Soldaten in Yangon
APA/AFP/Sai Aung Main
Myanmar

Das Milliardenimperium hinter dem Militär

Das Militär in Myanmar regiert nach dem Putsch nicht nur das Land direkt, sondern ist auch mit der Wirtschaft des Landes eng verschränkt. Die Tatmadaw, so der offizielle Name der Streitkräfte, haben ein äußerst lukratives Netzwerk an Firmen, ein Milliardenimperium, aufgebaut, um sich selbst und Militäroperationen zu finanzieren, aber auch um Mitglieder der Armee zu belohnen, wie die BBC berichtet.

Fachleute argumentieren, dass erst die Finanzmacht des Militärs den jetzigen Putsch ermöglicht hat und nun verhindert, dass dieses zur Rechenschaft gezogen wird. Das Militär solle sich aus der Wirtschaft zurückziehen. Reformen seien erst möglich, wenn die Armee „wieder zurück in den Baracken“ sei, so Aktivisten und Aktivistinnen. Und die aktiven und ehemaligen Militärangehörigen nutzen ihre Position offenbar geschäftlich aus. Laut BBC sprechen Unternehmer von einer Atmosphäre wie „in Sizilien unter der Mafia“.

Gruppiert ist das Firmenimperium des Militärs derzeit um zwei Konzerne. Begonnen hat alles bereits 1962. Nach dem Staatsstreich unter General Ne Win begann die Armee ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten. Jahrelang mussten sich Bataillone selbst erhalten und wurden dazu angehalten, Verbindungen zu lokalen Unternehmen herzustellen und sich Anteile zu sichern, um ihre Militäroperationen zu finanzieren. Diese Praxis kam schließlich zu einem Ende.

Soldaten in Naypyidaw
APA/AFP
Das Militär hat mit dem Putsch wieder seine uneingeschränkte Macht bewiesen

Von Banken bis Freizeitindustrie

In den 1990er Jahren bildeten sich dann zwei große vom Militär kontrollierte Firmenkonglomerate heraus. Angetrieben wurden sie von der damaligen Privatisierungswelle, bei der sich das Militär Anteile an den ehemaligen staatlichen Unternehmen sicherte.

Die zwei Konzerne, die Myanmar Economic Corporation (MEC) und die Myanmar Economic Holdings Limited (MEHL), sind seither die Haupteinnahmequelle und das Fundament des Reichtums der Tatmadaw. Die Geschäftsaktivitäten und -beteiligungen reichen von Banken über Minen und Tabak bis in den Tourismus und die Freitzeitindustrie hinein. MEHL verwaltet auch noch den Pensionsfonds des Militärs.

Auch Familienangehörige mischen mit

Zusätzlich sind auch mehrere hohe Militärs und ihre Familien in Geschäfte involviert und halten Anteile an Unternehmen. Sie wurden bereits in der Vergangenheit auch Ziel von internationalen Sanktionen. So besitzt etwa Aung Pyae Sone, Sohn des Anführers der Putschisten und jetzigen Machthabers General Min Aung Hlaing, mehrere Firmen, darunter etwa ein Strandresort. Auch ist er Haupteigentümer des nationalen Telekomproviders Mytel – eine vorteilhafte Beziehung für das Militär, wenn man etwa die Telekommunikation des Landes für einige Zeit blockieren will.

Es sei schwierig das volle Ausmaß der Geschäftsinteressen des Militärs in Myanmar festzustellen, zu schattenhaft seien die Umrisse, zu dubios die Abgrenzungen. Fachleute gehen davon auf, dass die Geschäftsinteressen immer noch substanziell sind, trotz der demokratischen Reformen der letzten Jahre. Der Militärputsch könnte teils auch ein Versuch sein, die eigenen finanziellen Interessen zu schützen, so die BBC.

Keine Kontrolle wegen finanzieller Unabhängigkeit

Das Wenige, das man über die finanzielle Stärke der Tatmadaw wisse, sei erst in den letzten Jahren ans Licht gekommen, so die BBC. Ein UNO-Bericht von 2019, der sich mit dem brutalen Vorgehen der Militärs gegen die bereits zuvor verfolgte muslimische Minderheit der Rohingya beschäftigte, kam zu dem Schluss, dass die Geschäftseinnahmen den Spielraum für Menschenrechtsverletzungen durch das Militär vergrößerten.

Das Militär habe es durch seine weitreichenden Wirtschaftskonglomerate geschafft, sich von jeder Kontrolle und Rechenschaftspflicht abzuschirmen, so der UNO-Bericht. Die UNO hatte bereits zuvor das Vorgehen gegen die Rohingya als Völkermord und „ethnische Säuberung“ bezeichnet. Damals war die nun weggeputschte Aung San Suu Kyi die De-facto-Regierungschefin des Lande

Belohnen und bestrafen

Mehr Einsicht über die Struktur und die Finanzen von MEHL zeigten interne Berichte des Konzerns, die an die Öffentlichkeit drangen bzw. von Aktivisten veröffentlicht wurden. Sie zeigen, dass das Firmenkonglomerat von hochrangigen Militärs geführt wird, wobei auch einige Anführer des Putsches in den Chefetagen sitzen, berichtet die BBC weiter. Rund ein Drittel der Anteilseigner sind verschiedene Militäreinheiten, der Rest der Anteile werde von ehemaligen und noch aktiven Tatmadaw-Mitgliedern gehalten.

Die Umsätze und Gewinne sind offenbar gewaltig. So berichtet die BBC, dass MEHL zwischen 1990 und 2011 umgerechnet rund 16,6 Milliarden Dollar (rund 14 Mrd. Euro) an Dividenden ausbezahlt hat. Die MEHL-Anteile werden auch für besondere Leistungen und Loyalität vom Militär vergeben, wie die internen Berichte laut BBC zeigen. Bei schlechtem Benehmen werden sie indes wieder eingezogen.