Bild zeigt eine Ampulle Astra-Zeneca Impfstoff neben drei Spritzen.
Reuters/Benoit Tessier
Nach Stopp in Dänemark

Österreich hält an AstraZeneca-Impfstoff fest

Am Donnerstag hat Dänemark vorerst die Verimpfung des CoV-Vakzins des schwedisch-britischen Herstellers AstraZeneca ausgesetzt. Auch Norwegen entschied sich in der Folge für einen vorläufigen Stopp. Zuvor war ein Todesfall in Kopenhagen bekanntgeworden, bei dem geprüft werden müsse, ob er mit der Impfung in Zusammenhang stehe. Österreich will am Impfplan nichts ändern, so das Gesundheitsministerium am Abend.

Am Donnerstagnachmittag hatten Landesgesundheitsrätinnen und -räte mit dem Ministerium über das Vorgehen beraten. Auch Expertinnen und Experten sowie das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) waren bei der Videokonferenz dabei. Dabei wurde entschieden, den Impfstoff von AstraZeneca weiterhin zu verwenden, hieß es in einer Stellungnahme des Ministeriums.

Das Nationale Impfgremium, das BASG, die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) und das Ministerium selbst würden sich ebenso wie die Bundesländer „klar für die Verwendung des Impfstoffes von AstraZeneca“ aussprechen, hieß es. „Der Nutzen der zugelassenen und verfügbaren Corona-Schutzimpfungen ist eindeutig belegt. Das Weiterführen der Impf-Aktion ist wichtig und rettet täglich Menschenleben.“

Auf und Ab im Kampf gegen das Virus

Nach einigen Krankheits- und Todesfällen im zeitlichen Umfeld von Impfungen mit AstraZeneca haben Dänemark und Norwegen die Impfungen mit diesem Wirkstoff ausgesetzt. Österreich, Deutschland und die meisten anderen europäischen Staaten impfen weiter.

Die Expertinnen und Experten des Impfgremiums hätten keine Notwendigkeit gesehen, Impfungen aufzuschieben oder auszusetzen. Jeder der EU-weit zugelassenen Impfstoffe habe „ein präzises und verantwortungsvolles Prüfverfahren“ durchlaufen. Somit sei sichergestellt, dass es sich dabei um einen sicheren und effektiven Impfstoff handelt. „So auch der Impfstoff von AstraZeneca“, so das Ministerium.

Todesfall in Dänemark wird untersucht

Zuvor hatte am Donnerstag zuerst Dänemark verkündet, AstraZeneca zumindest für zwei Wochen nicht zu verwenden. Es habe Berichte über teils schwere Fälle von Blutgerinnseln bei Geimpften gegeben, eine Meldung beziehe sich auf einen Todesfall in Dänemark. Man könne jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststellen, ob ein Zusammenhang zwischen dem Vakzin und den Blutgerinnseln bestehe. Es sei wichtig zu unterstreichen, dass man den AstraZeneca-Impfstoff nicht ablehne, sondern die Verabreichung pausiere. Es sei gut dokumentiert, dass das Mittel sowohl sicher als auch effektiv sei. Man müsse jedoch auf Berichte zu möglichen ernsthaften Nebenwirkungen reagieren.

Dänemark und Norwegen setzen AstraZeneca-Impfungen aus

Nach Dänemark stoppt auch Norwegen vorübergehend Impfungen mit dem Wirkstoff des schwedisch-britischen Konzerns AstraZeneca. Bei mehreren geimpften Personen seien Komplikationen durch Blutgerinnsel aufgetreten, teilte die Gesundheitsbehörde in Kopenhagen am Donnerstag mit.

Norwegen folgte wenige Stunden später. Es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme, sagte der Abteilungsleiter für Infektionskrankheiten am norwegischen Institut für öffentliche Gesundheit (FHI), Geir Bukholm. Das FHI bat die Geimpften, sich nicht unnötig Sorgen zu machen. Wenn sich ein Zusammenhang zwischen Impfstoff und Blutgerinnsel herausstelle, würde das eine äußerst seltene Nebenwirkung darstellen, hieß es in einer Mitteilung.

Charge aus dem Verkehr gezogen

Die skandinavischen Länder hatten damit auch auf Berichte aus Österreich reagiert. In den vergangenen Tagen waren nach einer Impfung mit AstraZeneca ein Todesfall aufgetreten sowie zwei Krankheitsfälle. Eine 49-jährige Krankenpflegerin des Landesklinikums Zwettl in Niederösterreich war infolge schwerer Gerinnungsstörungen gestorben, eine 35-jährige Kollegin entwickelte eine Lungenembolie, befand sich zuletzt jedoch auf dem Weg der Besserung.

Bei diesen beiden Fällen hatten die betroffenen Frauen zuvor Impfungen aus derselben Charge erhalten. Auch wenn zunächst kein kausaler Zusammenhang ausgemacht worden war, wurde vom BASG die betreffende Charge aus dem Verkehr gezogen und eine Untersuchung des Todesfalls veranlasst. Ein dritter Fall von Komplikationen wurde aus der Steiermark gemeldet: Eine Grazer Krankenpflegerin musste nach einer Impfung mit AstraZeneca in Spitalsbehandlung. Auch dieser Fall wird noch geprüft.

Die FPÖ forderte am Donnerstag, Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) solle es Dänemark gleichtun. „Bis alle Untersuchungen seriös abgeschlossen sind, muss AstraZeneca generell aus dem Verkehr gezogen werden“, so FPÖ-Chef Norbert Hofer. Es sei unerlässlich, dass Menschen, die sich für eine Impfung entscheiden, großes Vertrauen in die verwendeten Impfstoffe haben.

