Ampullen mit Impfstoff von AstraZeneca
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Dänemark und Norwegen

AstraZeneca-Impfungen werden ausgesetzt

Nach Dänemark stoppt auch Norwegen vorübergehend Impfungen mit dem Wirkstoff des schwedisch-britischen Konzerns AstraZeneca. Bei mehreren geimpften Personen seien Komplikationen durch Blutgerinnsel aufgetreten, teilte die Gesundheitsbehörde in Kopenhagen am Donnerstag mit. Damit reagierte das Land auch auf die Berichte aus Österreich. In Wien wird am Nachmittag über die neue Lage beraten.

Am Donnerstag überraschte die dänische Gesundheitsbehörde mit der Ankündigung, dass alle AstraZeneca-Impfungen im Land für zunächst zwei Wochen ausgesetzt werden sollen. Es habe Berichte über teils schwere Fälle von Blutgerinnseln bei Geimpften gegeben, eine Meldung beziehe sich auf einen Todesfall in Dänemark. Man könne jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststellen, ob ein Zusammenhang zwischen dem Vakzin und den Blutgerinnseln bestehe.

Es sei wichtig zu unterstreichen, dass man den AstraZeneca-Impfstoff nicht ablehne, sondern die Verabreichung pausiere. Es sei gut dokumentiert, dass das Mittel sowohl sicher als auch effektiv sei. Man müsse jedoch auf Berichte zu möglichen ernsthaften Nebenwirkungen reagieren. Wie viele Fälle es in Dänemark gibt, gab die Behörde nicht bekannt.

Norwegen ergreift „Vorsichtsmaßnahme“

„Natürlich ist es bedauerlich, dass wir diese Neuigkeiten erhalten“, sagte auch Premierministerin Mette Frederiksen. Gesundheitsminister Magnus Heunicke sprach ebenso wie die Gesundheitsverwaltung von einer Vorsichtsmaßnahme. Die Vorfälle sollten gründlich untersucht werden, schrieb er auf Twitter.

Dänemark setzt AstraZeneca-Impfungen aus

Dänemark stoppt vorübergehend Impfungen mit dem Wirkstoff des schwedisch-britischen Konzerns AstraZeneca. Bei mehreren geimpften Personen seien Komplikationen durch Blutgerinnsel aufgetreten, teilte die Gesundheitsbehörde des Landes am Donnerstag mit.

Norwegen folgte wenige Stunden später. Es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme, sagte der Abteilungsleiter für Infektionskrankheiten am norwegischen Institut für öffentliche Gesundheit (FHI), Geir Bukholm. Das FHI bat die Geimpften, sich nicht unnötig Sorgen zu machen. Wenn sich ein Zusammenhang zwischen Impfstoff und Blutgerinnsel herausstelle, würde das eine äußerst seltene Nebenwirkung darstellen, hieß es in einer Mitteilung.

AstraZeneca gab sich zunächst zurückhaltend. Man sei sich der dänischen Entscheidung bewusst, sagte ein Sprecher des Pharmakonzerns. „Die Sicherheit des Impfstoffs ist in klinischen Phase-III-Studien ausführlich untersucht worden, und die von Experten begutachteten Daten bestätigen, dass der Impfstoff generell gut verträglich ist“, hieß es auf Anfrage.

Drei Meldungen in Österreich

Die dänische Premierministerin Minister Mette
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Die dänische Premierministerin Frederiksen

Die skandinavischen Länder reagierten mit ihrem Schritt auch auf Berichte aus Österreich. In den vergangenen Tagen waren nach einer Impfung mit AstraZeneca ein Todesfall aufgetreten sowie zwei Krankheitsfälle. Eine 49-jährige Krankenpflegerin des Landesklinikums Zwettl in Niederösterreich war infolge schwerer Gerinnungsstörungen gestorben, eine 35-jährige Kollegin entwickelte eine Lungenembolie, befand sich zuletzt jedoch auf dem Weg der Besserung.

Bei diesen beiden Fällen hatten die betroffenen Frauen zuvor Impfungen aus derselben Charge erhalten. Auch wenn zunächst kein kausaler Zusammenhang ausgemacht worden war, wurde vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) die betreffende Charge aus dem Verkehr gezogen und eine Untersuchung des Todesfalls veranlasst.

Ein dritter Fall von Komplikationen wurde aus der Steiermark gemeldet: Eine Grazer Krankenpflegerin musste nach einer Impfung mit AstraZeneca in Spitalsbehandlung. Auch dieser Fall wird noch geprüft. Am Mittwochabend hatte die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) bekanntgegeben, dass sie bisher keine Hinweise darauf habe, dass die Fälle auf Impfungen mit dem Vakzin zurückzuführen wären.

Charge gestoppt

Die EMA hatte erklärt, die Charge mit einer Million Impfdosen sei an 17 EU-Länder geliefert worden. Die bisher verfügbaren Informationen zeigten, dass die Anzahl der thromboembolischen Vorfälle bei geimpften Personen nicht höher sei als in der Allgemeinbevölkerung. Bis zum 9. März seien 22 Fälle von thromboembolischen Vorfällen unter den drei Millionen Menschen gemeldet worden, die bisher in der EU mit dem AstraZeneca-Mittel geimpft wurden. Neben Österreich stoppten auch Estland, Litauen, Lettland und Luxemburg die Impfungen mit dieser betroffenen Charge.

