Markus Wallner
ORF.at
Lockerungen in Vorarlberg

„Gewisser Mut gehört dazu“

Vorarlberg, das Bundesland mit der niedrigsten 7-Tage-Inzidenz, wird am 15. März weitgehende Lockerungen setzen. Unter anderem darf die Gastronomie wieder aufsperren, Gäste brauchen einen negativen Schnelltest aus der Teststraße. Ein Öffnungsschritt müsse „verantwortungsvoll“ sein, sagte Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) am Dienstag in der ZIB2. „Ein gewisser Mut gehört dazu.“

Vorarlbergs Gastronomiebetriebe dürfen ab 15. März Außenbereiche und auch Innenräume für Gäste öffnen. Voraussetzung für den Besuch eines Wirtshauses ist ein negativer Antigen-Schnelltest aus einer Teststraße, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Zudem werden ab nächstem Montag wieder Veranstaltungen mit bis zu 100 Personen zugelassen. Als Zutrittsbescheinigungen hierfür sind Selbsttests in digitaler Form gültig.

Landeshauptmann Wallner bezeichnete die Lockerungen in der ZIB2 als „sinnvoll“. Dass die von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr Früh geltenden Ausgangsbeschränkungen in Vorarlberg aufrecht bleiben, hält Wallner für richtig: „Wenn es Richtung Abend geht, sind wir bei all diesen Formaten, wo mehrere Personen zusammentreffen, auch etwas vorsichtiger.“ Die Vorarlberger Wirtschaftskammer hatte die anstehende Gastroöffnung als „wegweisend“ gelobt, sieht in der Sperrstundenregelung allerdings einen Wermutstropfen. Sollte das am 15. März geltende System funktionieren, „steht einem weiteren Schritt am Abend nichts entgegen“, sagte Wallner in der ZIB2.

Langfassung: ZIB2-Interview mit Landeshauptmann Wallner

Nachdem die Verhandlungen zwischen Bund und Land am Montag bis spät in die Nacht gingen, dauerten sie auch am Dienstag den gesamten Tag an. In einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz verkündete Landeshauptmann Wallner (ÖVP) am Dienstagabend die Öffnungsschritte, die ab dem 15. März in Vorarlberg eintreten werden. Unter welchen Bedingungen sie stattfinden können, erklärt er im Interview.

„Risikobasierte Einschätzung“ statt fixer Zahl

Die 7-Tage-Inzidenz in Vorarlberg liegt aktuell bei 73 pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern und ist damit die niedrigste unter allen Bundesländern. Fachleute warnen davor, dass die Infektionszahlen wegen der Lockerungen wieder deutlich wachsen könnten. Auf einen Wert, ab dem die Öffnungsschritte wieder zurückgenommen werden, wollte sich Wallner nicht festlegen. „Es braucht eine risikobasierte Einschätzung und nicht eine einzige Zahl, die über Wohl und Wehe entscheidet“, sagte er in der ZIB2.

In die Einschätzung einfließen sollten etwa die Zahl der belegten Betten auf den Intensiv- und Normalstationen in den Krankenhäusern, die Impfrate und die Kontaktnachverfolgung. „Nach zwölf Monaten Pandemie sollte uns etwas Besseres einfallen, als einen Wert herzunehmen, wo automatisch auf- oder zugesperrt wird“, so der Landeshauptmann. Von Bundesseite aus werde die Öffnung in Vorarlberg wissenschaftlich begleitet und evaluiert, hatte Wallner bei der Präsentation der Pläne erklärt.

Land setzt auf eigene Onlineplattform

Zu den digitalen Selbsttests als Zutrittsbescheinigung für die Veranstaltungen erklärte Landesrat Christian Gantner (ÖVP), dass das Land eine eigene Onlineplattform entwickelt habe. Auf dieser Plattform muss nach der Registrierung der Selbsttest hochgeladen werden. Nach einer Kontrolle durch das System wird die Bestätigung samt QR-Code auf das Handy geschickt – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Man habe bereits eine Million an Selbsttests bestellt, sagte Gantner. Diese sollen bis zum Start der Öffnungsschritte am Montag im Land verteilt sein. Bei den Veranstaltungen muss es zugewiesene Sitzplätze geben, die maximale Besuchszahl liegt sowohl drinnen als auch draußen bei 100 Personen bzw. bei der Hälfte des Fassungsvermögens des Veranstaltungsraums. Auch auf dem Sitzplatz muss eine FFP2-Maske getragen werden.

Aktivitäten im Freien ohne Tests möglich

In Sachen Sport und Kultur im Kinder- und Jugendbereich präzisierte Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) die ab Montag gültigen Regeln: Aktivitäten im Freien sind auch ohne Testung möglich, in Innenräumen muss zumindest ein negativer Selbsttest vorliegen. Dieser kann auch an Ort und Stelle durchgeführt werden.

Die maximale Gruppengröße im Außenbereich liegt bei 20 Heranwachsenden, im Innenbereich bei zehn. Im Sport sind Trainings für Jugendliche bis 18 Jahre erlaubt, allerdings nicht in körpernahen Sportarten. Fußballtraining kann stattfinden, Fußballspiele hingegen bleiben weiter untersagt. Auch für die Kinder und Jugendlichen gilt eine altersgemäße Maskenpflicht.

Kritik von NEOS und FPÖ

Kritik an den auch nach 15. März gültigen Ausgangsbeschränkungen kam von NEOS, „als ob nach 20.00 Uhr die Ansteckungsgefahr steigen würde“, so NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. FPÖ-Vorarlberg-Chef Christof Bitschi empfand verpflichtende Antigen-Eintrittstests als „massive und unnötige Einschränkung“. Auch FPÖ-Klubchef Herbert Kickl ortete am Mittwoch wegen der Testpflicht einen „Murks der Sonderklasse“ und einen „Schildbürgerstreich“. Es handle sich um die weitere „Etablierung eines Bestrafungs- und Überwachungssystems“, so Kickl in einer Aussendung. „Um am öffentlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilzunehmen, brauchen die Bürger bald ein mehr als 100 Seiten starkes Handbuch“, meinte Kickl. „Warum einfach, wenn es kompliziert auch geht.“