die Ländervertreter über zwei Wochen das Hotel nicht verlassen dürfen.