Luiz Inacio Lula da Silva
AP/Andre Penner
Brasiliens Ex-Präsident

Lula auf politische Bühne zurückgekehrt

Nach der Aufhebung der Urteile gegen ihn ist der ehemalige brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva auf die politische Bühne zurückgekehrt. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt schoss er scharf gegen die Politik seines Landes. Was eine mögliche Präsidentschaftskandidatur betrifft, gab er sich jedoch zurückhaltend.

„Das Leiden, das das brasilianische Volk durchmacht, ist unendlich größer als jedes Verbrechen, das gegen mich begangen wurde“, sagte der Ex-Präsident am Mittwoch in einer im Fernsehen übertragenen Rede am Sitz der Metallarbeiter-Gewerkschaft in Sao Bernardo do Campo im Großraum Sao Paulo. Hier hatte Ende der 1970er Jahre seine politische Karriere als Streikführer gegen die brasilianische Militärdiktatur begonnen.

Der zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilte populäre linke Politiker war im November 2019 nach 580 Tagen vorläufig aus der Haft in der Stadt Curitiba entlassen worden. Ein Richter am Obersten Gerichtshof Brasiliens hatte die Urteile gegen Lula wegen Korruption am Montag aufgehoben. Damit bekommt der 75-Jährige seine politischen Rechte zurück und kann, falls alles so bleibt, auch wieder bei Wahlen antreten.

Jair Bolsonaro
APA/AFP/Evaristo Sa
Lula nannte Bolsonaros Coronavirus-Politik „schwachsinnig“ und forderte die Bevölkerung auf, sich nicht an dessen Empfehlungen zu halten, sondern sich impfen zu lassen

Attacken gegen Bolsonaro

Die Aufmachung der Bühne erinnerte an einen Wahlkampfauftakt, Slogans wie „Impfstoff für alle und Soforthilfe jetzt“ und „Gesundheit, Beschäftigung und Gerechtigkeit für Brasilien“ gaben den Ton für eine mögliche Kampagne vor. Auf eine Frage in der Pressekonferenz antwortete er, dass es früh sei, um an eine Kandidatur für die Wahl 2022 zu denken. In einem Interview mit der dpa zu seinem 75. Geburtstag hatte der Ex-Staatschef die Tür zu der Möglichkeit offen gelassen, bei der Präsidentenwahl noch einmal anzutreten – gegen den ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro, dessen Administration er als „Regierung der Zerstörung“ bezeichnete.

Lula versuchte sich bei seiner Position zum Umgang mit der Coronavirus-Pandemie stark von Bolsonaro zu distanzieren und attackierte diesen für seinen Umgang mit der Pandemie: „Folgen Sie nicht den schwachsinnigen Entscheidungen des Präsidenten der Republik oder des Gesundheitsministers: Lassen Sie sich impfen.“

„Viele dieser Toten hätten verhindert werden können“

Brasilien zählt auch in Relation zu seiner Einwohnerzahl zu den am stärksten betroffenen Ländern der Welt. Laut einem Bericht der BBC von Mittwoch warnen Experten und Expertinnen bereits vor einem Kollaps des Gesundheitssystems. Am Mittwoch wurde ein neuer Höchststand bei den täglichen Coronavirus-Infektionen sowie -Toten registriert: Binnen 24 Stunden wurden fast 80.000 Neuansteckungen und 2.286 Todesfälle vermeldet.

In dem südamerikanischen Land mit rund 211 Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen starben bisher mehr als 270.000 Menschen an dem Virus. „Viele dieser Toten hätten verhindert werden können, wenn die Regierung grundlegende Maßnahmen ergriffen hätte“, sagte Lula. Bolsonaro lehnt Beschränkungen und Masken ab. Seit dem Beginn der Pandemie spielt er die Coronavirus-Gefahr herunter, die er unter anderem als „kleine Grippe“ bezeichnet hatte. Auch über Impfungen machte er sich lustig.

Wegen Korruption und Geldwäsche verurteilt

2018 war Lula von dem damaligen Richter und späteren Justizminister Sergio Moro in zweiter Instanz wegen Korruption und Geldwäsche zu zwölf Jahren und einem Monat Haft verurteilt worden. Deshalb konnte er trotz eines Vorsprungs in den Umfragen nicht an der darauffolgenden Präsidentenwahl teilnehmen.

Stattdessen zog Bolsonaro in den Präsidentenpalast ein. Lula, der von 2003 bis 2010 an der Staatsspitze stand, hatte die Vorwürfe stets als politisch motiviert zurückgewiesen. Zu seiner Verurteilung sagte er, er sei „Opfer der schlimmsten Justizlüge in 500 Jahren“ in Brasilien geworden.

Richter Edson Fachin kam nun zu dem Schluss, dass das frühere Gericht in der Stadt Curitiba nicht zuständig war, weil die Vorwürfe gegen Lula nicht direkt mit der Antikorruptionsoperation „Lava Jato“ in Verbindung stünden. Die Fälle werden nun vor einem Bundesgericht in Brasilia neu aufgerollt. Die Entscheidung des obersten Gerichtes zugunsten Lulas könnte die brasilianische Politik verändern, da dem populären linksgerichteten Politiker gute Chancen zugestanden werden, den rechtsextremen Bolsonaro abzulösen.