Schüler einer Oberstufe
APA/Hans Punz
Jahrgang 2021

Mündliche Matura erneut freiwillig

Die mündliche Matura kann auch heuer auf freiwilliger Basis absolviert werden. Das gab ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann am Freitag bekannt. Entgegenkommen gibt es auch in anderen Schulstufen: Mit einem Fünfer darf man automatisch in die nächste Schulstufe aufsteigen, wenn das Fach im Vorjahr positiv absolviert wurde. Im Sommersemester gibt es auch nur eine Schularbeit pro Fach.

Bei der mündlichen Matura haben die Schüler die Wahl, diese ganz auszulassen oder nur in einzelnen Fächern eine Prüfung zu absolvieren. Treten sie nicht an, erhalten sie in diesem Gegenstand im Maturazeugnis die Note des Jahreszeugnisses. Falls sich Schüler für eine mündliche Matura entscheiden, können die Themenbereiche um bis zu 30 Prozent gekürzt werden. Im Maturazeugnis wird vermerkt, ob ein Schüler sich der Prüfung gestellt hat.

Die schriftliche Matura findet wie geplant statt. Sie startet am 20. Mai, wobei die bereits bekannten Erleichterungen gelten: So wird etwa die Arbeitszeit wie schon im Vorjahr um eine Stunde verlängert. Erreichen die Schüler mindestens 30 Prozent der Punkte, wird die Note des Jahreszeugnisses bei der Ermittlung der Maturanote einbezogen. Mit der Mindestpunktezahl soll vermieden werden, dass wie im Vorjahr leere Blätter abgegeben werden.

Bildungsminister Heinz Faßmann
APA/Helmut Fohringer
Faßmann bei der Präsentation der heurigen Maturaregeln

Für Mathematik an der AHS gilt der bereits zu Schuljahresbeginn bekanntgegebene neue Notenschlüssel, bei dem die schwierigeren, textlastigen Aufgaben reduziert wurden. Dieser vertiefende Teil bringt nur noch zwölf Punkte statt 24, in Summe sind es damit 36, wobei beim vertiefenden Teil nur die zwei Aufgaben mit dem besten Punkteergebnis gewertet werden. Für die Gesamtbewertung werden zudem die Punkte aus beiden Teilen herangezogen.

Schüler dafür, Lehrer dagegen

Schülervertreter hatten zuvor auf die Freiwilligkeit der Matura gedrängt, Lehrervertreter hatten das abgelehnt. Die Sprecherin der AHS-Direktorinnen und -Direktoren, Isabella Zins, sagte bei der Pressekonferenz mit Faßmann, sie habe sich dafür eingesetzt, dass die mündliche Matura optional sei. Sie empfehle jenen, die sich dafür gerüstet sehen, ihre Vorwissenschaftliche Arbeit (VWA) selbst zu präsentieren und die mündliche Matura zu absolvieren.

An AHS-Oberstufen hat es in diesem Schuljahr nur an rund der Hälfte der Unterrichtstage normalen Präsenzbetrieb gegeben. Die Präsentation der VWA ist freiwillig, die Abgabefrist wurde zusätzlich um zwei Wochen verlängert. Alle Schüler, die die Variante mit vier schriftlichen Maturaprüfungen gewählt haben, müssen zudem nur drei schreiben (Deutsch, Mathematik, Fremdsprache) – das vierte Fach ist freiwillig.

Faßmann sieht „faires Angebot“

Faßmann sprach von einem „fairen Angebot“: „In einem Jahr wie diesem ist Dogmatik und Strenge nicht das richtige Rezept.“ Mit Blick auf die Auswirkungen der Pandemie und das lange Distance-Learning meinte er: Bei der Matura werde nichts hergeschenkt. „Aber wir tun nicht so, als ob nichts wäre.“ Er freue sich, „dass wir uns zu dieser Lösung haben hinreißen lassen“.

Es sei ein „wirklich heftiges Jahr“ gewesen, so Zins. Aufgrund der Infektionslage und des langen Ausfalls des Präsenzunterrichts sei sie „froh, dass es leichte Nachjustierungen gegeben hat“. Bundesschulsprecherin Alexandra Bosek sprach von einem „fairen Kompromiss“: Jene Schüler, die sich mit ihrer Jahresnote im Maturazeugnis zufriedengeben, könnten diese abwählen – wer sich verbessern wolle, könne das auch tun.

Aufsteigen mit Fünfer ohne Nachprüfung

Auch in allen anderen Schulstufen gibt es ähnliche Regeln wie schon im Vorjahr: Bei einem einzigen Fünfer im Zeugnis darf ein Schüler ohne Nachprüfung in die nächste Klasse aufsteigen – heuer allerdings nur dann, wenn er im Vorjahr das betreffende Fach positiv absolviert hat. Bei zwei oder mehr Fünfern liegt die Entscheidung über den Aufstieg ohne Nachprüfung bei der Klassenkonferenz.

Reduziert wird auch die Zahl der Schularbeiten: Im Sommersemester soll pro betroffenes Fach nur eine Schularbeit abgehalten werden, das gilt laut Ministerium für alle Schulstufen. Weitere Regelung: Die gesetzliche Höchstdauer des Schulbesuchs wird um ein Jahr verlängert. Das bedeutet, dass alle Schüler, deren Schulpflicht mit einem negativen Zeugnis endet, freiwillig ein weiteres Schuljahr anhängen können.

Kritik und Zustimmung aus Politik und Wirtschaft

Zustimmung für die „außergewöhnliche Lösung“ kam von SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid, die das laufende Schuljahr als „das chaotischste, das Schülerinnen und Schülern jemals zugemutet wurde“, bezeichnete. Faßmann habe mit dem Schritt zu lange gewartet. FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl sieht die Matura nun entwertet, die Strategie des Ministeriums sei falsch – er forderte den Rückgang zur alten Matura. Auch er forderte Planbarkeit für Schüler und Lehrer ein.

Erfreut zeigte sich auch die Bildungssprecherin der Grünen, Sibylle Hamann: Die Regelung nehme viel Stress weg, das hätten sich die Schüler nach diesem Jahr auch verdienst. NEOS hätte sich früher Klarheit gewünscht, sagte Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre, die nun getroffene Entscheidung sei aber richtig.

Zustimmung für die Regelung kam von der Industriellenvereinigung (IV), die sich „besonders erfreut“ zeigte über die Möglichkeit, ein weiteres Schuljahr anhängen zu können: Damit sei eine Forderung der IV aufgegriffen worden, so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Er drängte auch auf mehr Berufsorientierung in den höheren Schulen, um die Chancen der Lehre zu vermitteln, damit Jugendliche durch die Aufstiegsklausel nicht „vorsichtshalber“ im Schulsystem bleiben.