Aussicht auf Hong Kong vom Peak
Reuters/Bobby Yip
Hongkong

Nächster Schlag gegen Eigenständigkeit

Es ist ein weiterer schwerer Rückschlag für all jene, die für eine möglichst weitgehende Autonomie und einen Erhalt der Demokratie Hongkongs gegenüber dem kommunistischen Regime in Peking kämpfen: Der chinesische Volkskongress segnete eine Wahlreform für Hongkong ab.

Die Abgeordneten des Volkskongresses stimmten nun für die umstrittene Wahlrechtsreform in Hongkong. Das Parlament nahm den Beschluss am Donnerstag auf der Abschlusssitzung seiner Jahrestagung in Peking mit 2.895 Ja-Stimmen an. Es gab keine Nein-Stimmen und eine Enthaltung. Der nicht frei gewählte Volkskongress hat in seiner Geschichte noch nie eine Vorlage der Regierung abgelehnt.

Nach dem Erlass des umstrittenen „Sicherheitsgesetzes“ im vergangenen Jahr ist die Wahlreform ein weiterer Schlag für das freiheitliche System in Hongkong. Es soll sicherstellen, dass die chinesische Sonderverwaltungsregion „von Patrioten regiert“ werde.

Details nicht bekannt

Details der Reform wurden nicht veröffentlicht. Wie Hongkonger Medien berichteten, sei aber geplant, das Komitee zur Wahl des Hongkonger Regierungschefs von bisher 1.200 auf 1.500 Mitglieder zu vergrößern. Das schon jetzt in dem Komitee dominierende Pro-Peking-Lager werde weiter gestärkt. Auch solle das gleiche Wahlkomitee künftig darüber entscheiden, wer bei der Hongkonger Parlamentswahl antreten darf, womit Kandidatinnen und Kandidaten indirekt auf die Zustimmung Pekings angewiesen wären.

Volkskongress in Peking
Reuters/Carlos Garcia Rawlins
Der Volkskongess winkt vom Zentralkomitee der KP und der Staatsführung vorgegebene Beschlüsse ab

Das Parlament soll laut den Berichten zudem von 70 auf 90 Sitze vergrößert werden. Kritiker hatten gewarnt, dass mit der Reform de facto die Demokratie in Hongkong begraben werde. Denn „patriotisch“ sei aus Pekings Sicht nur, wer der Linie der Kommunistischen Partei folge.

EU kritisierte Pläne

Die Europäische Union hatte den Umbau des Wahlsystems bereits nach der Präsentation des Entwurfs kritisiert. „Solch eine Reform würde potenziell weitreichende negative Konsequenzen für demokratische Prinzipien und demokratisch gewählte Vertreter in Hongkong haben“, erklärte die Staatengemeinschaft bereits letzte Woche.

Mit dem Vorhaben würden zudem getroffene Zusagen nicht eingehalten, wonach der halbautonome Status der ehemaligen britischen Kronkolonie gewahrt bleiben soll. „Die EU steht bereit, zusätzliche Schritte zu ergreifen als Reaktion auf eine weitere ernsthafte Verschlechterung der politischen Freiheiten und Menschenrechte in Hongkong, die gegen Chinas nationale und internationale Verpflichtungen verstoßen würde.“

Hongkong war ursprünglich bei der Übergabe an China 1997 zumindest eine gewisse Autonomie nach dem Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ zugesagt worden.

Die Entscheidung Pekings dürfte die Beziehungen mit der EU belasten. Diese hatte zuletzt, auch als Ausgleich für das angeschlagene Verhältnis zu den USA, eine stärkere Annäherung an China versucht – Verstöße gegen Menschenrechte (Stichwort: Verfolgung ethnischer Minderheiten wie der Uiguren) und Einschränkungen der Demokratie stören allerdings eine weitere Annäherung auf wirtschaftlicher Ebene.