Beratungen mit Gesundheitsministerium

Am Donnerstagnachmittag war ein Informationsaustausch der Landesgesundheitsrätinnen und -räte mit dem Ministerium geplant. Auch Expertinnen und Experten sowie das BASG sollen dabei vertreten sein, so die APA. In der Videokonferenz soll über die aktuelle Entwicklung beraten werden, hieß es. In Salzburg sieht man zumindest vorerst keinen Grund, etwas zu ändern – mehr dazu in salzburg.ORF.at. Das Burgenland forderte eine Klarstellung und Empfehlung des Bundes über die weitere Vorgangsweise – mehr dazu in burgenland.ORF.at. Oberösterreich wird den Impfstoff von AstraZeneca bis auf Weiteres einsetzen, wie es am Donnerstag auf einer Pressekonferenz unter der Leitung der Landeshauptmannstellvertreterin Christine Haberlander (ÖVP) hieß.

Die Sicherheit der Patientinnen und Patienten habe oberste Priorität, und jeder Verdachtsfall von bisher unbekannten schweren Nebenwirkungen werde untersucht, reagierte AstraZeneca Österreich auf APA-Anfrage. Das Unternehmen erinnerte daran, „dass weltweit bis heute zig Millionen Menschen mit dem AstraZeneca-Impfstoff geimpft wurden, davon drei Millionen in Europa“. Im Zusammenhang mit Dänemark sowie dem Todesfall und zwei weiteren Vorfällen hierzulande wurde festgehalten: „Ähnliche Verdachtsfälle (u. a. aus Österreich) wurden von der EMA bereits untersucht und als nicht kausal eingestuft.“ Das bedeute, dass die bei der EMA für die Sicherheit zuständigen Behörden den Impfstoff nach wie vor als sicher und zuverlässig erachteten.

Abwarten in Deutschland

Nach dem Stopp aller AstraZeneca-Impfungen in Dänemark gab sich Deutschland am Donnerstag abwartend. „Nach jetzigem Stand gibt es noch keine Hinweise darauf, dass der Todesfall in Dänemark mit einer Corona-Impfung ursächlich in Verbindung steht“, sagte ein Sprecher des deutschen Gesundheitsministeriums. „Aktuell untersuchen die europäischen Arzneimittelbehörden den Fall.“ In Deutschland blieb in den vergangenen Wochen eine Vielzahl von AstraZeneca-Impfdosen ungenutzt – unter anderem, weil frühere Berichte über eine geringere Wirksamkeit sowie Nebenwirkungen die Skepsis gegenüber dem Impfstoff erhöht hatten.

Der deutsche SPD-Abgeordnete und Epidemiologe Karl Lauterbach sprach sich am Donnerstag gegen einen Stopp von AstraZeneca aus. Thrombosen seien „eine häufige Folge von Covid. Davor genau schützt der AstraZeneca-Impfstoff. Ich bleibe dabei: Der AstraZeneca-Impfstoff ist sicher, und seine Wirksamkeit hat man am Anfang sogar stark unterschätzt. Ich würde ihn jederzeit nehmen“, so Lauterbach auf Twitter. Auch der Infektiologe Bernd Salzberger vom Universitätsklinikum Regensburg sagte, er halte einen direkten Zusammenhang für unwahrscheinlich. Dieser sei „nicht richtig vorstellbar, das kann auch Zufall sein“.

FPÖ fordert Anwendungsstopp

In Österreich forderte die FPÖ Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) auf, es Dänemark gleichzutun. „Bis alle Untersuchungen seriös abgeschlossen sind, muss AstraZeneca generell aus dem Verkehr gezogen werden“, so FPÖ-Chef Norbert Hofer. Es sei unerlässlich, dass Menschen, die sich für eine Impfung entscheiden, großes Vertrauen in die verwendeten Impfstoffe haben.

Ähnliche Stimmen kamen aus Italien. Die oppositionelle Rechtsaußen-Partei Fratelli d’Italia bezog sich auf die Untersuchungen in Österreich und forderte von der Regierung in Rom einen Anwendungsstopp. Die Situation sei in Italien besorgniserregend. Zwei Militärs auf Sizilien seien plötzlich in den vergangenen Tagen gestorben, nachdem sie die erste AstraZeneca-Impfdosis erhalten hätten, so der Parlamentarier Edmondo Cirielli.

Ermittlungen nach Todesfällen in Italien

Ein 43-jähriger Marineoffizier war am Mittwoch nach einem Herzstillstand in seiner Wohnung gestorben, einen Tag nachdem ihm der AstraZeneca-Impfstoff injiziert worden war. Die Staatsanwaltschaft der sizilianischen Stadt Syrakus übernahm diesbezüglich Ermittlungen gegen zehn Personen wegen Fahrlässigkeit. Der Militärangehörige wurde mit einer Charge geimpft, die von der italienischen Pharmabehörde AIFA am Donnerstag vom Markt genommen wurde. Ermittlungen wurden außerdem wegen des Todes eines Mitarbeiters einer Schule im Raum von Neapel aufgenommen, der am Montag immunisiert worden und kurz darauf gestorben war. Vergangene Woche war eine 62-jährige Lehrerin in Neapel nach der Impfung verstorben.