EMA sieht keinen kausalen Zusammenhang

Am Mittwochabend hatte die EMA bekanntgegeben, dass sie bisher keine Hinweise darauf habe, dass die Fälle auf Impfungen mit dem Vakzin zurückzuführen wären. Auch das Gesundheitsministerium sah am Donnerstag „keinen Hinweis, dass nach einer Corona-Schutzimpfung mehr venöse thromboembolische Ereignisse auftreten als bei ungeimpften Personen“. Wie bei der Einnahme nach anderen Medikamenten auch, solle aber auch nach einer CoV-Schutzimpfung der Gesundheitszustand beobachtet werden: „Wenn bei Patientinnen und Patienten Beschwerden auftreten, sollen diesen ihren Arzt oder ihre Ärztin kontaktieren“, hieß es in der Mitteilung.

Die Sicherheit der Patientinnen und Patienten habe oberste Priorität, und jeder Verdachtsfall von bisher unbekannten schweren Nebenwirkungen werde untersucht, hieß es von AstraZeneca Österreich auf APA-Anfrage. Das Unternehmen erinnerte daran, „dass weltweit bis heute zig Millionen Menschen mit dem AstraZeneca-Impfstoff geimpft wurden, davon drei Millionen in Europa“.

Im Zusammenhang mit Dänemark sowie dem Todesfall und zwei weiteren Vorfällen in Österreich wurde festgehalten: „Ähnliche Verdachtsfälle (u. a. aus Österreich) wurden von der EMA bereits untersucht und als nicht kausal eingestuft.“ Das bedeute, dass die bei der EMA für die Sicherheit zuständigen Behörden den Impfstoff nach wie vor als sicher und zuverlässig erachteten.

Spanien und Deutschland bleiben dabei

In Spanien will man das Vakzin ebenso wie in Österreich weiter verwenden. Es seien keine Gerinnungsstörungen registriert worden, sagte Gesundheitsministerin Carolina Darias. Auch das deutsche Gesundheitsministerium verhielt sich vorerst abwartend. „Nach jetzigem Stand gibt es noch keine Hinweise darauf, dass der Todesfall in Dänemark mit einer Corona-Impfung ursächlich in Verbindung steht“, sagte ein Sprecher des deutschen Gesundheitsministeriums. In Deutschland blieb in den vergangenen Wochen eine Vielzahl von AstraZeneca-Impfdosen ungenutzt – unter anderem, weil frühere Berichte über eine geringere Wirksamkeit sowie Nebenwirkungen die Skepsis gegenüber dem Impfstoff erhöht hatten.

Der deutsche SPD-Abgeordnete und Epidemiologe Karl Lauterbach sprach sich am Donnerstag gegen einen Stopp von AstraZeneca aus. Thrombosen seien „eine häufige Folge von Covid. Davor genau schützt der AstraZeneca-Impfstoff. Ich bleibe dabei: Der AstraZeneca-Impfstoff ist sicher, und seine Wirksamkeit hat man am Anfang sogar stark unterschätzt. Ich würde ihn jederzeit nehmen“, so Lauterbach auf Twitter. Auch der Infektiologe Bernd Salzberger vom Universitätsklinikum Regensburg sagte, er halte einen direkten Zusammenhang für unwahrscheinlich. Dieser sei „nicht richtig vorstellbar, das kann auch Zufall sein“.

Ermittlungen in Italien

In Italien untersagte die medizinische Aufsichtsbehörde AIFA die Verwendung bestimmter Chargen des AstraZeneca-Impfstoffes. Die Aifa erklärte, es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme, da noch kein Zusammenhang zwischen den Impfungen und „schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen“ festgestellt wurde. Offenabr wurden in Italien nach Verimpfung der Charge ABV 2856 schwere Vorfälle gemeldet, darunter Todesfälle.

Die Staatsanwaltschaft der sizilianischen Stadt Syrakus nahm Ermittlungen gegen zehn Personen wegen Fahrlässigkeit in Zusammenhang mit dem Tod eines 43-jährigen Marine-Offiziers auf. Der Mann starb am Mittwoch nach einem Herzstillstand in seiner Wohnung, einen Tag nachdem ihm Impfstoff dieser Charge injiziert worden war. In italienischen Medien gab es Berichte über weitere Todesfälle. Der italienische Gesundheitsminister Roberto Speranza betonte, die Regierung achte auf die Sicherheit der Impfstoffe. „Sie sind der wichtigste Schlüssel im Kampf gegen die Pandemie“, schrieb der Minister auf Facebook.

Rumänien stoppt Verwendung

Unterdessen stoppten die rumänischen Behörden vorübergehend die Coronavirus-Impfung mit einer Charge des AstraZeneca Covid-19-Vakzins. Andere Dosen von dem Unternehmen würden weiter verwendet, sagte eine rumänische Gesundheitsbehörde am Donnerstag laut der Nachrichtenagentur Reuters.

„Diese Entscheidung wurde als extreme Vorsichtsmaßnahme getroffen, ohne dass es in Rumänien ein wissenschaftliches Argument gab, um sie zu rechtfertigen“, erklärte Rumäniens nationaler Ausschuss, der für die Coronavirus-Impfung zuständig ist, laut Reuters in einer Erklärung. Die Entscheidung sei ausschließlich aufgrund der in Italien gemeldeten Ereignisse erfolgt.