Windräder neben einem Strommasten
ORF.at/Michael Baldauf
Antrag im Parlament

Ein „Mini-Österreich“ für den Klimaschutz

Als „wirklich schönen Antrag zur Umsetzung des Klimavolksbegehrens“ bezeichnete Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Dienstag das Paket, das per Entschließung von der türkis-grünen Regierungsmehrheit im Umweltausschuss des Nationalrats eingebracht wurde. Die Reaktionen fallen zwiespältig aus.

Zentrale Punkte des Entschließungsantrags sind die Einführung eines Klimarats, eines Klimakabinetts und die Sicherstellung der Klimaschutzmilliarde bis 2030. Die Organisatorinnen des Klimavolksbegehrens, das im Sommer 2020 von mehr als 380.000 Menschen unterzeichnet wurde, freuten sich über einen „großen Erfolg für uns“ – dennoch dürfe das „nur der Startpunkt sein“.

Wie vom Volksbegehren gefordert, beinhaltet der Antrag die Schaffung eines Klimarats, bei dem sich mindestens 100 Bürger und Bürgerinnen aktiv in die Klimapolitik einbringen können. Lukas Hammer, dem Klimasprecher der Grünen und Ausschussobmann, schwebt dabei eine Art „Mini-Österreich“ vor: „Menschen aus allen Teilen der hier lebenden Bevölkerung werden sich mit wissenschaftlicher Begleitung zusammensetzen, um über Lösungen für die größte Herausforderung unserer Zeit zu diskutieren und konkrete Vorschläge zu machen.“

Weiters geplant ist die Schaffung eines Klimaschutzkabinetts, dem Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und die Umweltministerin angehören. Dieses Kabinett soll sicherstellen, dass „der Klimaschutz in Gesetze und Verordnungen einfließt und dabei alle Regierungsmitglieder und Bundesländer an einem Strang ziehen“, sagte Gewessler.

Infrastrukturministerin Leonore Gewessler
APA/Roland Schlager
Ministerin Gewessler sieht „wichtige Meilensteine für mehr Klimaschutz“ gesetzt

Wissenschaftlicher Beirat soll prüfen

Ebenfalls geplant ist die Einrichtung eines wissenschaftlichen Klimabeirats, der die Einhaltung des CO2-Budgets prüft und bei möglichen Verfehlungen „konkrete Empfehlungen ausspricht“. Dieser Beirat soll eine eigene Geschäftsstelle erhalten und „wird dem vom Klimaschutzvolksbegehren geforderten Klimarechnungshof sehr nahe kommen“, so Hammer. Inwieweit den Empfehlungen dann auch Folge geleistet werden muss, soll im geplanten Klimagesetz genau ausformuliert werden, das Gewessler zufolge noch „vor dem Sommer“ in die Begutachtung gehen soll.

Regierung plant Reformen bei Klimapolitik

Bei der Behandlung des Klimavolksbegehrens im Umweltausschuss des Nationalrats hat die türkis-grüne Regierung die Einreichung eines Entschließungsantrag für „wichtige Meilensteine“ für mehr Klimaschutz in Österreich geplant.

Und noch eine weitere Einrichtung steht in dem Antrag: nämlich die eines „Klimaverantwortlichkeitsfonds“. Dieser soll dafür sorgen, dass mit dem bei Verfehlungen eingenommenen Geld Klimaschutzmaßnahmen im Inland finanziert werden, um nicht Millionen für Verschmutzungsrechte auszugeben.

Der Umwelt- und Klimasprecher der ÖVP, Johannes Schmuckenschlager, sagte, dass die Klimaschutzmaßnahmen „eine bedeutende Chance für die zukunftsfähige Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsplätzen in Österreich“ sind. Für das Ziel eines klimaneutralen Österreich bis 2040 und die Erreichung der Klimaziele sei eine „Technologieoffensive zu starten sowie Digitalisierung und Innovation zu forcieren“.

Opposition verwehrt Zustimmung

SPÖ und NEOS wollten dem Antrag nicht zustimmen. SPÖ-Klimasprecherin Julia Herr vermisste die Berücksichtigung von Beschäftigungsmaßnahmen sowie generelle Pläne zur Umsetzung der Vorhaben. Der Antrag entspreche der von der Regierung praktizierten „Ankündigungspolitik“. Die SPÖ werde vielmehr vier eigene Anträge einbringen. NEOS vermisste ebenfalls konkrete Schritte für die Umsetzung. Umweltsprecher Michael Bernhard könnte sich aber vorstellen, dass seine Fraktion im Plenum des Nationalrats in zwei Wochen doch noch zuzustimmt, sofern Verhandlungen aufgenommen werden und der Antrag entsprechend verbessert wird.

Nachbesserungen bis zur Abstimmung im Nationalrat Ende März fordert aber auch das Team des Klimavolksbegehrens. „Großer Nachholbedarf“ herrsche etwa weiter bei der ökosozialen Steuerreform und dem Treibhausgasbudget. „Mit einem detaillierten Maßnahmenpaket zur CO2-Bepreisung und -Budgetierung steht und fällt erfolgreiche Klimapolitik. Nur dann können klare Lenkungseffekte eintreten“, sagte Bernhard Thaler, wissenschaftlicher Berater des Volksbegehrens.

NGOs sehen Nachbesserungsbedarf

Umwelt-NGOs zeigten sich über den Antrag eher ernüchtert. Greenpeace bemängelte, dass die „dringend notwendige Umsetzung einer ökosozialen Steuerreform weiter auf die lange Bank geschoben wird“. Der WWF sah einen „großen Wurf“ verpasst, langjährige Baustellen der Klimapolitik würden weiter offen bleiben. Global 2000 forderte, dass „den vielen Klimaschutzankündigungen nun endlich wirksame Taten folgen müssen“. Fridays For Future hielt fest, dass „zentrale Forderungen wie ein verbindliches mit Zahlen untermauertes Klimaschutzgesetz oder die soziale Komponente der ökosozialen Steuerreform im Antrag unkonkret bleiben“.

Dass das Bewusstsein für den Klimaschutz in Österreich trotz der alles überlagernden Coronavirus-Pandemie nicht abebbt, zeigt eine aktuelle Studie von Universität Klagenfurt, Wirtschaftsuniversität Wien, Deloitte Österreich und Wien Energie. Demnach hat auch die Akzeptanz für erneuerbare Energieprojekte nur geringfügig abgenommen. Die Eigeninitiative und das Interesse an Bürgerbeteiligungen haben sogar zugenommen.

„Das Thema Klimaschutz ist zweifelsfrei gekommen, um zu bleiben – daran hat auch die Krise nichts geändert. Das Bewusstsein für die Auswirkungen des Klimawandels ist nach wie vor stark“, hielt Nina Hampl, Studienautorin der Universität Klagenfurt, fest. „Mehr als jeder zweite Österreicher spürt bereits die Folgen des Klimawandels. Hier gab es einen deutlichen Zuwachs im Vergleich zur Vorjahreserhebung.“